Wer kennt diese Situation nicht: Man hat seine aktuelle Lektüre beendet und schlendert zum SUB (oder besser den SUBs), um sich eine neue herauszusuchen, und plötzlich steht man vor der Qual der Wahl. Der Blick schweift über ältere Neuerwerbungen, die einen damals brennend interessiert haben, aber nun schon etwas Staub ansetzen, und über neuere, auf die man aber jetzt gerade doch nicht Lust hat. Tja, was also tun? Man schreibt einen Blog und hofft, dass einem dabei die Erleuchtung kommt oder dass einem die Internetcommunity hilft.
Hier also fünf Bücher, zwischen denen ich mich entscheiden muss:
1. Justina Robson: Natural History
Ein SF-Roman, auf den ich durch einen Artikel in der zweiten Ausgabe der Pandora aufmerksam geworden bin. Neben dem wunderschönen Cover punktet der Roman mit seiner Thematik: Die Autorin nähert sich darin dem für mich immer wieder faszinierenden Verhältnis von Mensch und Maschine, (künstlichem?) Bewusstsein und Leben sowie den hybriden Verschmelzungen und Entwicklungen zwischen diesen behaupteten Antagonismen. Bereits das erste Kapitel verheißt sehr viel, wird hier doch der Song “American Pie” mit den Erinnerungen des Bewusstseins eines Raumschiffes, das gerade einen dramatischen Fehler gemacht hat, und den Beschreibungen seiner Lage zusammengeführt.
2. Ian R. MacLeod: The Summer Isles
Mich hatte bereits Aether mit seinem wunderschönen Stil, der feinen Melancholie und der ernsten Thematik begeistert, daher wollte ich unbedingt mehr von MacLeod lesen und habe mir seine mit dem World Fantasy Award ausgezeichnete Erzählung “The Summer Isles” in der zur Novelle ausgebauten Fassung besorgt. Die edle (limitierte und signierte) Ausgabe von Aio lässt dabei nicht nur das Fanboyherz, sondern auch das Buchliebhaberherz höher schlagen. Aber abgesehen davon hat mich der eigentliche Inhalt dazu bewogen, mir das Buch zu kaufen. Das alternative England, in dem Faschisten die Macht ergriffen haben und in dem sich der (homosexuelle) Protagonist durchschlagen muss, hat sofort mein Interesse geweckt.
3. Mark Geston: Out of the Mouth of the Dragon
Nachdem mir der erste Roman aus der (sehr) lose miteinander verbundenen Trilogie rund um die vom Schicksal gebeutelte „Welt“ und ihre Bewohner recht gut gefallen hat, stünde hiermit die Quasi-Fortsetzung griffbereit im Sammelband The Books of the Wars zur Verfügung. Die schon im ersten Band interessante Erzählweise Gestons und der wilde Mix aus SF- und Fantasy-Elementen verspricht jedenfalls spannend zu werden und (so banal es klingt) das Format wäre ideal für Fahrten mit den Öffis.
4. Octavia E. Butler: Dawn
Butlers Debutroman Patternmaster (Als der Seelenmeister starb) hat in der BP-Redaktion zwar zu kontroversen Reaktionen geführt, für mich aber mehr Potential entfaltet als Schwachpunkte gezeigt. Trotzdem habe ich mit dem Sammelband Lilith’s Brood erstmal die Reihe zur gleichnamigen Trilogie (Dawn, Adulthood Rites, Imago) gewechselt – auch bekannt als Xenogenesis-Trilogie. Darin wird Protagonistin Lilith von einem Alienvolk von der fast völlig zerstörten Erde gerettet. Die Oankali genannten Aliens haben nicht nur drei Geschlechter, sondern auch die Fähigkeit sich telepathisch zu verbinden und Gene mit anderen intelligenten Spezies auszutauschen, weshalb sie als Genhändler fungieren. Natürlich „profitieren“ auch Lilith und im weiteren Verlauf der Reihe ihre Nachkommen von diesen Fähigkeiten der Außerirdischen.
5. Catherynne M. Valente: The Habitation of the Blessed
Ein neuer Anlauf mit einer Reihe (A Dirge for Prester John) von Frau Valente, die für mich immer wieder eine Herausforderung ist. Aber das Setting rund um den Mythos des Priesterkönigs Johannes, dessen Reich in Valentes Version auch noch von einer Unzahl mittelalterlicher Sagenwesen bevölkert wird, hat mich sehr fasziniert. Auch der Ansatz, die Geschichte des Romans in unterschiedlichen literarischen Formen des Königreichs zu erzählen, die von Kapitel zu Kapitel wechseln, hat mich unglaublich gereizt. Die Aufmachung des Buches ist mit deckled edges ebenfalls wunderschön anzuschauen.
Hallo Fremdling!
Ich kann dir leider keinen Tip aus eigener Leseerfahrung geben, aber wenn ich mich zwischen den fünf Büchern entscheiden müsste, wäre das Ergebnis ziemlich eindeutig: Catherynne M. Valentes “The Habtitation of the Blessed”. Cats poetische Meisterschaft der englischen Sprache zusammen mit ihrer Intelligenz und dem für jeden Ex-Mediävisten absolut faszinierenden Thema/Setting des ‘Reichs des Presbyter Johannes’ lassen mich da keinen Moment zögern.
Hi Raskolnik,
danke für die Einschätzung!
Frau Valente ist in der Tat immer ein heißer Tipp, wenn man sich von einem wunderschönen Stil in fantasievolle Gefilde entführen lassen will. Ich konnte tatsächlich nicht an mich halten und habe schon ein bisserl reingelesen: Es trifft auch für dieses Buch zu. 😉
Sei gegrüßt, Fremdling!
Freut mich, dass dir mein kleiner Kommentar ein bisschen was gegeben hat. Wenn du mehr von “Habitation of the Blessed” gelesen hast, dann gib mal eine Einschätzung zum Besten, ja?
Es wäre doch wirklich schön, wenn Catherynne M. Valente auch in deutschsprachigen Gefilden die Anerkennung erhalten würde, die ihr meiner(und wohl auch deiner)seits zusteht. Andererseits möchte ich lieber nicht der (fiktive) Übersetzer ihrer Bücher sein. Das wäre schon eine ordentliche Herausforderung.
Wie dem auch sei,
viel Spaß im Reich des Priesterkönigs!
Werde ich sehr gern machen. Es dauert wahrscheinlich ein bisschen, aber eine Rezi kommt bestimmt. 🙂
Hast du dich jetzt schon entschieden, Fremdl?
Ich würde von den Geschichten her den Mark Geston nehmen (und auch vom Cover her! 😉 )
Aber wahrscheinlich wirst du sowieso alle Bücher lesen, oder? 😀
Jupp, ich habe mir mal Frau Valente vorgenommen. In den zweiten Geston habe ich allerdings auch ein bisschen reingelesen und kann noch nicht so wirklich abschätzen, was mich da erwartet …
Und klar, irgendwann habe ich alle 5 durch. ^^