Bibliotheka Phantastika gratuliert Elizabeth E. Wein, die heute 50 Jahre alt wird. Die am 02. Oktober 1964 in New York City geborene Elizabeth Eve Wein machte in der Fantasyszene erstmals 1993 mit ihrem Jugendbuch The Winter Prince – einer etwas anderen Artus-Geschichte – von sich reden. In ihrem Mittelpunkt steht nicht Artos (aka Artus), sondern Medraut (aka Mordred), der Sohn, den Artos mit seiner Halbschwester Morgause gezeugt hat. Und besagter Medraut ist in diesem Fall nicht der altbekannte Schurke, der das glorreiche Camlan (aka Camelot) zu Fall bringt, sondern ein hochbegabter, weitgereister junger Mann, der unter dem Makel seiner inzestuösen Abstammung leidet, die es ihm trotz all seiner staatsmännischen und kämpferischen Fähigkeiten unmöglich macht, jemals High King zu werden.
Stattdessen soll er seinen jüngeren Halbbruder Lleu, den rechtmäßigen Thronerben, anleiten und ihm etwas von seinen Fähigkeiten vermitteln. Ein Auftrag, der von König Artos selbst kommt – und der Medraut in eine schwierige Zwickmühle bringt, denn er weiß, dass er einen viel besseren High King abgeben würde als Lleu, dessen Naivität und sorglosen Umgang mit der Macht ihn ebenso empört, wie er seinen Halbbruder um Artos’ Zuneigung beneidet. Kein Wunder, dass Morgause, die selbst die Macht erringen will, schon bald versucht, das nicht ganz einfache Verhältnis der Brüder für ihre Zwecke auszunutzen, was Medraut mehrfach vor schwierige Entscheidungen stellt – und er weiß nie, ob er wirklich die richtige getroffen hat …
Der Medraut, den Elizabeth E. Wein in diesem auch auf Deutsch als Der Winterprinz (1995) erschienenen Roman beschreibt, ist eine überaus interessante, vielschichtige Figur mit nicht nur positiven Eigenschaften, ein junger Mann, der sich immer wieder zwischen seinem Verantwortungsgefühl und seiner Eifersucht hin und her gerissen fühlt, und der um Entscheidungen förmlich ringt. Eingebettet ist diese Geschichte in ein interessant gezeichnetes, von Camlan aus regiertes Britannien, in dem man um das Erbe der Römer weiß und u.a. diplomatische Beziehungen zum nordafrikanischen Reich von Aksum unterhält. Was alles in allem The Winter Prince zu einem Fantasy-Jugendbuch macht, das man auch als Erwachsener noch mit Vergnügen lesen kann.
Zehn Jahre später hat Elizabeth E. Wein mit A Coalition of Lions (2003) eine erste Quasi-Fortsetzung verfasst, in der Goewin, die Zwillingsschwester von Lleu, die aus bestimmten Gründen aus Britannien fliehen muss, die Hauptrolle spielt. Sie flieht nach Aksum – in jenes Königreich, in dem Medraut inzwischen lebt und einen Sohn mit einer aksumitischen Adligen hat; besagter Sohn – Telemakos – wird dann seinerseits zur Hauptfigur der nächsten drei Romane, angefangen mit Sunbird (2004) und fortgesetzt mit dem aus den Bänden The Lion Hunter (2007) und The Empty Kingdom (2008) bestehenden Zweiteiler The Mark of Solomon. Wenn die genannten vier Romane auch nur annähernd die Qualitäten von The Winter Prince aufweisen, kann man es nur bedauern, dass sich niemals ein deutscher Verlag dieser wirklich originellen Artus-Geschichte (die sich zugegebenermaßen in den Folgebänden nicht nur von Artus, sondern auch von Britannien entfernt) zur Gänze angenommen hat.
Elizabeth E. Wein selbst scheint sich – zumindest im Moment – von der Fantasy abgewandt zu haben; sie schreibt inzwischen Romane über jugendliche Pilotinnen im Zweiten Weltkrieg.
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