Homosexuelle Heroen

Phantastische Literatur bietet Raum für alternative Gesellschaftsentwürfe, während sie sich gleichzeitig häufig altertümelnder Welten und traditioneller Erzählstrukturen bedient. In diesem Spannungsfeld waren bis zum gesellschaftlichen Wandel beginnend mit den 1960er Jahren kaum offen homosexuelle Figuren oder diesbezüglich tolerante Gesellschaftsentwürfe in der Fantasy zu finden, bis Autoren wie Joanna Russ oder Samuel R. Delany diese Themen in ihre Romane einbrachten.
Bis heute hat sich nicht wesentlich etwas an der Tatsache geändert, dass homosexuelle Heroen (ebenso wie andere Figuren mit “Minderheiten”-Hintergrund, die nicht dem klassischen Heldentypus entsprechen) ein Nischendasein führen und häufig nur als große Ausnahme oder irgendwo in den Nebenrollen auftreten.

Bei der Sichtung unseres Rezi-Bestandes auf der Suche nach homosexuellen Heroen oder zumindest Welten, die ohne große gesellschaftliche Verrenkungen einen solchen hervorbringen könnten – in denen Homosexualität also zum Alltag gehört –, ist uns vor allem aufgefallen, dass die Ausbeute sehr mager ist. Mit unserer Liste wollen wir interessierten LeserInnen einen Überblick über die Romane geben, die in der bp zu finden sind, auch wenn wir hoffen, dass eine solche Liste irgendwann nicht mehr nötig sein wird.

Elizabeth A. LynnDie Türme von Tornor:
Homosexuelle Beziehungen sind üblich auf der Welt, auch bei den Hauptfiguren

Laurie J. MarksElemental Logic:
In dieser Welt sind homosexuelle Beziehungen völlig normal, auch bei den Hauptfiguren eher die Regel als die Ausnahme.

China MiévilleBas-Lag:
Perdido Street Station: – bi- und homosexuelle Nebencharaktere, als Handlungselement spielt Homosexualität spielt kaum eine Rolle.
Iron Council: schwuler Protagonist in einer Welt, in der man auch Beziehungen zu den käferköpfigen Khepri haben kann. In Bas-Lag spielt die sexuelle Orientierung nur eine geringe Rolle. Für die Figurenzeichnung ist die Beziehung des Protagonisten allerdings von großer Bedeutung.

Mark Del FrancoConnor Grey:
Eine urbane Fantasywelt, in der vor allem m/m Homosexualität in Form von Prostitution enthalten ist – normal in dieser Welt. Sehr präsenter Teil der Handlung der (im vorliegenden Band 1 zumindest) nicht ins Detail geht.

Gail CarrigerParasol Protectorate:
Es gibt homosexuelle Charaktere beider Geschlechter, die eine angesehene Stellung innerhalb der Gesellschaft bekleiden. Erst im späteren Verlauf der Serie werden auch (m/m) sexuelle Interaktionen geschildert.

Malinda LoAsh:
f/f-Beziehung, nur angedeutet als Entdeckung der ersten Liebe (Jugendbuch) und der Erkenntnis sich zum eigenen Geschlecht hingezogen zu fühlen.
(Weitergeführt wird diese Romanze in dem hier nicht rezensierten Folgeband Huntress).

Olivia E. ButlerAls der Seelenmeister starb:
f/f-Beziehung vorhanden, gleichgeschlechtliche Beziehungen zwischen den Charakteren sind üblich auf der Welt, nehmen aber keine prominente Rolle ein.

Andrzej SapkowskiHexer-Zyklus:
Im Laufe der Handlung entwickelt sich eine verhältnismäßig kurze f/f-Beziehung, die aber für die Figurenzeichnung einer Protagonistin relevant ist. Ansonsten sind homosexuelle Beziehungen kaum bis gar nicht Thema.

Thomas Burnett Swann:
Minotaur – Kreter oder genauer die Bewohner von Knossos sind der gleichgeschlechtlichen Liebe nicht abgeneigt. Bei diesen kurzen Erwähnungen bleibt es aber auch, wahrscheinlich weil es in diesen Geschichten erst in zweiter Linie um Menschen geht.
Auch in anderen Werken von Swann gibt es sehr tiefgehende Männerfreundschaften mit einigen Andeutungen, die aber nie über diesen Status hinauskommen.

Elizabeth BearPromethean Age:
Generell ist auf der Welt –unserer- und im Feenreich gleichgeschlechtliche Liebe völlig normal. Im ersten Band ist die Hauptfigur auch zeitweise in einer f/f-Beziehung.

Tim PrattMarla Mason:
Homosexuelle Beziehungen sind immer wieder anzutreffen. Der erste Band spielt in San Francisco und geht ein bisschen auf die Gay-Pride-Bewegung ein; eine der Hauptfiguren ist schwul.

Markolf HoffmannDas Zeitalter der Wandlung:
Ab Band zwei ist ein schwules Paar in der Riege der Hauptfiguren, die Beziehung nimmt auch Raum ein. Die Welt scheint tendentiell tolerant gegenüber dieser Beziehung zu sein.