In der Familie des Medizinalrats Stahlbaum wird Weihnachten gefeiert. Pate Droßelmeier schenkt der siebenjährigen Marie und ihrem älteren Bruder Fritz eine wunderschöne Spieluhr. Doch Fritz spielt lieber mit seinen Soldaten und Marie bevorzugt einen ziemlich hässlichen Nussknacker. Eines Tages beobachtet sie, wie das Spielzeug um Mitternacht zum Leben erwacht und wie eine heftige Schlacht mit den Mäusen entbrennt. Marie verletzt sich und Pate Droßelmeier erzählt ihr am Krankenbett das Märchen von der harten Nuss…
Am vierundzwanzigsten Dezember durften die Kinder des Medizinalrats Stahlbaum den ganzen Tag über durchaus nicht in die Mittelstube hinein, viel weniger in das daranstoßende Prunkzimmer.-
Hoffmanns phantastisches Märchen schildert zu Beginn eine idyllische, aber realistische Bürgerlichkeit. Die Kinder dürfen den ganzen Tag lang nicht die gute Stube betreten. Die Abenddämmerung bricht herein, die Geschwister warten aufgeregt und weil kein Licht angezündet wird, auch ein wenig ängstlich, auf die Bescherung. Als es völlig finster geworden ist, meinen sie Flügelrauschen und Musik zu hören, sie sehen einen hellen Schein und wissen, dass das Christkind nun fortgeflogen ist. Es ertönt ein Glöckchen, die Tür wird geöffnet und das Weihnachtszimmer erstrahlt im hellen Glanz. Marie und Fritz sind glücklich mit ihren Geschenken, auch wenn sie -wie Kinder nun mal so sind- schnell die Lust an Droßelmeiers mechanischem Wunderwerk verlieren.
Nur der Pate will nicht so recht in das Idyll passen. Zwar lieben ihn die Geschwister, da er gut zu ihnen ist und ihnen stets die schönsten Geschenke macht, aber er ist kein hübscher Mann: klein und mager, mit Runzeln im Gesicht, auch fehlt ihm das rechte Auge, das durch ein schwarzes Pflaster ersetzt worden ist. Sein Äußeres und die Tatsache, dass er als Spielzeugmacher im wahrsten Sinn des Wortes die Puppen tanzen lassen kann, machen ihn zu einer zwielichtigen Person und der Leser kann sich nie sicher sein, ob der liebe, gute Pate, der so schöne Geschenke macht und der kranken Marie Märchen erzählt, nicht vielleicht doch ein böser Zauberer ist.
Hoffmann spielt mit den Erwartungen des Lesers und ironisiert sie gleichzeitig. Vor allem das Märchen von der harten Nuss mit der undankbaren Prinzessin, steckt voller ironischer Seitenhiebe und zeichnet das satirische Bild eines Königshofes. Das Gegenstück zu Prinzessin Pirlipat ist die reine, gutherzige und opferbereite Marie.
Nussknacker und Mausekönig ist aber nicht nur ein idyllisches und lustiges Märchen, es verbreitet auch Angst, Schrecken und ein gewisses Maß an Abscheu und zwar nicht nur für die kleine Marie.
Wer glaubt, der Mausekönig hieße so, weil er eine Krone trägt und der königliche Herrscher über alle Mäuse ist, der irrt. Der Hoffmannsche Mausekönig ist zwar auch Monarch und Befehlshaber seiner Truppen, aber wer den gebräuchlicheren Begriff “Rattenkönig” kennt, der kann sich eine ungefähre Vorstellung vom Aussehen des Mausekönigs machen. Wenn eine Ratte in einem Wurf mehrere Jungen zur Welt bringt und deren Schwänze sich unentwirrbar miteinander verknoten, so dass sie sich nicht voneinander trennen lassen, nennt man dies einen “Rattenkönig”. Er wirkt wie ein Körper mit vielen Köpfen und genauso sieht Hoffmanns Mausekönig aus – ein Körper, sieben Köpfe, kein wirklich schöner Anblick, schon gar nicht wenn er von dem genialen Illustrator Maurice Sendak gemalt worden ist.
Die meisten Illustrationen Sendaks sind wunderschön, weil er sie im Stil des 19. Jahrhunderts gemalt hat und alle Figuren klassizistische Gewänder tragen, so dass man glaubt, ein altes Märchenbuch in Händen zu halten. Aber es gibt auch Bilder, auf denen die Figuren bedrohlich wirken, allen voran der bösartige Mausekönig, aber auch Pate Droßelmeier macht nicht gerade den Eindruck eines liebenswürdigen, gütigen Mannes und es gibt eine riesengroße Abbildung des Gesichtes des Nussknackers, bei der man nicht weiß, ob man sich fürchten oder darüber lachen soll.
Die Farben sind übrigens gedeckt und nicht so bunt wie auf der Abbildung des Covers.