Zum Gedenken an Lloyd Alexander

Bibliotheka Phantastika erinnert an Lloyd Alexander, der heute vor fünf Jahren gestorben ist. Der am 30. Januar 1924 in Philadelphia, Pennsylvania, geborene Lloyd Chudley Alexander fand nach einigen nicht sonderlich erfolgreichen Versuchen, sich als Autor zeitgenössischer Belletristik zu etablieren, mit seinem ersten Fantasyroman Time Cat: The Remarkable Journeys of Jason and Gareth (1963; dt. Die Zeitkatze (1986)) nicht nur seine Stimme sondern auch das Metier, dem er in den folgenden 40 Jahren seiner Autorenkarriere treu bleiben sollte: das – meist phantastische – Kinder- und Jugendbuch. Bei den Recherchen zu Time Cat (einem Roman, in dem es um eine zeitreisende Katze geht) hatte er sich u.a. mit der walisischen Mythologie beschäftigt und sich dabei an seine Liebe zu Wales erinnert – er hatte das Land in den 40er Jahren als Soldat kennengelernt – und beides inspirierte ihn zu einem vom Mabinogion beeinflussten mehrbändigen Zyklus, der als The Chronicles of Prydain bekannt werden sollte. Beginnend mit The Book of Three (1964) wird in ihnen die Geschichte vom Kampf des Hilfsschweinehirten Taran – der dabei unter The Book of Three von Lloyd Alexanderanderem vom Orakelschwein Hen Wen, dem Zauberer Dallben und Prinzessin Eilonwy unterstützt wird – gegen den Todesfürsten Arawn und dessen Vasallen und Verbündete erzählt. Etliche Versatzstücke aus dem Mabinogion bilden den Hintergrund, vor dem Alexander die Abenteuer Tarans im Book of Three und den Folgebänden The Black Cauldron (1965), The Castle of Llyr (1966), Taran Wanderer (1967) und The High King (1968) in Form eines klassischen Entwicklungsromans erzählt, denn um seine Aufgabe letztlich zu erfüllen, muss Taran wachsen und Entscheidungen treffen, und er muss lernen, mit Enttäuschungen und Verlust fertigzuwerden. Abgerundet werden die Chronicles mit The Foundling and Other Tales of Prydain (1973, exp. 1999), einem Band mit Kurzgeschichten, die alle vor dem Hauptzyklus spielen.
Tarans Abenteuer sind auch ins Deutsche übersetzt und mehrfach neu aufgelegt worden, teils als Einzelromane – Taran und das Zauberschwein (1969) bzw. Das Buch der Drei (2003), Taran und der Zauberkessel (1970) bzw. Der schwarze Kessel (2003), Taran und die Zauberkatze (1972) bzw. Die Prinzessin von Llyr (2003), Taran und der Zauberspiegel (1973) bzw. Der Spiegel von Llunet (2003), Taran und das Zauberschwert (1974) bzw. Der Fürst des Todes (2003) und Der Findling und andere Geschichten aus Prydain (2003) – teils in Sammelbänden, zuletzt als Taran (2009). Die Geschichte, die – aufgrund des Zeitpunkts ihrer Entstehung – auch genrehistorisch nicht uninteressant ist, kann nie verleugnen, dass sie für ältere Kinder und Jugendliche konzipiert wurde, wird allerdings von Band zu Band düsterer und eignet sich immer noch als durchaus lesenswerter Einstieg ins Genre. Unter dem Titel The Black Cauldron (dt. Taran und der Zauberkessel) sind die ersten beiden Bände 1985 auch von Disney verfilmt worden, doch dem (für Disney-Verhältnisse eher düsteren) Zeichentrickfilm war kein sonderlicher Erfolg beschieden.
The Kestrel von Lloyd AlexanderAuch nach den Chronicles hat Lloyd Alexander noch eine Reihe beachtenswerter Romane verfasst, etwa die vergleichsweise düsteren, aus den Bänden Westmark (1981; dt. Aufruhr in Westmark (1983) bzw. Der Setzerjunge (2004)), The Kestrel (1982; Der Turmfalke (1984, NÜ 2004)) und The Beggar Queen (1984; dt. Die Bettlerkönigin (1985, NÜ 2005)) bestehenden Chronicles of Westmark (dt. Westmark-Trilogie), die die Abenteuer des Setzerlehrlings Theo in einer an die französische Revolution erinnenden Zeit des Aufruhrs und der politischen Veränderungen in einem fiktiven Königreich schildern, oder die sechsbändige, in einer alternativen viktorianischen Epoche spielende Reihe um Vesper Holly (1986-2005), oder auch Einzelromane vor dem Hintergrund einer bestimmten irdischen Kultur und Mythologie wie etwa The Remarkable Journey of Prince Jen (1991), The Arcadians (1995) und The Iron Ring (1997), doch den Erfolg seiner Taran-Geschichten konnte er nicht wiederholen.
Seinen letzten Roman The Golden Dream of Carlo Chuchio (2007), in dem es um die abenteuerliche Jagd nach einem Schatz vor dem Hintergrund der Geschichten aus 1001 Nacht geht, hat Lloyd Alexander nur wenige Wochen vor seinem Tod begleitet von den Worten “I have finished my life work” an seinen Verlag geschickt. Kurz darauf ist er – zwei Wochen nach seiner Frau, mit der er 61 Jahre verheiratet war – am 17. Mai 2007 im Alter von 83 Jahren an Krebs gestorben.

2 Kommentare zu Zum Gedenken an Lloyd Alexander

  1. molosovsky sagt:

    Die ersten beiden ›Taran‹-Bücher (»… & das Zauberschwein«, »… & der Zauberkessel«) wurden übrigens von Otfried Preußler übersetzt. Auch kein Unbekannter in Sachen Klassiker der guten Phantastik für alle Altersklassen.

  2. Anubis sagt:

    Hach, die Chronicles of Prydain. Gemeinsam mit Tolkien, The Once and Future King und Marion Zimmer Bradley mein Einstieg in die Fantasy.

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