Johannes Cabal hätte vom Teufel gerne seine Seele zurück, die er gegen nekromantische Expertise eingetauscht hatte, möchte sein Wissen aber behalten. Also muss er eine Wette eingehen, wenn er es schafft 100 Seelen innerhalb eines Jahres für die ewige Verdammnis zu lukrieren, erhält er seine zurück. Und welches Mittel stellt der Teufel dem unterkühlten, streng-rationalen Johannes Cabal zur Verfügung? Natürlich ein eingestampftes höllisches Jahrmarktsprojekt …
-“Lo!” cried the demon. “I am here! What dost thou seek of me? Why dost thou disturb my repose? Smite me no more with that dread rod!” He looked at Cabal. “Where’s your dread rod?” “I left it at home,” replied Cabal. “Didn’t think I really needed it.”- p. 2
The Necromancer (Seelenfänger) tritt mit dem Anspruch auf, Grusel mit Funtasy zusammenzubringen, und ist gleichzeitig der Debutroman von Jonathan L. Howard. Dabei sieht sich das Buch mit einer generellen Schwierigkeit der Funtasy konfrontiert: Witz und Komik allein tragen den Leser oder die Leserin nicht durch das ganze Buch. Die Wahl eines Faustianischen Grundthemas mit den inzwischen schon stereotypen Elementen und Figuren kann dieses Manko nicht vollkommen ausgleichen, weshalb die Handlung des Romans hauptsächlich von den Schwierigkeiten und Konflikten getragen wird, die sich beim Organisieren des Jahrmarkts und dem Sammeln der Seelen ergeben. Da aber fast jedes größere Ereignis mit einem mehr oder weniger ausführlichen Exkurs eingeleitet wird, die Aufgaben relativ in sich geschlossen sind und keine tiefergehende Verknüpfung mit der eigentlichen Handlung besitzen, wirkt der Roman recht episodenhaft. Dies führt einerseits dazu, dass es dem Roman an innerer Kohärenz fehlt, und manche dieser Geschichten haben auch ihre Längen, andererseits stecken in diesen Geschichten oft sehr atmosphärische Szenen, die Howard mit seinem Hang zu ausführlichen Beschreibungen zu erzeugen versteht, und eine pointierte Erzählweise.
Der Funtasy-Aspekt ist ein zweischneidiges Schwert. Seinen größten Witz entfaltet der Roman dann, wenn Howard seiner Erzählerstimme einen ironischen Unterton verpasst, um die Erzählelemente von Horror- und Gruselgeschichten durch den Kakao zu ziehen. So ist der abgeklärte Johannes Cabal, der den pompösen Ritualen der schwarzen Magie und ihren Kreaturen mit distanzierter Missachtung begegnet, eine erfrischend witzige Abwechslung. Was Komik anbelangt, lässt Howard aber auch sonst nichts unversucht, von Slapstick-Humor über (mal mehr, mal weniger gut gelungene) intelligent-sarkastische Dialoge bis hin zu popkulturellen Anspielungen ist alles dabei. Zum Manko wird die Komik, wenn fast jede Szene eine humoristische Wendung nehmen muss. Dies bricht sehr oft mit der zuvor aufgebauten Atmosphäre und/oder der Figurenentwicklung, zumal der Versuch, den Akteuren und ihren Dialogen Witz und Pointen einzuhauchen, nicht immer geglückt ist und dann bemüht wirkt. Dies bessert sich jedoch deutlich im Verlauf des Romanes, der Humor wird ab dem zweiten Drittel gezielter und pointierter eingesetzt. Allerdings ist gerade dieser Aspekt des Buches sehr schwer einzuschätzen, da Humor bekanntermaßen eine sehr subjektive Angelegenheit ist.
Der Humor ist es auch, der einem Johannes Cabal näherbringt. Dieser ist alles andere als ein strahlender Held, seine Kälte und Rücksichtslosigkeit machen ihn nicht gerade zu einem Sympathieträger, seine trockenen und bissigen Kommentare gleichen dies aber teilweise wieder aus. Außerdem erhält er im Verlauf der Geschichte durch Rückblenden und Entwicklungen zunehmend Substanz (und Menschlichkeit), um nicht zum Abziehbild zu verkommen. Schon sehr bald bekommt er auch eine Riege an Begleitern, unter denen sich einige Sympathieträger befinden und die Dynamik in die Figurenkonstellationen bringen. Als heimlicher Held erweist sich bei seinen wenigen detailreicheren Auftritten der Jahrmarkt selbst, in den Howard einige sehr gelungene und witzige Ideen einfließen lässt.
Zum Ende des Buches werden jedoch Handlung, Grundthema und Figurenkonflikte gut zusammengeführt, sodass man wirklich von einem Finale sprechen kann. Gleichzeitig eröffnen sich neue Thematiken als Grundlage für die weiteren Bände der Reihe.
The Necromancer ist also ein solider Roman, auch wenn beim Humor anfangs weniger mehr gewesen wäre. Die englische Ausgabe lohnt sich nur für Leute mit gehobeneren Englischkenntnissen, allen anderen sei die deutsche Ausgabe empfohlen, die mit ihrem leicht Burtonesken Cover durchaus mit dem Original mithalten kann.