Bibliotheka Phantastika gratuliert Sean Stewart, der heute 50 Jahre alt wird. Sean Stewart wurde am 02. Juni 1965 in Lubbock, Texas, als Michael Sean Irwin geboren, ist aber seit seinem dritten Lebensjahr in Edmonton in der kanadischen Provinz Alberta aufgewachsen. Als ihm im Alter von sieben Jahren eine Ausgabe von J.R.R. Tolkiens The Hobbit in die Hände fiel, fasste er den Entschluss, Schriftsteller zu werden – und 20 Jahre später erschien mit Passion Play sein erster Roman (wie alle, die noch folgen sollten, unter dem Pseudonym Sean Stewart).
Im Gegensatz zu seinen späteren Werken handelt es sich bei Passion Play (1992) um SF, oder genauer um einen SF-Krimi, der in den nicht allzuweit in der Zukunft von rechtsgerichteten religiösen Fundamentalisten beherrschten USA spielt.
Mit Nobody’s Son (1993; dt. Der schwarze Dolch (2000)) wandte Sean Stewart sich der Fantasy zu. Der Roman erzählt die Geschichte von Shielder’s Mark (dt. Schützer Mark), einem einfachen Tagelöhner, dem es gelingt, den Fluch des Gespensterwaldes und der Roten Festung zu brechen, und der für seine Heldentat mit Ländereien und der Hand der Prinzessin belohnt wird. Allerdings muss Mark bald feststellen, dass das Leben am Hof und mit einer Prinzessin nicht so ist, wie er sich das vorgestellt hat – und dass sich zu allem Übel auch der Fluch des Gespensterwalds erneut bemerkbar macht … Wer sich schon immer gefragt hat, wie es denn wohl weitergeht, wenn der Held seine Belohnung bekommen hat, oder wer eventuell Zweifel an dem “and they lived happily everafter” so mancher Märchen hat, kann hier leicht ironisch verpackte Antworten auf seine Fragen finden.
Auch Clouds End (1996; dt. Schwester des Sturms (2002)) ist ein Fantasyroman, der mit altbekannten Motiven des Genres spielt und sie anders als gewohnt einsetzt. Alles beginnt auf der Insel Wolkenriff, auf der ein friedliches Fischervolk im Einklang mit der Natur lebt und sich auch mit dem magischen Nebel arrangiert, der immer wieder neue Inseln erschafft. Als die junge Quell eines Tages einer Scheme – einer Gestaltwandlerin aus dem Nebel, die ihre Gestalt annimmt – begegnet, fürchtet sie sich zunächst vor ihrem magischen Zwilling. Doch die Scheme bringt eine Warnung vor den Waldländern, die die friedlichen Inseln erobern wollen, und daher brechen Quell, ein paar ihrer Freunde und die Scheme zur Insel Delta auf – nur um dort mitten in die kriegerischen Auseinandersetzungen hineinzugeraten … Stewarts poetische, bildhafte Sprache und die sich daraus ableitende ungewöhnliche Erzählweise machen ebenso wie die von ihm erschaffene mystische Welt Clouds End trotz der sehr handfesten Abenteuer, die die Figuren erleben, zu einem Roman, der vor allem mit seiner Atmosphäre punkten kann, und der ein bisschen – aber nur ein bisschen – an Ursula K. Le Guins Earthsea Cycle bzw. Erdsee-Zyklus erinnert.
Die mit Resurrection Man (1995) begonnene und mit The Night Watch (1997; dt. Die Nachtwache (1999)) und Galveston (2000) fortgesetzte Sequenz könnte man wohl am ehesten als eine Art Magischen Realismus bezeichnen, da sie eine Alternativwelt schildern, in die Magie einsickert und allmählich eine immer größere Rolle spielt. In eine ähnliche Richtung geht auch Mockingbird (1998; dt. Hexensturm (2003)), ein Roman, in dem es die junge Toni Beauchamp mit der Hinterlassenschaft ihrer Mutter – einem Schrank voller magischer Puppen, die von einem merkwürdigen Eigenleben erfüllt sind – zu tun bekommt. Perfect Circle (2004; auch als Firecracker (2005)) ist ein Geisterroman, und mit Yoda: Dark Rendezvous (2004; dt. Yoda – Pfad der Dunkelheit (2006)) hat Stewart auch einen recht positiv aufgenommenen Beitrag zum Star-Wars-Universum geliefert.
Mittlerweile ist der Romanautor Sean Stewart ziemlich verstummt (wenn man von einer mit Jordan Weisman verfassten Jugendbuch-Trilogie absieht), und das, obwohl Passion Play und Nobody’s Son mit dem Aurora Award ausgezeichnet wurden, und er mit Galveston den World Fantasy Award gewonnen hat. Einerseits scheint der Erfolg bei der Kritik sich nicht unbedingt in einem vergleichbaren kommerziellen Erfolg niedergeschlagen zu haben, andererseits war Stewart schon immer stark an Alternate Reality Games interessiert und hat zusammen mit zwei Kollegen 2007 die Fourth Wall Studios gegründet, für die er auch als Chefautor tätig ist.
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