Zyklus: Bridge of D'Arnath@The

Son of Avonar von Carol BergSeri ist eine Dame aus einem der großen Adelshäuser von Leire, aber sie führt ein ärmliches und zurückgezogenes Leben in einem kleinen Dorf. Eines Tages findet sie einen nackten jungen Mann in der Wildnis, der nicht sprechen kann. Fast widerwillig kümmert sie sich um ihn, als sie erfährt, daß er gesucht wird – unter anderem von denselben Höflingen, die ihr einst großes Leid antaten. Sie ist vor Jahren für das schrecklichste Verbrechen bestraft worden: das Verstecken eines Zauberers.
Nach und nach erfährt sie mehr über ihren Schützling, seine Talente und seine Feinde – und statt ihn der Obrigkeit zu übergeben, schützt sie erneut einen Zauberer. Doch was es wirklich mit den magisch begabten Menschen auf sich hat, kann sie nicht annähernd erahnen.

-The dawn wind teased at my old red shawl as I scrambled up the last steep pitch of the crescent-shaped headland the villagers called Rif Paltarre – Poachers Ridge.-
Chapter 1

Bei Carol Bergs drittem Fantasy-Szenario hat sich im Vorfeld vor allem eine Frage gestellt: Hat sie es wieder getan? Die Antwort: Und ob! Wieder einmal sind sämtliche Hauptcharaktere zu Beginn der Handlung gebrochen, haben Schlimmes hinter sich und  sind mit dem Leben fertig – bis etwas in ihren Alltag dringt, das ihre Lebensgeister aufs neue weckt. Man erkennt deutlich, daß die Strukturen von Bergs Romanen große Parallelen aufweisen, und es bleibt auch nicht bei der standardisierten Ausgangssituation, die natürlich für die Charakter- und Plotentwicklung ganz andere Möglichkeiten bietet als ein junger Held an der Schwelle zum Erwachsenwerden.
Trotzdem ist Son of Avonar ein eigenständiger und durchaus mitreißender Roman geworden, der sich durch einen cleveren Aufbau in zwei Zeitebenen, die abwechselnd erzählt werden, wie am Schnürchen liest. Eine lebendige Welt und hervorragende Charaktere sind bei Berg garantiert, und was auch in dieser Reihe besonders hervorsticht, ist der extravagante Zugang zur Magie: Die klaren und stimmigen Formen, die sie in Bergs Welt annehmen kann, machen oft mehr her als der übliche “ich kann alles”-Zauberer der Fantasy.

Hauptfigur und Ich-Erzählerin Seri wächst einem schnell ans Herz, beeindruckt durch ihren scharfen Verstand und ihren Humor selbst in mißlichsten Lagen und handelt für den Leser immer nachvollziehbar, selbst wenn sie Fehler macht. In dem Handlungsstrang, der Seris Vergangenheit aufarbeitet (und dessen Ende durch die Gegenwartshandlung dem Leser bereits bekannt ist), steht weniger die Spannung als eine Liebesgeschichte im Vordergrund, deren Kitsch-Faktor sich durch Seris abgeklärte Erzählstimme in Grenzen hält.

Gegen Ende des Romans ist allerdings vieles vorhersehbar (besonders, wenn man schon einmal gelesen hat, welche Wendungen im Plot und den Figuren die Autorin gerne anbringt) – dennoch gelingt die ein oder andere Überraschung; und auch wenn sich manche Charaktere genauso entwickeln, wie man es erwartet hat, bleiben sie durch ihre einprägsame Ausgestaltung interessant. Zum Glück endet das Buch nicht mit einem Cliffhanger, obwohl auf Charakterebene einiges offen bleibt.
Nach wie vor gilt: Carol Berg ist die Autorin für die Kombination aus High Fantasy und tiefgreifender, schlüssiger Charaktergeschichte, allerdings wäre es schön, wenn sie sich mehr als nur Variationen desselben Themas zuwenden würde.

The Soul Weaver von Carol BergVier Jahre sind vergangen, seit Gerrick vor den drei Lords von Zhev’na gerettet wurde. Er lebt zusammen mit Seri in Leire, erholt sich aber nur sehr langsam von seinen traumatischen Erlebnissen. Karon dagegen ist in Gondai zurückgeblieben und führt sein Volk im Kampf gegen die Zhid. Nur selten hat er Zeit, Seri zu besuchen, und zu Gerrick findet er kaum einen Zugang.
Als endlich ein erfolgversprechender Plan gegen die Zhid geschmiedet wird, besucht Karon vor Freude überwältigt seine Familie. Kurze Zeit später läßt Verrat seine Pläne scheitern. Für Karon gibt es nur eine Antwort: Sein Sohn  ist immer noch an die finsteren Lords gebunden. Rachedürstig macht er sich nach Leire auf.

-My senses were deafened by Jayereth’s pain. Desperately I fought to maintain my control, to prevent her agony from confusing my purpose.-
Prologue: Karon

The Soul Weaver war ursprünglich als Abschlußband der D’Arnath-Reihe geplant, wird aber nun durch einen vierten Band fortgesetzt. Dennoch macht das Buch einen relativ runden Eindruck, und die meisten Handlungsstränge werden zum Abschluß gebracht.
Gegen die beiden mitreißenden Vorgänger fällt The Soul Weaver in einigen Bereichen leider ab. Im Mittelpunkt des Geschehens steht das turbulente und von Schicksalsschlägen getrübte Familienleben von Seri, Karon und Gerrick. Es gibt einige Schlüsselszenen der drei, die vor allem für diese mittlerweile wohlbekannten Charaktere viel zu pathetisch wirken. Seri ist zwischen ihrem Mann und ihrem Sohn hin- und hergerissen und verliert dadurch unter anderem die Entschlossenheit, die sie in den Vorgängern als treibende Kraft der Handlung ausgezeichnet hat. Auch Karon und Gerrick wirken manchmal unglaubwürdig und machen Entwicklungen durch, die eher von der Handlung erzwungen als schlüssig erscheinen.
An anderer Stelle brilliert Carol Berg dagegen wieder mit ihrem Talent für stimmige Charaktere – sie braucht wichtige Nebenfiguren wie den wunderaren Ven’dar nur eine halbe Seite lang einzuführen, und schon haben sie Persönlichkeit und nehmen den Leser emotional mit.

Das titelgebende Konzept des Soul Weaver wurde nicht so sehr ausgereizt, wie man sich das vielleicht gewünscht hätte. Es sorgt zwar für spannende Szenen und Überraschungen, auch mittels der verschiedenen Erzählperspektiven, die die Autorin in diesem Band wieder geschickt kombiniert, bleibt aber an der Oberfläche des Möglichen, wohingegen andere magische Erscheinungen viel Raum einnehmen, ohne einen komplett durchdacht oder verständlich wirkenden Hintergrund zu bekommen.
Daß die Geschichte dennoch überzeugt, liegt unter anderen an den Kleinigkeiten: Nebenfiguren, die man einfach mögen muß, Einzelszenen, die ans Herz gehen, Reinigungsrituale, die Lust auf Baden machen. Da möchte man fast, aber nur fast, über die Schwächen hinweglesen, kann sich aber auch angesichts des angehängten Folgebands des Eindrucks nicht erwehren, daß in diesem dritten von vier nicht ganz dünnen Büchern etwas viel Lärm um nichts gemacht wurde.