Planet der Sonnen

Cover von Planet der Sonnen von Karl SchroederNachdem Haydens Eltern bei dem gescheiterten Versuch umgebracht werden, ihrem Clan, den Aerie, mit einer Eigenbau-Sonne die Unabhängigkeit von der mächtigen Slipstream-Nation zu verschaffen, wächst der Junge zu einem rachsüchtigen Erwachsenen heran. Angetrieben von dem Wunsch Admiral Chaison Fanning umzubringen, den er für den Tod seiner Eltern verantwortlich macht, lässt er sich für dessen waghalsige Schifffahrtsmission anheuern. An Bord des Flaggschiffs befindet sich jedoch nicht nur Fanning selbst, sondern auch dessen Frau, die ebenfalls auf Rache sinnt, sowie die geheimnisvolle Waffenmeisterin Aubri Mahallan.

-Hayden Griffin rupfte gerade einen Fisch, als der Schwerkraftalarm ertönte.-
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Der kanadische Science-Fiction-Autor Karl Schroeder wendet sich mit seinem neuesten Zyklus Virga dem Steampunk zu – zumindest teilweise. Denn bereits im Auftaktband der Pentalogie Planet der Sonnen kündigen sich einige vielversprechende SF-Elemente an.

Die mit Abstand größte Stärke des Romans ist das wahrhaft faszinierende Setting, in dem sich alles um eines dreht: Sonnen. Denn diese versprechen in dem großen, gravitationslosen Raum Virgas vor allem zwei Dinge: Licht und Schwerkraft. Schwerkraft bedeutet politische Macht und Anziehungskraft im wahrsten Sinne des Wortes. Hat man die richtige Ausrüstung, kann man sich in Virga seine eigene Sonne machen, allerdings wird das von den bestehenden politischen Entitäten, die auf Aetherwinden quasi nomadisch auf ihren großteils selbstgebauten Lebensräumen durch den Raum „reiten“, alles andere als gut geheißen, geht damit doch politische Unabhängigkeit einher.

Wer glaubt, damit wäre schon das ganze Pulver des Romans verschossen, der irrt gewaltig, offenbart sich doch im Verlauf der Handlung eine vielversprechende Ebene des an sich schon beeindruckenden Weltenbaus, das für politisches Intrigenspiel ebenso Platz bietet wie für Seefahrerflair versprühende Reisen auf steampunkigen Aetherschiffen durch die schwerelose Weite Virgas.

Leider wird das Lesevergnügen durch den Protagonisten geschmälert, der relativ bald den Eindruck eines Handlungsvehikels erweckt. Seine tragische Vergangenheit und das daraus resultierende rebellisch-rachsüchtige Gemüt scheinen zu verpuffen, sobald sie der Handlung im Wege stehen, sodass das Potential zu einer ambivalenten Hauptfigur ungenützt bleibt. Die weitere Entwicklung Haydens lässt sich eher als eine seltsame Mischung aus Inkonsequenz und Vorhersehbarkeit beschreiben. Die zweite, weibliche Hauptfigur, Venera Fanning, könnte zwar als interessantere Alternative dienen, sie bleibt aber noch zu eindimensional. Hier besteht für die Folgebände noch genug Verbesserungspotential. Die Handlung entwickelt dennoch einen gewissen Sogfaktor, was nicht zuletzt daran liegt, dass sie auch neue Facetten der Welt beleuchtet und das Ensemble an Haupt- und Nebenfiguren im Verlauf des Romans doch eine unterhaltsame Dynamik entwickelt, Sympathie weckt sowie Potential für die Folgebände erhoffen lässt.

Wer sich also in eine faszinierende Welt entführen lassen will, ohne sich von einer (bisher) deutlich weniger innovativen Charakterzeichnung und Handlungsentwicklung im Lesevergnügen beeinträchtigt zu fühlen, dem sei Planet der Sonnen (Sun of Suns) wärmstens empfohlen – inzwischen sind auch schon zwei Folgeromane auf Deutsch erschienen. Im Original ist die Reihe bereits abgeschlossen.

Stand: 07. Oktober 2012
Originaltitel: Sun of Suns
Erscheinungsjahr: USA 2006, D 2010
Verlag: Heyne
Übersetzung: Irene Holicki
ISBN: 978-3-453-52626-6
Seitenzahl: 448