Zyklus: Castle Series@The

Castle in the Air von Diana Wynne JonesAbdullah, ein gewöhnlicher Teppichhändler und Waise mit Verwandten, die nicht wirklich viel von ihm halten, gibt sich oft und gerne seinen Tagträumen hin, wo er als Prinz eine wunderschöne Prinzessin trifft. Die Träume werden allzu real, als Abdullah einen Teppich erwirbt, der angeblich fliegen kann. Zunächst scheint der Kauf ein Reinfall zu sein, doch als Abdullah darauf einschläft, wacht er wenig später im Garten des Sultans auf und trifft dort dessen Tochter, Flower-in-the-Night, in die er sich prompt verliebt. Schlecht für ihn, dass gerade ein Djinn auf Streifzug ist und Scharen von Prinzessinen, inklusive Flower-in-the-Night, entführt. Zusammen mit seinem Teppich und einem eigenwilligen Flaschengeist macht sich Abdullah daran, seine Geliebte zu befreien.

– In his daydreams, he was really the long-lost son of a great prince, which meant, of course, that his father was not really his father. It was a complete castle in the air, and Abdullah knew it was. –

Castle in the Air (Ziemlich viele Prinzessinnen) ist die indirekte Fortsetzung zu Howl’s Moving Castle (Sophie im Schloss des Zauberers). Hierin wird es allerdings märchenhaft wie in einer Geschichte aus Tausendundeinernacht und der geneigte Leser muss sich recht lange gedulden, ehe die bekannten Protagonisten aus dem ersten Buch dieser locker verknüpften Reihe wieder in Erscheinung treten. Castle in the Air sollte man daher auch als einen eigenständigen Roman betrachten – in dem nur zufällig ein paar bekannte Charaktere wieder auftauchen – und keine richtige Fortsetzung zu Howl’s Moving Castle erwarten.

Ganz so brillant wie sein Vorgänger ist Castle in the Air nicht, dennoch ist es wieder eine sehr phantasievolle und lebendige Geschichte, die Diana Wynne Jones hier erschafft und mit gewohntem Humor garniert. Letzterer kommt diesmal besonders bei Namensgebung und Wortwahl zum Tragen, denn die Autorin spielt wieder gerne mit Klischees und bedient sich hier bei den Vorstellungen vom Orient, wo Namen nicht nur Namen sind, sondern Bedeutungen haben. Dabei darf natürlich auch nicht die blumige Ausdrucksweise fehlen, die die Autorin jedoch in unseren Sprachgebrauch überträgt, was für viel Schmunzeln sorgt. So kommt es, dass eine Prinzessin den Namen Blume-in-der-Nacht/Flower-in-the-Night trägt oder Teppichhändler geradezu lyrische Verkaufsgespräche führen.
Darauf lässt die Autorin es freilich nicht beruhen und schickt zusätzlich wieder herrlich überzogene, schrullige, spießige oder hochnäsige Charaktere ins Rennen, die alle ein bisschen mehr sind, als man glaubt über sie zu wissen. So überzeugend sympathisch und lebendig wie Howl und Sophie in Howl’s Moving Castle werden Abdullah und Flower-in-the-Night aber leider nicht, und auch die beiden erstgenannten kommen in Castle in the Air nicht so richtig zu ihrem alten Glanz.

Kleinere Abzüge muss man ebenfalls bei der erzählerischen Dynamik machen, die sich mit Einschüben, die nicht zwingend nötig gewesen wären, leider immer mal wieder als etwas langatmig erweist. Es ist daher dringend ratsam, eine längere Pause zwischen Howl’s Moving Castle und Castle in the Air verstreichen zu lassen und die beiden Bücher nicht gleich nacheinander zu lesen. Auch sollte man davon absehen, die Bücher als normale Buchreihe zu betrachten, denn im direkten Vergleich haben sie wenig miteinander zu tun und gerade Castle in the Air wirkt dabei doch ein wenig enttäuschend. Für sich betrachtet und davon ausgehend, dass die wiederkehrenden Charaktere ein zusätzlicher Bonus, aber kein tragendes Element dieses Romans sind, ist Castle in the Air durchaus unterhaltsam und amüsant. Man muss sich lediglich klar machen, dass dies die Geschichte von Abdullah und Flower-in-the-Night ist und nicht die von Sophie und Howl.

