Hunted

Hunted von Kevin HearneWer es sich mit den richtigen Göttern verscherzt, nimmt besser die Beine in die Hand! Gerade erst sind Atticus und Granuaile den lästigen Bacchus los geworden, da schicken sich die nächsten Götter an, die beiden Druiden quer durch das moderne Europa zu jagen. Artemis und Diana, die Göttinnen der Jagd, sind wenig begeistert von der Gefangennahme Bacchus’ und nur zu gewillt, die beiden Druiden endlich ins Jenseits zu befördern.

– When the blurred shape of Atticus fell in front of me, at first I thought he’d simply tripped and I almost laughed, because pratfalls have been amusing since the Stone Age. Then I heard the belated crack of a rifle to the south and Oberon’s startled cry: »Atticus!« –

Hunted schließt nahtlos an das Ende von Trapped an und man wird als Leser direkt in die Jagd bzw. Flucht hinein geworfen. Wenn man zwei Göttinnen der Jagd auf den Fersen hat, bleibt nicht viel Zeit für Verschnaufpausen oder entspanntes Geplänkel. Besonders dann nicht, wenn man es mit wirklich unsterblichen Göttern des Olymp zu tun hat. Da muss man auch als Druide tief in die Trickkiste greifen, um sich aus der Affaire zu ziehen. Leicht ist das nicht, denn man weiß nicht, wem zu trauen ist. Noch immer treibt sich ein Verräter in Tír na nÓg herum, die Dunkelelfen liegen ebenfalls auf der Lauer, Loki ist unterwegs um neues Unheil zu stiften, Scharfschützen kontern mit modernen Waffen, Seemonster haben Entscheidungsprobleme bei der Fütterung und die Vampire sind auch nicht fern.

Die Dialoginhalte wirken diesmal an machen Stellen etwas erzwungen und vor allem mit dem Humor tut sich der Autor da schwerer als sonst. Vielleicht liegt es aber auch an der eher ungünstigen Kombination von Humor und Überlebenskampf, dass die Witze diesmal nicht so richtig zünden. An der Situationskomik ändert das wenig, die beschriebenen Szenen wirken weiterhin, nur in den Dialogen passen die scherzhaften Kommentare nicht unbedingt zum Geschehen. Hunted bleibt unterhaltsam und steuert einiges zur Charakterentwicklung bei, das lustigste Buch der Reihe ist es aber nicht, da es thematisch eben doch etwas ernster zur Sache geht.

Eine kleine Besonderheit gibt es diesmal noch oben drauf: wechselnde Erzähler. Teile des Buches werden aus der Sicht von Granuaile erzählt, und erfreulicherweise verleiht ihr der Autor auch eine eigene Stimme, die nicht wie eine Modifikation von Atticus wirkt. Granuailes Gedanken wirken etwas ernster, sortierter und sie bilden einen angenehmen Kontrast zu der sonst üblichen Erzählperspektive von Atticus. Es ist auch interessant zu sehen, wie unterschiedlich die beiden Charaktere ihre Bindung an die Erde zelebrieren. Während Atticus natürlich schon vieles akzeptiert hat, ist Granuaile noch voller Erstaunen und Ehrfurcht für ihre neuen Gaben und Fähigkeiten, was sich in ihren Gedanken immer wieder ausdrückt. Dadurch erhält der Leser jenes Maß an druidischem Flair, das in der sehr modernen Umgebung bisher recht kurz kam. Auch Oberon überrascht stellenweise mit ungewohnt tiefgängigen Gedanken.

Der einzig wirklich bittere Beigeschmack bei Hunted ist wohl, dass es auf Dauer doch etwas ermüdend wird, den Protagonisten immer und immer wieder auf der Flucht beizuwohnen. Während die übergeordnete Handlung um Loki und Ragnarök eher spärlich dahintröpfelt, passiert auch sonst nicht viel mehr. Es bahnen sich weiterhin an allen Ecken potentielle Konflikte an, leider kommt bisher nichts davon in Gang, und die ständigen beinahe-tot-Momente verlieren, genau wie bei Kollege Harry Dresden, irgendwann ihren Reiz. Bleibt abzuwarten ob Kevin Hearne mit Shattered wieder etwas mehr zielgerichtete Bewegung in die Geschichte bringen wird, statt sich um möglichst viele Dramen zu bemühen.

Stand: 12. Juli 2014
Erscheinungsjahr: USA 2013
Verlag: Del Rey
ISBN: 978-0345533630
Seitenzahl: 400