Zyklus: Türme von Tornor@Die

Cover von Die Winterfestung von Elizabeth A. LynnDie düstere Festung Tornor Keep im Norden Aruns schützt das fruchtbare Land seit vielen Jahren gegen die feindlichen Horden aus Anhard. Doch dann fällt Errel, der junge Burgherr, in die Hände des gnadenlosen Col Istor. Während der Winter die Feste von Arun in seinem eisigen Griff hält, erscheinen zwei geheimnisvolle Frauen am Tor der Burg: zwei Kriegerinnen, denen kein Mann im Zweikampf gewachsen ist. Sie verhelfen Errel und seinem treuen Gefährten Ryke zur Flucht – doch die beiden jungen Männer wissen, dass sie zurückkehren müssen, um Tornor von Col Istor und seinen Briganten zu befreien …

-Tornor Keep war ein toter Ort. Es brannte aus.
Rykes Gesicht war rußverschmutzt, seine Handgelenke waren bis aufs Fleisch zerschunden, so sehr hatte er gegen die Fesseln gewütet.-
1. Kapitel

Die Handlung, die in ca. anderthalb Monaten spielt, bietet wenig Neues: Tornor wird von Col Istor besetzt, der Prinz muss fliehen, findet aber in der Fremde Freunde, die ihm im Kampf gegen die Besatzer helfen. Lesefreude ist bei mir daher kaum aufgekommen, teilweise dümpelt die Handlung vor sich hin und man hofft auf eine interessante Entwicklung, die sich nicht einstellen will. Die Geschichte vom jungen Prinzen Errel und seinem Gefährten Ryke reißt den Leser nicht wirklich mit, außer ein paar Stellen am Ende ist kaum Spannung vorhanden. Dabei ist der Ansatz durchaus interessant, für meinen Geschmack aber wird die Geschichte etwas zu lieblos und trocken erzählt.
Ein weiteres Hindernis waren die zahlreichen Nebenpersonen, die die Geschichte zu bieten hat. An einigen Stellen tauchen zu schnell zu viele neue Namen auf, die man leider allzu schnell überliest und nicht richtig in die Geschichte einordnen kann. Die Personen wirken zwar durchaus lebendig: Errel macht eine große Entwicklung durch und lässt sich auf die neuen Begebenheiten ein, während bei Ryke die Flucht kaum eine Spur zu hinterlassen scheint und er sich stets zurück nach Tornor wünscht. Ganz gut hat mir die Idee von Norres und Sorren gefallen, zwei Frauen, die sich in der patriarchalischen Welt nicht unterordnen wollten und das Kämpfen erlernten.
Die Welt an sich ist überraschend gut durchdacht und wirkt zumindest teilweise lebendig. Dem Leser wird das Bild einer mittelalterlichen Welt beschrieben, in der ein brüchiger Frieden zwischen Anrun und Anhard besteht. Was wirklich gefehlt hat, war eine Karte des Landes. Errel und Ryke sind viel unterwegs und kommen an viele Orte, doch die Beschreibungen der Autorin reichen nicht aus, um ein vollständigs Bild des Landes zu erschaffen. Somit bleiben Errels und Rykes Flucht für den Leser undurchsichtig und nicht richtig nachvollziehbar.
Auch die Idee der chearis ist gut eingearbeitet worden. Diese praktizieren waffenloses Kämpfen durch eine Art der Selbstverteidigung, die sich, wie die Autorin bemerkt, an der Kunst des Aikido orientiert. Sie leben völlig anders als es Ryke und Errel gewohnt sind, was zumindest bei Ryke auf Unverständnis und Verwirrung stößt.
Somit ist die Welt zwar einigermaßen gut gelungen, durch das langatmige Erzählen wird aber der Lesespass in Grenzen gehalten.

Cover von Der Rat der Hexer von Elizabeth A. LynnKerris, der verwaiste Sohn eines großen Kriegsherrn, hat als Kind durch einen Schwerthieb einen Arm verloren. Als Krieger ungeeignet, hängt er seinen Träumen nach – von einer Gemeinschaft der Cheari, der begnadeten Krieger von Arun, und von seinem Bruder Kel, dem vielleicht besten von ihnen. Als er Kel und seinen Gefährten in die ferne Stadt Elath begleitet, findet er einen Meister, der eine Gabe in ihm weckt, die mächtiger ist als jedes Schwert. Doch im einst friedlichen Elath lauern erbarmungslose Gegner – und jetzt ist es an Kerris, dem Tod ins kalte Auge zu sehen …

-Kerris erwachte. Er reckte sich. Er fühlte sich kalt und steif. Der Strohsack unter ihm war dünn und stachlig; er hatte weit entfernt von den Kaminen geschlafen, an einer Stelle, wo er der Tür am nächsten war.-
1. Kapitel

