Die Seele der Nacht

Cover von Die Seele der Nacht von Ulrike SchweikertAls Tahâmas Vater schwerverletzt von einer Mission zum Elfenbeinturm zurückkommt, ringt er Tahâma, bevor er stirbt, das Versprechen ab, ihrem Volk, das in das Land Nazagur aufgebrochen ist, nicht nachzufolgen. Tahâma macht sich jedoch trotzdem auf den Weg – soll dieses Land doch ausgesprochen gute Lebensbedingungen bieten und sich immer weiter ausbreiten, während die anderen Länder Phantásiens nach und nach vom Nichts verschlungen werden. Unterwegs in dies gelobte Land schließen sich Tahâma Céredas, ein junger Jäger, und Wurgluck, ein Erdgnom, als Reisegefährten an. Als die drei in Nazagur ankommen, ist das Land auf den ersten Blick tatsächlich ein Idyll – doch hinter dieser Fassade verbirgt sich ein schreckliches Geheimnis …

-“Auf nach Gwonlâ!”, hallten seine Worte bis zum Tor hinunter. “Heute Nacht werden wir im Tal des Wínolds unsere Gier stillen!”-
Prolog

Dieser zweite Band der Legenden von Phantásien nimmt kaum Bezug auf Die unendliche Geschichte, nur ein paar Dinge finden in Nebensätzen und beiläufigen Unterhaltungen Erwähnung. Auf diese Weise hat sich Ulrike Schweikert Raum geschaffen, in welchem sie ihre Erzählung frei entwickelt, hat sich bemüht, eine spannende Geschichte zu erzählen, nur leider ist dies nicht in allen Bereichen des Romans gelungen.
Die Geschichte dreht sich um das Mädchen Tahâma, das dem Volk der Tashan Gonár angehört. Die Tashan Gonár sind in ganz Phantásien für ihre einzigartige Musik berühmt, die heilen und trösten, aber auch verletzen kann.
Die Autorin beschreibt Tahâma und einige Vertreter des Volkes ausführlich und liebevoll. Sie zeichnet Tahâma klar und arbeitet ihren Charakter sehr deutlich heraus, so daß man sich das Mädchen gut vorstellen kann. Auch Wurgluck weiß sie sehr schön zu skizzieren. Doch bei den übrigen Figuren des Romans, die für die Handlung ebenfalls eine herausragende, wenn nicht gar entscheidende Rolle spielen, sind die Beschreibungen leider nicht so ausführlich und schön gediehen: Vor allem die Figuren auf der Seite des Bösen sind sehr oberflächlich skizziert. Sie machten auf mich allesamt den Eindruck von Schauspielern, die eine Rolle nur deshalb übernommen haben, weil die Gage stimmt … Ihre Motivation war unglaubwürdig – sie waren, oft nach halbherzig beschriebenen Konfrontationsszenen (von “Kämpfen” kann man hier kaum sprechen …) viel zu rasch besiegt, so daß der Eindruck entstand, sie wollten gern schnell besiegt sein, um das Set so schnell wie möglich wieder verlassen zu können. Überall geht Tahâma, meist nach von der Autorin ziemlich halbherzig ausgeführten Kampfszenen, Gefangennahmen und Versteckspielen, als strahlende Siegerin hervor. Alles ist vorhersehbar, denn die “gefährlichen” und “übermächtigen” Gegner setzen dem blauhaarigen Gör kaum Widerstand entgegen. Nicht einmal bei dem hier als all- bzw. übermächtig, abgrundtief böse und gierig beschriebenen Schattenlord hat Tahâma größere Schwierigkeiten, dem fiesen Kerl das Handwerk zu legen … viel zu schnell ist alles vorbei und sein … gebleichtes Gewand fiel leer zu Boden …
Auch bei Céredas, Tahâmas zweitem Weggefährten, fiel die Beschreibung des Charakters, seiner guten und schlechten Eigenschaften, eher sparsam aus. Für die wichtige Rolle, die ihm die Autorin ursprünglich zugedacht hatte, wird er nun zu stark an den Rand gedrängt und kommt, trotz aller für die Handlung wichtigen Details, nicht über das Schattendasein einer Nebenfigur hinaus.
So sind auch seine übrigen Eigenschaften eher schwach herausgearbeitet – die ganze Figur bleibt unnahbar und der Hauptzweck seiner Anwesenheit scheint ausschließlich darin zu bestehen, Tahâma in möglichst gutem Licht dastehen zu lassen …

Stand: 17. Oktober 2012
Erscheinungsjahr: D 2003
Verlag: Droemer Knaur
ISBN: 3-426-19643-3
Seitenzahl: 320