Bibliotheka Phantastika erinnert an Grahame Wright, der heute 65 Jahre alt geworden wäre. Deutschsprachige Leser und Leserinnen, denen der Name nichts sagt, befinden sich in bester Gesellschaft, denn hierzulande dürfte der am 30. Oktober 1947 in Leicester, Leicestershire, England, geborene Wright gänzlich unbekannt sein – was nicht weiter verwunderlich ist, schließlich hat er nur einen einzigen Roman veröffentlicht, der zudem nie auf Deutsch erschienen ist. Doch auch in seinem Heimatland bzw. im englischen Sprachraum ist Wright mehr oder weniger vergessen, und es sind praktisch keine Informationen über ihn zu finden. Immerhin lässt sich sein 1974 erschienener, 1977 als TB – und danach nie mehr – nachgedruckter Roman Jog Rummage noch problemlos antiquarisch auftreiben.
Und das wiederum ist ein Glücksfall für alle Leser und Leserinnen, die bereit sind, sich auf ein ungewöhnliches – und ziemlich einzigartiges – Leseerlebnis einzulassen, denn Jog Rummage ist ein kleines Juwel des Genres. Rummage, der titelgebende Held der Geschichte und klügste aller Jogs, ein Dichter und Gelehrter, der seine Welt mit neugierigen Augen und hellwachem Geist betrachtet, lebt zusammen mit seinem besten Freund Geovard, dem tapfersten aller Krieger, und den übrigen Jogs am Ufer der “gently lapping sea”, die in einer merkwürdigen, düsteren, vom “Moon” und dem “Great Star” erhellten und immer wieder von “Swoops” bedrohten Welt, die Jogs und ihre traditionellen Feinde, die Rats, voneinander trennt. Als diese Feindschaft zum Krieg eskaliert, ist es an Rummage und Geovard, diesen Krieg zu beenden – nur, um anschließend gemeinsam mit Meltamor, dem “Emperor of Rats”, in die Dunkelheit aufzubrechen und das Rätsel der gefährlichen Swoops und des Monsters Horribilis zu lösen. Parallel dazu erzählt Jog Rummage die Geschichte von Elizabeth, einem in mehrfacher Hinsicht schwer gezeichneten jungen Mädchen mit reger Phantasie, und ihrem Vater, dem das Leben ebenfalls übel mitgespielt hat. Natürlich berühren sich die beiden Geschichten – und das hat Konsequenzen …
Man hat von Verlagsseite diesem nicht allzu umfangreichen Roman gewiss keinen Gefallen getan, als man ihn auf dem Titelbild der TB-Ausgabe als “The new masterpiece of fantasy that critics have compared to Tolkien” bezeichnet hat, denn mit J.R.R. Tolkien und seiner Art von Fantasy hat Jog Rummage eher wenig gemein. Da wären Namen wie Richard Adams oder Mervyn Peake denn doch etwas passender gewesen. Obwohl man Wright auch damit nicht ganz gerecht werden würde, denn allen echten oder vermeintlichen Parallelen oder Einflüssen zum Trotz ist Jog Rummage ein überaus eigenständiges, in vielerlei Hinsicht einzigartiges Werk, das auch sprachlich überzeugt und Themen anschneidet, die in der Fantasy ansonsten selten behandelt wurden und werden.
Grahame Wright war knapp 27, als Jog Rummage veröffentlicht wurde. Der Roman mag noch kein echtes Meisterwerk sein, aber ein vielversprechender Auftakt zur Karriere eines Autors, dem man nach diesem Erstling allerhand hätte zutrauen können, ist er allemal. Doch Wright hat keinen zweiten Roman geschrieben. Er hat noch nicht einmal mehr das Erscheinen der TB-Ausgabe erlebt, denn am 10. April 1977 ist er – noch keine 30 Jahre alt – verstorben.
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