Bone – Complete Edition

Cover des Buches "Bone - Complete Edition" von Jeff SmithPhoney, Fone und Smiley Bone müssen ihre Heimatstadt Boneville verlassen, weil Phoney zum wiederholten Male seiner Gier nach Profit erlegen ist. Auf ihrer Flucht durch die Wüste  geraten sie in einen riesigen Heuschreckenschwarm und verlieren einander.
Auf getrennten Wegen gelangen sie in ein unbekanntes Tal, in welchem sich jeder von den Dreien auf die Suche nach seinen Cousins macht. Doch als sie endlich wieder vereint sind, sind sie längst viel zu tief in die Geschicke des Tals verstrickt, um einfach wieder nach Hause zu gehen. Außerdem sucht eine dunkle Gestalt nach Phoney, weil die Ankunft eines Bone-Wesens in einem Omen prophezeit wurde …

-“Was meinst Du, Kumpel, sollen wir ein saftiges Ragout aus ihm machen oder ihn einfach roh verschlingen?” – “Hmmm… Ich würde sagen, wir backen eine Quiche!” –

Aufmerksam geworden durch Hinweise aus dem Freundeskreis liebäugelte ich schon länger mit den knuffigen Bones, und als ich in der örtlichen Buchhandlung über die Complete Edition stolperte,  griff ich kurzentschlossen zu. Die gesamte Geschichte in einem Band – sehr schön! … dachte ich! Denn im Laufe der Lektüre wurden mir wegen des hohen Gewichts des Buches oftmals die Arme lahm.
Nach dieser Erfahrung würde ich jedem interessierten Leser raten, lieber die 9-bändige Hardcover-Ausgabe zu kaufen. Neben der größeren  Bequemlichkeit bietet Letztere auch farbige Zeichnungen, wohingegen die Complete Edition ausschließlich  Schwarz-Weiß-Zeichnungen beinhaltet. Aber solche Entscheidungen sind Geschmackssache und über diese kann man ja bekanntlich endlos streiten.

Für mein unfreiwilliges Armmuskeltraining wurde ich mit einer  vergnüglichen Geschichte mit vielen liebenswerten Charakteren belohnt, auch wenn viele von ihnen ein gerüttelt Maß an Klischees bedienen:
Thorne, das Mädchen mit großer Bestimmung, wurde auf dem Bauernhof ihrer Großmutter zu einer selbstbewussten jungen Frau erzogen, die im Notfall auch mal richtig zupacken kann. Fone Bone trifft sie, als er auf der Suche nach seinen verloren gegangenen Cousins ist, und verliebt sich auf den ersten Blick in sie. Wirklich herzzerreißend sind die Szenen, in denen er sie anhimmelt und versucht, ihr Liebesgedichte zu schreiben.
Grandma Ben, die die Rolle der Mentorin hat, ist nicht nur willensstark bis zur Sturheit, sondern  auch körperlich äußerst fit, was sie beim jährlich stattfindenden Kuhrennen gerne unter Beweis stellt.
Das Böse wird durch den Herrn der Heuschrecken und dessen Helfershelfer, den Vermummten, dargestellt. Wie es sich für eine ordentliche Fantasygeschichte gehört, verkörpern sie das Chaos und die Alpträume und sind sehr mächtig!
Und dann gibt es noch die herrlich skurrilen Nebencharaktere: Der große rote Drache mit dem wunderbar coolen Gesichtsausdruck, Ted, die winzige Wanze (die man um Himmelswillen nicht mit einem Blatt vergleichen soll – sonst holt sie ihren großen Bruder!) und das dämliche Rattenmonsterpärchen, das sich ständig darüber streitet, ob Monster gerne Quiche essen dürfen … sie seien hier nur stellvertretend für alle Anderen erwähnt.

Und die Bones selber?
Die drei knubbligen kleinen Kerle erschienen mir auf den ersten Blick nicht gerade geeignet, eine “richtige” Fantasy-Geschichte zu tragen – zu sehr sahen sie mir nach Mickey Mouse und Donald Duck aus.
Doch es brauchte nur wenige Seiten und mir wurde klar, wir haben es hier mit einem echten Heldenteam zu  tun: Da wäre zum einen Phoney, der zwar mit seiner Geldgier das Trio immer wieder in Schwierigkeiten bringt und  zeitweilig sogar ungewollt der bösen Seite in die Hände arbeitet, im Grunde aber seine Cousins liebt.
Dann haben wir Smiley, einen herzensguten Trottel, den Phoney immer wieder für seine haarstäubenden Pläne missbraucht, dessen Herz aber groß genug ist, um ein Monsterbaby zu retten.
Als Dritten natürlich den sympathischen und gewitzten Fone, welcher ein großer Fan von Moby Dick ist. Die Szenen, in denen Fone Freund wie Feind mit Moby-Dick-Lesungen “besiegt” oder unfreiwillig Ismaels Gestalt annimmt, als Hommage oder als Persiflage zu werten, mag jedem Leser selbst überlassen bleiben.

Die Beschreibung der Charaktere lässt es schon vermuten, wir haben es hier mit einer (wenn nicht gar DER) klassischen Fantasy-Geschichte zu tun.
Vor langer Zeit war die Welt ein friedlicher und glücklicher Ort, bis das Böse kam und die Welt mit Wahnsinn und Albträumen verseuchte. Ein großer Kampf führte dazu, dass das Böse zwar gebannt, aber nicht völlig besiegt werden konnte. Die Bones kommen zu einer Zeit ins Tal, in der das Böse wieder erstarkt ist und zum letzten großen Schlag ausholt …

Das kommt uns bekannt vor? Ja.
Es ist eine altbekannte Geschichte, aber sie wird hier äußerst amüsant neu erzählt. Dem Leser wird zwar nicht gerade philosophischer Tiefgang, dafür aber jede Menge Spaß, liebevoll gezeichnete Bilder und witzige Dialoge geboten.

Stand: 09. September 2012
Originaltitel: BONE
Erscheinungsjahr: USA 1991-2004, D 2009
Verlag: Tokyopop
Übersetzung: Monja Reichert
ISBN: 978-3-86719-744-1
Seitenzahl: 1332