Trotz einiger Vorbehalte gegen den ersten Teil der Trilogie habe ich mich auch an den zweiten gewagt, und ich war ehrlich positiv überrascht. Die Handlung setzt ca. 100 bis 150 Jahre nach dem ersten Band ein und erzählt nun ein völlig anderes Schicksal eines Menschen von Tornor Keep. Dabei werden gerade zu Beginn viele Verknüpfungen zu Die Winterfestung gemacht, die man mit einem Lächeln zur Kenntnis nimmt.
Die Welt von Arun ist diesmal noch facettenreicher und lebendiger. Seit der Schlacht im ersten Teil hat es kaum Kriege gegeben und die Grenzfesten haben ihre eigentliche Aufgabe verloren. Trotzdem lernen die Menschen noch das Kriegshandwerk, wozu aber der Protagonist aufgrund seines fehlenden Armes ungeeignet ist. Das Schicksal von Kerris auf dieser Burg erregt natürlich Mitleid beim Leser, jedoch ohne zu sehr auf die Tränendrüse zu drücken. Kerris’ Charakter wirkt lebendig, es fällt aber manchmal etwas schwierig, die Handlungen nachzuvollziehen.
Die Welt der chrearis, die im ersten Teil begonnen hat, ist 150 Jahre später weit im ganzen Süden verbreitet. Dabei gelingt es der Autorin, der Welt einer unglaublichen Dichte und Komplexität zu geben, die den Leser gleichzeitig mit einbindet und fesselt.
Ein bißchen gewöhnungsbedürftig ist jedoch die Lebensweise der chearis: Jeder kann seinen sexuellen Wünschen frei nachgehen und die Autorin konnte es dann nicht vermeiden, auch ein paar Mal genauere Details preiszugeben. Wer in dieser Hinsicht sehr konservativ ist, sollte es sich besser zweimal überlegen, das Buch zu lesen.
Auch hier tauchen wie im ersten Buch sehr viele Personen auf, man sollte sich dadurch aber nicht abschrecken lassen. Sobald man die 7 (!) Hauptpersonen einigermaßen kennengelernt hat, schafft man es gut, der Handlung zu folgen.

Cover von Die Träumer von Kendra von Elizabeth A. LynnKendra ist die prachtvollste Stadt im Land Arun, die Metropole der Handelsherren und Kauffahrer. Hier lebt das Mädchen Sorren als Leibeigene einer großen Handelsfamilie, bis sie eines Tages im Traum einen Ruf aus der Vergangenheit erhält. Dort, wo einst ihre Vorfahren herkamen, steht es nicht zum besten, und Sorren muss ihre Stadt und ihre Liebe verlassen, um den Wächtern der sagenumwobenen Festung Tornor in ihrem letzten Kampf beizustehen – dem Kampf gegen das Vergessen …

-Ich hasse dich, dachte Sorren und meinte damit das Meer. Die salzgeschwängerte Sommerluft machte sie müde. Der Goldreif, den Arré ihr für die Einkäufe gegeben hatte, hatte auf ihrem Arm eine rote Drucklinie hinterlassen.-
1. Kapitel

Auch im letzten Teil der Trilogie, die erneut etwa 100 Jahre später spielt, bleibt sich die Autorin treu: Der Erzählstil baut eine komplexe und fesselnde Welt auf, die den Leser sofort mitreißt. Die ganze Welt hat im Laufe der Trilogie eine unglaubliche Lebendigkeit gewonnen und wird nun noch weiter ausgebaut. Spielte der erste Band im hohen Norden, der zweite in der “Mitte”, so wird die Handlung diesmal in den äußersten Süden verlegt. Im Roman selbst werden zwei Schicksale erzählt: Sorren kommt ursprünglich aus dem Norden und wünscht sich nichts sehnsüchtiger, als endlich wieder dahin zurückzukehren. Als Leibeigene der Arré Med jedoch muss sie erst ihre Dienstzeit hinter sich bringen. Arré ist die zweite Hauptperson, sie hat mit Intrigen und Machtspielen im Rat der Häuser von Kendra zu kämpfen. Mit einem unglaublichen Gespür für Details erzählt die Autorin die Wege und Schicksalsschläge der Personen und schafft es dabei sogar, das recht trockene Thema “Politik” spannend dem Leser zu vermitteln. Dieses Thema ist es auch, das den Hauptteil des Buches einnimmt. Erst gegen Ende hin rückt dann die Festung Tornor Keep wieder in den Mittelpunkt, was aber dem Lesespaß keinen Abbruch tut.
Das Buch jedenfalls macht Lust auf mehr, zu schade, dass die Autorin danach lange nichts mehr geschrieben hat.