Autor: Newcomb@Robert

Cover von Die fünfte Zauberin von Robert NewcombVor mehr als 300 Jahren entbrannte im Land Eutrakien ein grausamer Krieg zwischen Magiern und Zauberinnen. Die Zauberinnen wurden besiegt, die vier Rädelsführerinnen wurden auf dem Meer der flüsternden Stimmen ausgesetzt und einem ungewissen Schicksal überlassen. Seitdem herrscht Friede in Eutrakien. In wenigen Tagen wird Prinz Tristan dreißig Jahre alt und dann wird ihm Herrschaft übertragen werden. Tristan möchte aber viel lieber sein ungezwungenes Leben weiterführen. Als er von einem Ausritt in den Hartwick Wald nicht zurückkommt, machen sich der mächtige Magier Wigg und Tristans schwangere Zwillingsschwester Shailiha auf die Suche nach ihm. Was niemand am Hofe weiß: Eine fünfte mächtige Zauberin ist damals in Eutrakien zurückgeblieben…

-Die einst stolze Kriegsgaleone namens “Entschlossenheit” krängte wie betrunken auf der nächtlichen See.-
Prolog

Die fünfte Zauberin (The Fifth Sorceress)ist nichts für Romantiker und sensible Gemüter. Da werden Köpfe abgeschlagen, Blut spritzt in alle Himmelsrichtungen, Hirnmasse fließt, es gibt Gemetzel, in denen die wehrlosen Opfer abgeschlachtet werden und bis auf eine Ausnahme ist Sexualität ebenfalls mit Gewalt und Zwang verbunden. Das ist nicht das Horrorszenario nach dem es klingen mag, aber es ist ein konsequenter Gegenentwurf zu Fantasyromanen in denen zwar auch das Böse bekämpft wird, die aber dennoch Raum für romantische Liebesgeschichten, edle phantastische Geschöpfe wie Elfen oder Einhörner und beherzte, tapfere, aber eigentlich sanftmütige Heldinnen lassen. Hier gibt es nur zwei Kategorien von Frauen: Opfer und Täterinnen. Im Gegensatz zu den Magiern, die sich der weißen Magie verschrieben haben, die Operativa genannt wird, benutzen die Zauberinnen ausschließlich schwarze Magie, Destruktiva genannt. Dies hat fatale Auswirkungen auf ihren Charakter: Sie sind gnadenlos, sadistisch und kennen keine Skrupel, wenn es gilt, ihre Ziele zu verwirklichen. Das hat zur Folge, daß auch die Guten zu drastischen Maßnahmen greifen müssen. Robert Newcomb spinnt keine feinen Intrigen, sondern er läßt Gut und Böse auf sehr handfeste und bluttriefende Weise aufeinanderprallen. Dabei legt er durchaus einigen Einfallsreichtum an den Tag, vor allen Dingen, wenn es um die Schilderung phantastischer Geschöpfe der finsteren Art geht: Blutpirscher, Waruane und Berseker sind ausgesprochen unfreundliche Zeitgenossen, derer sich Tristan und Wigg erwehren müssen und die schlimmsten von allen sind mit fledermausartigen Flügeln ausgestattete, menschenähnliche Wesen, die im Original minions heißen, was ins Deutsche etwas unglücklich mit Helferlinge übersetzt wurde. Ihr Anführer Kluge ist ein gnadenloser Soldat, dem es Spaß macht, die grausamen Befehle der Zauberinnen auszuführen. So böse die Zauberinnen und ihr Gefolge sind, so gut sind Tristan und Wigg. Tristan wirkt am Anfang der Geschichte so gar nicht wie ein dreißigjähriger Mann, sondern eher wie ein unreifer Achtzehnjähriger, was sich im Verlauf der Handlung aber ändert. Tatsächlich ist er der einzige, der wirklich eine Entwicklung durchmacht. Die Charaktere der Protagonisten sind nicht sehr ausgefeilt, aber Tristan, Wigg, Faegan und Shailiha sind so geschildert, daß der Leser an ihrem Schicksal Anteil nimmt und man wissen will, wie es mit ihnen weitergeht. Trotz des altbekannten Gut-gegen-Böse-Schemas, bietet Newcomb dem Leser einige Überraschungen, die dann richtig gut sind, wenn sie nicht darin bestehen, daß ein neues Monster aus irgendeinem Busch bricht oder einer der Protagonisten plötzlich eine Rede hält über wichtige Dinge, die er bis dahin für sich behalten hat und die die Situation wenden.
Einige Stellen des Romans sind unfreiwillig komisch, etwas mehr (beabsichtigter) Humor hätte dem Roman gut getan, dafür hätte man gerne auf einige Folterszenen verzichten können. Und an einer Stelle muß man dem Autor mangelnde Sorgfalt vorwerfen: Als die Geschichte sich dem Ende zuneigt und Tristan und Wigg sich in einer prekären Lage befinden, weint der Magier und Tristan denkt bei sich, daß er den alten Mann noch nie weinen gesehen hat und dieser Tränenausbruch macht ihm bewußt, daß die Situation diesmal wirklich aussichtslos ist. Nicht nur Tristan, sondern auch dem Leser soll damit klar gemacht werden, wie tief die beiden in der Tinte sitzen, leider verpufft die Wirkung, wenn der Leser sich daran erinnert, was er auf Seite 283 gelesen hat:

