Aisling, genannt Ash, wächst wohlbehütet in dem Landhaus ihrer Eltern auf, bis ihre Mutter eines Tages sehr plötzlich erkrankt und stirbt. Der Vater bringt wenig später eine neue Ehefrau samt zweier Stiefschwestern nach Hause. Als kurz darauf auch Ashs Vater stirbt, bleibt das Mädchen mit ihrer Stiefmutter und den Stiefschwestern alleine zurück und wird zur Dienstmagd erklärt, die die angeblichen Schulden ihres Vaters abarbeiten soll. Den einzigen Trost in diesem traurigen Leben bietet ihr die Welt der Feen und Geister.
– Aisling’s mother died at midsummer. She had fallen sick so suddenly that some of the villagers wondered if the fairies had come and taken her, for she was still young and beautiful. She was buried three days later beneath the hawthorn tree behind the house, just as twilight was darkening the sky. –
Part One, The Fairy, S. 1
Ash ist der Versuch, das allseits bekannte Märchen von Aschenputtel neu aufzugreifen und mit alten Mythen und Legenden zu verknüpfen. Im ersten Moment erwartet man daher eine neuartige Aschenputtel-Geschichte und es gibt sie tatsächlich, die Parallelen, doch die Ausarbeitung enttäuscht und vermag letzten Endes leider nicht zu überzeugen. Während der Sprachstil dieses Romans eigentlich recht flüssig und malerisch daherkommt, wird die Story durch langweilige Nebenerzählungen zu einem zähen Gemisch von Mythen, dem Dahinvegetieren eines depressiven Teenagers und immer wieder eingeworfenen Anekdoten aus der Feenwelt, die so gar nichts Magisches oder Märchenhaftes an sich haben.
Wie schon in anderen Büchern, die versucht haben, eine Brücke zwischen Feenland und unserer Welt zu schlagen, wird die Melancholie der Protagonisten zu einem Stolperstein und so zieht sich in diesem kurzen Roman die Handlung unendlich langsam und belanglos dahin. Malinda Lo schafft es trotz ihrer Bemühungen nicht, diesem alten Märchen neues Leben einzuhauchen, trauriger noch, sie schafft es nicht einmal das Märchen zu bewahren und erzählt schlicht in leicht abgewandelter Form nach, ohne den Zauber transportieren zu können. Obwohl das Buch kaum 300 Seiten zu bieten hat, kommt es bis zum Schluss nicht in Fahrt und dümpelt entsprechend träge vor sich hin.
Auch die Charaktere vermögen den Leser nicht zu fesseln. Sie sind blass und oberflächlich gezeichnet, ihre Motivationen und Reaktionen wirken oft unglaubwürdig oder einfach nur unüberlegt, manchmal geradezu nervtötend dumm. Was ihnen fehlt, ist ein wenig Tiefgang und Dynamik. Ash wirft einmal mehr die Frage auf, weshalb Feen in solchen Büchern derart bewundert werden, wie sie als fröhliches, feierndes Volk bezeichnet werden können und gleichzeitig so entsetzlich motivations- und freudlos dargestellt werden. Es spricht ja nun nichts gegen einen ruhigen Erzählstil, doch in diesem Fall hat es die Autorin mit der Ruhe etwas zu gut gemeint.
Einen Versuch, Innovation zu zeigen, unternimmt die Autorin, indem sie das typische Aschenputtel-trifft-Prinz in ein Aschenputtel-trifft-Prinzessin umwandelt. Für einen Jugendroman zumindest mal ein etwas ungewöhnlicherer Ansatz und sicherlich auch positiv zu bewerten, wenn es darum geht, dadurch die Aufgeschlossenheit junger Leser gegenüber gleichgeschlechtlicher Liebe zu fördern. Aber auch dieser Aspekt bleibt wieder ohne atmosphärische Ausarbeitung und reiht sich unauffällig in die allgemein blasse Erzählung ein.
Sehr schade, denn die Idee klingt beim Lesen des Klappentextes erst einmal verlockend und auch die wirklich schöne Aufmachung des Buches ließ Großes hoffen, so jedoch eignet sich Ash lediglich als optisches Schmankerl im Buchregal.