Nachdem das Pferd Traveller eine schöne Zeit als Fohlen erlebt hat, hört es immer wieder, daß viele Pferde in den Krieg ziehen, und bald auch ist er selbst unterwegs zu diesem seltsamen Ort, den unbedingt alle erreichen wollten. Nach einigen Besitzerwechseln und ersten schrecklichen Kriegserlebnissen geht Traveller endlich in den Besitz seines richtigen “Meisters”, General Robert E. Lee, über und dient ihm treu durch den ganzen amerikanischen Bürgerkrieg hindurch.
Nach dem Ende des Krieges hat er ein schönes Leben im Ruhestand und erzählt dem teilweise im Stall residierenden Kater Tom Beißer seine Erinnerungen an die schreckliche Zeit …
-Die blauen Männer! Die blauen Männer! Sie sind hinter uns gelangt, sie sind da drin unter den dichten Bäumen.-
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Ein Kriegsveteran, der seine Erinnerungen teilen will, gibt sie wohl immer auf ganz subjektive, eigene Art und Weise preis, und so erzählt in Traveller Robert E. Lees gleichnamiges Pferd auch dem Stallkater Stück für Stück seine ganze Lebensgeschichte, berichtet vom Krieg mit dem Verständnis eines Pferdes. Allerdings ist Traveller – auch für ein Pferd, wie man erfährt – eher simpel gestrickt, aber eine durch und durch gute Seele; und er spricht, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase ist das ein wunderbar lebensnaher Stil – im Original war es wohl tiefster Südstaatenakzent, und die Übersetzung ist ein einfach gehaltener Soziolekt, der ganz hervorragend zu Travellers Charakter paßt.
Zusammen mit Traveller und dessen Herrn, Marse Robert, der für das Pferd das Gute in der Welt repräsentiert und damit sehr liebevoll dargestellt ist, erlebt der Leser den amerikanischen Bürgerkrieg auf der Südstaatenseite. Kaum nötig zu erwähnen, daß sämtliche Details minutiös exakt recherchiert wurden, bei der Fülle an Informationen und Umsetzungen, die zu diesem Thema schon zu haben sind. Wer nun ein blutiges, für Mensch und Tier leidvolles Gemetzel erwartet, liegt nur teilweise richtig. Aus Travellers etwas eingeschränkter Perspektive rauscht das Geschehen regelrecht am Leser vorbei – teilweise auch ohne große Abwechslung mit seitenlangen Wanderungen durch den Matsch und immer wieder aufflackernden Scharmützeln. Die großen Ereignisse werden eher beiläufig berichtet – Traveller versteht die Menschen und ihren Tötungswahn ohnehin nicht – und nur an wenigen Stellen rücken einzelne Grausamkeiten in den Blickpunkt. Allgegenwärtig sind allerdings das langsame Ausmergeln und die Strapazen während des langen Feldzuges.
Das Geschehen ist in viele chronologisch ablaufende Episoden zerpflückt, die Traveller nach und nach Tom Beißer erzählt, und läßt sich daher auch recht gut in Häppchen lesen. Zwischendurch stehen hin und wieder neutrale Passagen, die den genauen Ablauf des Krieges zum Inhalt haben. Und die hat man als Leser – sofern man nicht ohnehin mit der Materie vertraut ist – auch bitter nötig: Traveller, einfach gestrickt und das Pferd, das er nun einmal ist, leidet nämlich an einer katastrophalen Fehleinschätzung der Ereignisse und ist damit ein unzuverlässiger Erzähler, wie er im Buche steht.
Durch die einzelnen Häppchen ist Traveller nicht so sehr für eine spannende, durchgehende Handlung ausgelegt – es handelt sich eher um einzelne Episoden zwischen Mensch und Pferd, erzählt aus einer in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlichen Perspektive. Aber aus dem Flickwerk ergibt sich nach und nach ein großes Bild, eine Pferdebiographie, eine halbe Menschenbiographie aus einem neuen Blickwinkel, eine andere Geschichte des Bürgerkriegs und eine enthüllende Betrachtung des Menschbleibens in unmenschlichen Zuständen.
Mythische Aspekte und ein drängendes Tempo fehlen vielleicht in dieser Tierfantasy, Richard Adams’ gewohnte tiefgehende Wärme ist der Geschichte aber erhalten geblieben, und spricht besonders auch aus dem versöhnlichen Ende des Romans.