House of Many Ways von Diana Wynne JonesDie wohlerzogene und behütete Charmain ist zu Tode gelangweilt. Als sie das Haus ihres kranken Onkels hüten soll, packt sie daher die Gelegenheit beim Schopfe. Onkel William allerdings ist Zauberer, sein Haus ist magisch und Charmain versteht nichts von Magie und noch weniger davon, schmutziger Wäsche und dreckigem Geschirr Herr zu werden. Außerdem möchte sie nur eins: sich hinsetzen, ihre Bücher lesen und eines Tages in der königlichen Bibliothek arbeiten. Stattdessen muss sie entdecken, dass die richtige Drehung Badezimmer in Ställe verwandeln oder einen hoffnungslos verlorengehen lassen kann und dass Zauberlehrlinge, wütende Kobolde, missglückte Zaubersprüche und ein benachbarter Lubbock ausgesprochen nervtötend sein können.

– »What I do know is that she never has her nose out of a book, never does a hand’s turn in the house, and is treated like a sacred object by both her parents. It will do her good to do something normal for a change.«
»Oh, dear,« said Great-Uncle William. »Thank you for warning me. I shall take precautions, then.« –
Chapter One, In which Charmain is volunteered to look after a wizard’s house

Mit House of Many Ways ist Diana W. Jones wieder ein liebevoll geschriebenes Buch mit witzigen Ereignissen, Ideen und alten Bekannten gelungen. Es stellt den dritten und letzten Teil der lose verknüpften Reihe um Zauberer Howl dar. Wie auch bei Castle in the Air (Ziemlich viele Prinzessinnen) sei aber auch hier davor gewarnt, eine wirkliche Fortsetzung zu Howl’s Moving Castle (Sophie im Schloss des Zauberers) zu erwarten. Erfreulich allerdings: House of Many Ways hat wieder deutlich mehr Schwung als Castle in the Air, auch wenn Sophie und Howl erneut nur als etwas blasse Nebenrollen in Erscheinung treten.
Wie die Vorgänger ist auch dieser dritte Teil wieder ein in sich abgeschlossenes Buch, welches eine völlig neue Geschichte erzählt. Man muss die beiden Vorgänger also nicht gelesen haben, für Neugierige, die gerne alle Details und Hintergründe kennen, ist es jedoch von Vorteil, wenigstens Howl’s Moving Castle vorab zu lesen.

Wie immer beweist die Autorin auch in diesem Roman ihren großen Ideenreichtum und ihre Liebe für kleine Details. Besonders erwähnenswert ist an dieser Stelle das titelgebende House of Many Ways, welches man getrost wörtlich nehmen kann. Die Idee, dass eine Tür in viele verschiedene Dimensionen, Richtungen oder Räume führen kann, kennt der vertraute Leser bereits aus Howl’s Moving Castle. Im vorliegenden Roman wird dieser magischen Tür und ihrem Potential deutlich größere Aufmerksamkeit zuteil. Hinter jeder Drehung wartet ein neuer spannender Raum, unentdeckte Gänge, Bewohner, von denen man noch nichts ahnte, und vieles mehr. Eine zauberhafte Idee mit vielen Wendungen und Entdeckungen.

Leider wird der Großteil dieser sehr schönen Ideen ein wenig von der etwas misslungenen Protagonistin Charmain getrübt, die (aufgewachsen in ihrer behüteten Welt) eine recht egoistische Denkweise entwickelt hat, und leider auch lernresistent und faul scheint. Es ist nicht ganz leicht, mit diesem Charakter warm zu werden und ihre zum Teil doch eher merkwürdigen Reaktionen nachzuvollziehen. Da die Protagonistin außerdem häufig gelangweilt ist, überträgt sich das Gefühl stellenweise auch auf den Leser. Gleichzeitig sorgt Charmains erziehungsbedingte Alltagsuntauglichkeit aber auch für unerwartete Situationskomik. Interessante Abwechslung zu diesem schwierigen Hauptcharakter bieten die Nebenrollen in Form von Peter dem Zauberlehrling, der sehr gegensätzliche Eigenschaften verkörpert, und einem ewig hungrigen Hund namens Waif.

House of many ways hat wie Castle in the Air mit dem Problem zu kämpfen, dass die Geschichte an zu vielen Stellen wie unter Zwang konstruiert und geplant wirkt, was auf Kosten einer stimmigen Atmosphäre und überzeugender Charaktere geht. Obwohl alle drei Bücher aus der Reihe ihre Stärken haben, bleibt Howl’s Moving Castle daher unangefochten der Spitzenreiter, an den auch House of Many Ways leider nicht herankommt.