Bibliotheka Phantastika gratuliert Steven Bauer, der heute 65 Jahre alt wird. Der am 10. September 1948 in Newark, New Jersey, geborene Steven Bauer hatte bereits etliche Gedichte in Literaturzeitschriften veröffentlicht und sich eine beträchtliche Reputation als Dichter erworben, als mit Satyrday (1980) sein erster und – abgesehen von einer Filmnovelisation und zwei Kinderbüchern – bislang auch einziger Roman auf den Markt kam. Und dass sein Verfasser zuallererst ein Dichter ist, merkt man dem – auf dem Cover treffenderweise mit “a fable” untertitelten – Roman auch an, denn zumindest im Original wartet Satyrday z.B. bei Landschafts- und Szenenbeschreibungen mit einer unglaublich stimmungsvollen, poetischen Sprache auf, die aber auch sehr präzise werden kann, wenn es darum geht, die glaubwürdig gezeichneten Figuren etwa mittels ihrer Dialoge zu charakterisieren.
Wer hingegen nach einem ausgefeilten Worldbuilding sucht, wird in dem auf Deutsch als Satyrtag* (1987) erschienenen (und nebenbei bemerkt von Denis Scheck – ja, dem Denis Scheck – übersetzten) Roman ebensowenig fündig werden wie alle diejenigen, die Erklärungen und Begründungen dafür brauchen, warum die Dinge sind, wie sie sind. Und wie sind sie denn nun, die Dinge? Alles beginnt damit, dass ein riesiger Uhu seine Helfer, die Raben, ausschickt, um den Mond gefangenzunehmen, denn ohne ihr nächtliches Gegenstück wird auch die Sonne bald vergehen – und dann hätte der Uhu sein Ziel erreicht, die Welt in ewige Finsternis zu hüllen. Natürlich gelingt der üble Plan, doch als bald darauf das Licht der Sonne – die sich auf eine vergebliche Suche nach ihrer Schwester begeben hat – schwächer wird und die Welt sich zu verändern beginnt, bricht eine kleine Gruppe tapferer Gefährten auf, um die Dinge wieder in Ordnung zu bringen: Matthew, der Faun, dessen Mündel Derin, der Menschenjunge, den er einst auf seiner Schwelle gefunden hat, Deirdre, eine abtrünnige Krähe, und Vera, die meistens eine Silberfüchsin ist, gelegentlich aber auch die Gestalt einer Nymphe annehmen kann. Unterwegs begegnen ihnen viele andere Kreaturen; manche sind ihnen freundlich gesonnen, andere – wie die bereits erwähnten Raben oder auch die Falken, die ebenfalls zu den Helfershelfern des Uhu zählen – feindlich, und bei manchen lässt sich das nicht auf Anhieb sagen …
Satyrday ist ohne Frage eine “kleine” und “leise” Geschichte und bedient sich einerseits vieler fantasytypischer Motive (die aber nicht immer den Erwartungen gemäß umgesetzt werden – so ist z.B. Matthew längst nicht so lüstern, wie es Seinesgleichen sonst gerne nachgesagt wird), wirkt aber andererseits sprachlich und erzählerisch beinahe wie ein gestaltgewordener Traum. Aber auch Träume können gefährlich sei – und in manchen wird sogar gestorben …
Dem Roman war kein sonderlich großer Erfolg beschieden, doch das allein war sicher nicht der Grund, warum Steven Bauer danach – von der bereits erwähnten Novelisation einmal abgesehen – keinen “richtigen” Roman mehr, sondern nur noch zwei Kinderbücher (und die auch erst 1999 bzw. 2000) veröffentlicht hat. Denn schreiben konnte er immer noch, was man anhand der Geschichten in den beiden 1986 erschienenen Sammelbänden Steven Spielberg’s Amazing Stories (1986; dt. Steven Spielberg’s unglaubliche Geschichten (1987)) und Volume II of Steven Spielberg’s Amazing Stories (1986; dt. Steven Spielberg’s neue unglaubliche Geschichten (1988)) feststellen kann, bei denen es sich um Nacherzählungen von Episoden der TV-Serie Amazing Stories handelt. Natürlich kommen die an Satyrday nicht ran, aber sie sind kompetent und stimmig erzählt. Was auch immer der Grund gewesen sein mag, warum Steven Bauer sich nach seinem durchaus gelungenen Erstling dem Genre nie mehr in Romanform bzw. mit genuinen Stoffen zugewandt hat – vielleicht wird er das Problem ja eines Tages hinter sich lassen. Immerhin soll er sich vor kurzem aus dem universitären Lehrbetrieb zurückgezogen haben und seit einiger Zeit an einem (allerdings anscheinend nicht phantastischen) Roman arbeiten. Von daher bleibt abzuwarten, ob er ein One-Book-Wonder (zumindest im Bereich der phantastischen Literatur) bleiben wird, oder ob vielleicht doch noch etwas kommt.
* – auf dem Cover steht lustigerweise Satyrs Tag
Das klingt nach einer kleinen Perle. Schöner Tipp. Ich könnte das zwar selbst recherchieren, aber … wie lang ist denn diese hübsche Geschichte? Reicht ein verregneter Sonntagnachmittag? Oder zwei?
Hi Timpi,
da müsste eigentlich ein verregneter Sonntagnachmittag reichen, denn die Originalausgabe hat im HC einen Schluck über 200 Seiten (das TB hat dann wahrscheinlich 20 – 30 Seiten mehr), und die deutsche Ausgabe dürfte so um die 260 – 280 Seiten haben. Wie schon erwähnt – es ist eben eine “kleine” Geschichte. 😉