Greg Keyes

Greg Keyes 2010 in Frankreich
Foto von Ji-Elle (www.wikipedia.org)

Greg Keyes (eigentlich John Gregory Keyes) wurde am 11. April 1963 in Meridian, Mississippi geboren. Als er vier Jahre alt war, zog seine Familie in ein Navajo-Reservat in Arizona, wo er schnell die Sprache der Navajo erlernte. Diese Zeit prägte ihn genauso wie die lange Tradition seiner von den Choktaw abstammenden Familie, abends Geschichten zu erzählen. So entwickelte er bald eine tiefe Liebe zu Sprache, Mythen, Legenden und der Kunst des Erzählens.
Er studierte Anthropologie an der Mississippi State University in Starkville, Mississippi. Später ging er mit seiner Frau nach Athen, Georgia, wo er sein Geld mit dem Bügeln von Zeitungen und als Nachtwächter verdiente. Die Jobs ließen ihm viel Zeit, erste Geschichten zu entwickeln, die er in seiner Freizeit niederschrieb. Zunächst erfolglos versuchte er einen Verlag für ihre Veröffentlichung zu finden.
Nach einem Masterstudium an der Universität von Georgia unterrichtete er Anthropologie und gab einen Kurs, in dem die landwirtschaftlichen Techniken der südöstlichen Indianerkulturen rekonstruiert wurden.

Nebenbei entwickelte er aus einer Idee, die ihm im Rahmen seines Studiums während einer Diskussion über den Hochwasserschutz in den antiken Kulturen Ägyptens und Mesopotamiens gekommen war, die Welt der zweibändigen Reihe Chosen of the Changeling und schrieb The Waterborn and The Blackgod. VorbildCover der Bücher "The Waterborn" und "The Blackgod" von Greg Keyes für die Völker dieser Welt waren, neben den alten Hochkulturen, vor allem die vielfältigen indigenen Einwohner Amerikas – ein Lieblingsthema, dem sich Keyes aufgrund seiner Biographie und seines Studiums in etlichen Werken mit Kenntnis und Leidenschaft widmete.
Mit The Waterborn konnte er 1996 sein Debut feiern; die Fortsetzung des Kampfes gegen den alles verschlingenden Flussgott, in dessen Strudel etliche Völker und Gottheiten gerissen werden, erschien mit The Blackgod 1997. Da damals die Meinung vorherrschte, dass längere Autorennamen besser zu Fantasybüchern passen, wurde die Reihe wurde unter dem Namen J. Gregory Keyes veröffentlicht, obwohl Keyes schon seit seiner Kinheit bei seinem zweiten Vornamen “Greg” gerufen wurde.
Chosen of the Changeling ist Keyes’ vielleicht originellstes Werk, in dem sich heroische Abenteuer voller beseelter Schwerter, beschwerlicher Reisen und verlustreicher Kämpfe in einer Welt ereignen, in der die spirituelle Ebene die Wirklichkeit vollständig durchdringt und die Helden niemals sicher sein können, auf wessen Seite die launischen Gottheiten stehen. Keyes verbindet in  The Waterborn und The Blackgod eine Sword-and-Sorcery-Heldenreise mit der ungewöhnlichen und fein beobachteten Coming-of-Age-Geschichte seiner Protagonisten. Der eigentliche Star der Reihe ist definitiv die farbenprächtige Welt, der Keyes sich hier nicht zum letzten Mal widmete.

Zunächst inspirierte ihn allerdings eine Europareise zu The Age of Unreason, einer Tetralogie, der ein alternativer Geschichtsverlauf mit Steampunk-Elementen zugrundeliegt. In einem Museum in Florenz begeisterten ihn technische Apparaturen aus dem 18./19. Jahrhundert, und Prag nahm ihn mit seinen geheimnisvollen Plätzen und Gässchen gefangen. Diese Eindrücke verband er mit einem Gedanken, der ihm während seiner Arbeit mit den Choctaw-Indianern gekommen war: Er stellte sich vor, wie die heutigen Verhältnisse wären, wenn die Entwicklung der Kulturen in Nordamerika gleichberechtigter und ausgeglichener vorangegangen wäre. Dafür musste er in seiner Geschichte aber den Einfluss Englands auf den amerikanischen Kontinent stark beschneiden.
Seine im 17./18. Jahrhundert angesiedelte Erzählung spinnt er um bekannte Figuren aus der realen Geschichte, wie Benjamin Franklin, Peter den Großen oder Isaak Newton, und verbindet geschickt fantastische Elemente mit bekannten Schauplätzen und Ereignissen. In seiner Version entdeckt im Jahre 1681 Sir Isaac Newton bei einem alchemstischen Experiment das Quecksilber der Weisen. Diese Substanz eröffnet der Wissenschaft völlig neue Möglichkeiten, und so nehmen die englisch-französischen Kämpfe um die Vormachtstellung auf dem amerikanischen Kontinent einen völlig anderen Verlauf, als der Leser ihn kennt.
Der erste Band Newton’s Cannon gewann “Le Grand Prix de l’Imaginaire Award”, welcher in Frankreich den gleichen Stellenwert besitzt wie der Nebula Award in den USA. In einem Interview äußerte Keyes die Vermutung, dass die Erwähnung Louis XIV. in der Geschichte zum Gewinn beitrug:
I was really honored to win the award. I’d been sort of snubbed by the French for my first couple of books; they didn’t even publish them. Then I went and wrote a book that had Louis XIV and boom, published. It was great.