Tristan konnte zwar ihre Worte nicht verstehen, sah aber, wie sich Wiggs Augen weiteten und ihm Tränen über die alten Wangen rannen.

Sprachlich ist das Buch in Ordnung, es gibt weder lobenswerte Höhepunkte, noch schwerwiegende verbale Abgründe. Einige Wendungen treten gehäuft auf, und mißglückt ist die Bezeichnung Direktorium für die Vereinigung der Magier, die so aber auch im Original zu finden ist, den Leser jedoch eher an eine Versammlung von Schulleitern oder an die Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft denken läßt als an einen Zusammenschluß von Zauberern. Rat der Magier wäre hier passender gewesen. Außerdem stört der häufige Gebrauch der Längenangabe Inch, in einem deutschsprachigen Buch darf man ruhig in Zentimetern messen.

Kaum haben Prinz Tristan und seine Gefährten das Reich Eutrakien geeint, droht neue Gefahr: Ein schwarzer Magier plant, mithilfe zweier mythischer Schriften das Reich in Dunkelheit zu stürzen. Doch dazu benötigt er einen Verbündeten mit besonderen Fähigkeiten, den er in Wulfgar zu finden hofft, einem verschollenen Halbbruder Tristans. Um Eutrakien zu retten, müssen Tristan, seine Zwillingsschwester Shailiha und die Magier Wigg und Faegan sich auf die gefährliche Suche nach der Schriftrolle der Operativa machen. Als Tristan jedoch in einen Hinterhalt gerät und gefangen genommen wird, scheint der Kampf verloren …

-»Ich frage euch ein letztes Mal«, sagte die Hausmutter. »Welchen Namen soll es erhalten?«
Während ihr die Tränen über die Wange strömten, betrachtete die junge Mutter das Gesicht ihres Kindes. Im tiefsten Herzen wußte sie, dass sie es zum letzten Mal sah. (…)
» Wulfgar«, flüsterte sie schließlich und bedeckte, außer sich vor Kummer, das Gesicht mit den Händen.-
Prolog

Das dritte Abenteuer von Tristan und Co. beginnt da, wo das andere aufgehört hat. Nur ein paar Monate sind seit dem Einsturz der Tore der Dämmerung vergangen, da taucht eine neue Gefahr auf, natürlich die »gravierendste Gefahr, der wir uns je gegenüber sahen« (Seite 638). Von dieser allerdings ist über weite Kapitel des Buches nichts zu merken. Nachdem es im Buch davor Tristans Sohn war, kommt nun also der verschollene Halbbruder zum Zuge. Hoffen wir, dass die weitere Verwandtschaft der Auserwählten nicht auch noch irgendwie für die Häretiker interessant ist (wobei das Ende des Buches anderes vermuten lässt). Nach ein paar recht ansprechenden Anfangskapiteln ebbt die Spannung schnell ab und über viele Seiten passiert einfach nicht genug, um erneut Spannung aufkommen zu lassen. In den 500 Seiten zwischen Anfang und Endschlacht geht es hauptsächlich darum, dass Tristan irgendwie den Weg nach Hause sucht und dabei natürlich immer wieder aufgehalten wird, dass Wigg und Faegan irgendwie versuchen Tristan zu finden und dabei immer wieder aufgehalten werden, dass die Bösen ihren heimtückischen Plan ausführen wollen und dabei immer  wieder aufgehalten werden.
Wenn man dann irgendwann zur Endschlacht durchgedrungen ist, fällt diese auch noch recht fad und unspektakulär aus. Natürlich gibt es die Standard-Massaker an Unschuldigen, die Standard-Gemetzel der Guten, die Standard-Endschlacht, wo jedes Mal Unmengen von Blut spritzen und unzählige Körperteile abgeschlagen werden, allerdings ist man durch die beiden Vorgänger bereits hinlänglich mit dem Schema vertraut. Mitreißen tut einen das nicht.

Ein paar Handlungsstränge sind trotz allem durchaus interessant und lassen ein wenig hoffen, dass eventuelle nachfolgende Bücher (es gibt genug offene Handlungen, die Nachfolger rechtfertigen würden) ein wenig mehr an Schwung gewinnen.
Was noch auffällig ist: Der Autor wird nicht müde, darauf hinzuweisen, dass, egal um welche Gruppe es gerade geht (angefangen von Piraten bis zu unschuldigen Sklaven, die als Futter enden), man immer beiderlei Geschlecht vorfindet. Alice Schwarzer wäre stolz auf diese Welt.
Nein, süchtig machen tut der Roman, wie auf dem Buchcover angepriesen, nun wirklich nicht. Allenfalls mal was für Zwischendurch.

Cover von Tore der Dämmerung von Robert NewcombDer Kampf gegen den grausamen Bund der Zauberinnen hat Eutrakien schwer verwüstet: Der Palast ist zerstört, der König und etliche seiner Untertanen sind getötet worden. Zwar wurden die Zauberinnen vertrieben, doch der Friede ist brüchig, der Stein, der alle Magie in sich vereint, verliert langsam an Kraft. Die Magie droht aus Eutrakien zu verschwinden und merkwürdige Dinge geschehen.
Prinz Tristan und der Zauberer Wigg werden mit einem machtvollen Zauberer konfrontiert, der ihnen überlegen ist. Wieder müssen sie um ihr Leben und für ihr Land kämpfen.

-Und daran werdet ihr ihn erkennen – den schändlichen Mutanten, der dazu bestimmt ward, das Volk gegen den Erwählten aufzuhetzen. Denn sein Denken wird gespalten sein – in das der magisch begabeten, aber auch in das der Verdammten …-
Prolog – Die Diener

Im Großen und Ganzen ist der zweite Teil der Trilogie seinem Vorgänger sehr ähnlich – sieht man davon ab, dass der Autor den exzessiven Gewalteinsatz größtenteils unterbunden hat. Der Rest – Handlung und Charaktere – erfährt leider keine größeren Veränderungen, sodass man am Ende genauso weit ist wie zu Beginn.
Besonders auffällig ist dieses Auf-der-Stelle-Treten beim Protagonisten Tristan. Während er im ersten Buch noch eine Entwicklung durchgemacht hat, passiert hier eigentlich gar nichts mit ihm. Aus unerfindlichen Gründen wird er von den Magiern noch nicht in Magie unterwiesen und steht so den neuen Gegnern mehr oder weniger passiv gegenüber. Shailiha, geheilt und jetzt Mutter, bekommt wenigstens noch eine größere Rolle. Wigg, tränenreich wie immer, und Faegan, kindgeblieben mit Anwandlungen zu seltsamem Verhalten, bleiben so, wie sie sind, ohne dass da irgendeine Entwicklung in Sicht wäre. Sie begehen sogar die gleichen Fehler wie im ersten Buch, indem sie Tristan nicht weiter auf die Rolle als Erwählter vorbereiten und sich stattdessen um sonst irgendetwas kümmern (müssen). Von den Nebenpersonen sind einzig Ragnar und Geldon einigermaßen interessant, über die anderen kann man kaum einen Satz verlieren.

Wenigstens die Handlung bekommt einige neue Aspekte. Ab der Mitte des Romans steigt die Spannung bis knapp vor dem Ende kontinuierlich an, sodass man fast von einem fesselnden Roman sprechen kann. Aber eben nur fast. Das eigentliche Ende kommt 50 Seiten zu früh und ist leider recht unspektakulär. Nachdem man die Hilflosigkeit von Tristan über die vielen Seiten hinweg verfolgen konnte, ist auch das Ende gezeichnet von der Passivität des Auserwählten, der nur beobachten und hoffen kann. Und da weder Magier noch Auserwählter irgendetwas gegen den Gegenspieler tun können, lässt sich das Ende einfach mit “Glück gehabt” zusammenfassen. Natürlich hat man dann ja noch fünfzig Seiten Zeit, das pure Glück ausreichend zu erklären, besser wird es dadurch aber auch nicht. Die fadenscheinigen Erklärungen erscheinen zwar im Zusammenhang durchaus nachvollziehbar, aber überzeugen konnten sie mich nicht. Dafür passieren einfach zu viele Zufälle. Durch das am Ende reichlich vorhandene Glück kommt auch niemand auf die Idee, das eigene Verhalten oder diverse Fehler zu hinterfragen – es ist ja auch so alles gut gegangen. Mal schauen, ob der Erwählte je die Magie beherrschen wird …