Gleichzeitig mit The Age of Unreason schrieb Keyes auch The Psi Corps Trilogy im Babylon 5-Universum und erweiterte so sein Betätigungsfeld in Richtung Science Fiction. Auch für Star Wars schrieb er einige Romane. Für diese Bücher wurde nun als Autorenname Greg Keyes gewählt, weil diese kürzere Version seinen Verlegern für SF-Romane passender schien, und dabei blieb es dann bei der Veröffentlichung weiterer Bücher.
In Deutschland erschien The Age of Unreason erst viel später als im Original (unter dem Titel Der Bund der Alchemisten) und trug darum schon den Autorennamen “Greg Keyes” auf dem Cover.

Einen völlig anderen Ton schlug Greg Keyes in seiner zwischen 2003 und 2008 erschienenen Reihe The Kingdom of Thorn and Bone an, weswegen einige seiner Fans am Anfang des ersten Bandes, The Briar King, das Gefühl hatten, einen völlig anderen Autor zu lesen.
Bei dieser Reihe handelt es sich erneut um eine Tetralogie, die diesmal allerdings im Bereich der epischen Fantasy angesiedelt ist und auch deren gängigen Erzählmustern folgt. Keyes schrieb damit eine eher klassische Fantasygeschichte, in der sich höfische Intrigen, ambivalente Figuren und eine uralte finstere Bedrohung vermischen. Die Figuren und die mit Cliffhangern gespickte Handlung folgen eher traditionellen Strukturen, sodass der Leser zwar eine solide und spannende Geschichte vor sich hat, doch der Zauber von Keyes früheren Werken, das Gefühl, etwas Besonderes zu lesen, fehlt diesen Romanen.

Ein Leser, der zufällig auch Herausgeber des Dragon Magazine war und bei einer Lesung erfahren wollte, was bei einer mit “giants” gekennzeichneten Stelle der Karte in The Waterborn zu finden sei, sorgte für Keyes’ Rückkehr in diese Welt und die Geburt des Helden Fool Wolf, eines verhinderten Schamanen der Mang (Keyes’ Version der halbnomadischen Plains-Indianer), der sich seither in etlichen Kurzgeschichten abmühen durfte, seine bösartige Totemgöttin loszuwerden. Die Abenteuer dieses astreinen Sword-and-Sorcery-Helden wurden 2008 gesammelt als The Hounds of Ash and Other Tales of Fool Wolf veröffentlicht.

Auf neue längere Geschichten von Greg Keyes wartet man derzeit vergeblich – seine letzten Veröffentlichungen fanden im Bereich der Game-Tie-ins statt, wo er  seit 2009 Romane zur Spielreihe The Elder Scrolls verfasst. The Infernal City, der erste Roman, der vier Jahrzehnte nach dem Spiel Oblivion angesiedelt ist, wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Spiele-Entwickler Bethesda verfasst und dürfte in erster Linie für Fans der TES-Reihe interessant sein. Eine Fortsetzung ist für dieses Jahr angekündigt.
Da Keyes aber zumindest mit Geschichten um Fool Wolf auch immer wieder in die Changeling-Welt zurückkehrt (etwa 2010 mit The Undefiled in der Anthologie Swords & Dark Magic) möchte man hoffen, dass daraus irgendwann auch wieder ein längerer Aufenthalt wird oder Greg Keyes ein neues, eigenes Szenario für weitere Romane entwirft.

Bibliographie

  • Chosen of the Changeling
    • 1996 The Waterborn (ISBN 0-345-40393-2) – Aus Wasser geboren
    • 1997 The Blackgod (ISBN 0-345-40394-0)
  • The Age of Unreason – Der Bund der Alchemisten
    • 1998 Newton’s Cannon (ISBN 1-56865-829-X) – Newtons Kanone
    • 1999 A Calculus of Angels (ISBN 0-7394-0260-9) – Die Luftschiffe des Zaren
    • 2000 Empire of Unreason (ISBN 0-345-40609-5) – Das verborgene Reich
    • 2001 The Shadows of God (ISBN 0-345-43904-X) – Die Schatten Gottes
  • Babylon 5: The Psi Corps Trilogy
    • 1998 Dark Genesis: The Birth of the Psi Corps (ISBN 0-345-42715-7)
    • 1999 Deadly Relations: Bester Ascendant (ISBN 0-345-42716-5)
    • 1999 Final Reckoning: The Fate of Bester (ISBN 0-345-42717-3)
  • Star Wars: The New Jedi Order
    • 2001 Edge of Victory I: Conquest (ISBN 0-345-42864-1) – Anakin und die Yuuzhan Vong
    • 2001 Edge of Victory II: Rebirth (ISBN 0-345-44610-0) – Die Verheißung
    • 2003 The Final Prophecy (ISBN 0-345-42875-7) – Die letzte Prophezeiung
  • The Kingdoms of Thorn and Bone – Die verlorenen Reiche
    • 2003 The Briar King (ISBN 0-345-44066-8) – Der Dornenkönig
    • 2004 The Charnel Prince (ISBN 0-345-44067-6) – Die Rückkehr der Königin
    • 2006 The Blood Knight (ISBN 0-345-44068-4) – Der Blutritter
    • 2008 The Born Queen (ISBN 0-345-44069-2) – Die geborene Königin
  • Storysammlungen
    • 2008 The Hounds of Ash: and Other Tales of Fool Wolf (ISBN 1-894-06309-0)
  • The Elder Scrolls – based on The Elder Scrolls video game series
    • 2009 The Infernal City (ISBN 0345508017) – Die Höllenstadt
    • 2011 Lord of Souls (ISBN 0345508025) – Der Seelenlord
  • Einzelromane
    • 2014 Interstellar: The Official Movie Novelization (ISBN 9781783293698)
    • 2015 Footsteps in the Sky (ISBN 9781497699915)