Zyklus: Landover

Cover des Buches "Königreich zu verkaufen" von Terry BrooksDer verzweifelte Chicagoer Anwalt Ben Holiday erhält ein seltsames Angebot: Für 1.000.000 Dollar kann er das magische Königreich Landover kaufen und dort ein neues Leben als König beginnen. Dort angekommen stellt sich jedoch schnell heraus, dass es in Landover nicht zum Besten steht. Nachdem 20 Jahre lang die Könige im Fluge wechselten, haben sich die Untertanen vom Thron entfremdet, den Mächtigen des Reiches ist der neue König bestenfalls gleichgültig, schlimmstenfalls würden sie ihn gerne tot sehen. Die Magie, die Landover belebte, schwindet. Kann der König rechtzeitig das Rätsel lösen, das den magischen  Verteidiger, den Paladin, Landovers umgibt?

-Landover: Reich der Magie, Reich der Abenteuer, Heimat von Rittern und Knappen, Drachen und Edelfräulein, Zauberern und Hexen.-
Ben: Aus der Annouce des Rosen Weihnachts-Wunschbuch

Das Königreich Landover ist nicht besonders groß, mit dem Pferd kann man es in wenigen Tagen durchreiten. Um das Königreich herum liegen die Elfennebel, die einen gefährlichen Raum bilden, der Tore zu anderen Welten bietet.

In Landover sind die politischen Verhältnisse einfach, denn es gibt nur vier Völker und zwei weitere mächtige Wesen. Die Herren des Grünlandes sind relativ langweilig. Eine menschliche Feudalgesellschaft mit Rittern und Bauern. Geben sie sich auch offen und ehrlich, so sind sie doch intrigant und machtgierig. Einst bildeten sie das militärische und wirtschaftliche Rückgrat, heute zerfleischen sie sich selbst und nehmen die Verschmutzung der Flüsse in Kauf. Die Elfen des Seelandes sind ein Sammelsurium von sonderbaren Wesen, kaum zwei gleichen einander. Die Exilanten aus den Elfennebeln sind zufrieden, wenn sie ruhig und abgeschieden vom Rest der Welt in ihren Wäldern und Gewässern leben können. Die Trolle vom Melchor sind wilde Bergarbeiter und Waffenschmiede. Bleiben die G’Heim Gnome (engl.: “G’Home Gnome!”), ein diebisches Pack rattengesichtiger Hunde- und Katzenfresser, die von überall fortgejagt werden. Die Hexe Nachtschatten ist die Herrin über den Tiefen Schlund und der Drache Strabo macht nicht nur das Königreich unsicher.
Magie ist der zentrale Faktor in Landover: die Blaubonnie-Bäume, die auch die Ärmsten ernähren können; Burg Silberstein, der Sitz des Thrones, ein magisches Wesen, welches seinen Bewohnern – so lange die Magie fließt – stets volle Vorratskammern und eine starke Feste bietet; die schönen Regenblumen und schließlich der magische, unbezwingbare Paladin… Aber die Magie schwindet unaufhörlich aus Landover.

Doch lebt diese von Brooks erschaffene Welt von seinen bunten Figuren: Da ist Questor Thews, der inkompetente Hofzauberer, der nur gelegentlich die Magie beherrscht; der bierernste Hofschreiber Abernathy, ein Zyniker, halb-Mensch, halb-Weizenterrier dank eines misslungenem Zaubers; Weide, die wunderschöne Sylphe, die sich gelegentlich in einen Baum verwandelt; der Drache Strabo, der sich über den menschlichen Mangel an Quellenkritik zu Geschichten über Drachen beschwert; dieses sind nur ein paar der grotesken, nahezu karikierenden Ansammlung von Romanfiguren.

Der Plot in Königreich zu verkaufen (Magic Kingdom for Sale – Sold) ist allerdings nicht wirklich neu: Der Held muss eine magische Queste bestehen um die Welt vor einer Horde Dämonen zu retten. Dem Autoren gelingt es aber mittels überraschender Wendungen, die Geschichte immer spannend zu halten. Der Form nach ist es deutlich ein Bildungsroman – es geht in der Geschichte um Ben Holiday, der einen Platz in Landover suchen muss. So liegt der Schwerpunkt auf dem zwar nicht übermäßig glaubwürdigen aber doch interessanten Charakter des Anwalts und seiner Entwicklung von einem verzweifelten, depressiven, der Alkoholsucht nahen Stadtmenschen, der den Tod seiner Frau nicht verwunden hat, zum König von Landover, der sein altes Leben zwar nicht vergisst, das neue aber Schritt für Schritt annimmt. Dazu gehört auch die gelungene und überraschende Auflösung um den Paladin.
Je weiter die anderen Charaktere von Holiday entfernt sind, desto oberflächlicher bleiben sie auch für den Leser. Es gibt bessere Bildungsromane (Voltaires Candide oder Goethes Wilhelm Meisters Lehrjahre), aber ein fantastischerer ist mir noch nicht untergekommen.
Interessant, aber leider nur angerissen, sind die Elemente der Umweltverschmutzung der Herren vom Grünland und die Parabel des Paladins als Krieg.

Cover des Buches "Das schwarze Einhorn" von Terry BrooksDrei seltsame Träume schicken Ben Holiday, den König des magischen Landes Landover, und seine Freunde auf Reisen. Ben besucht seinen alten Partner Miles in Chicago, Questor, der Hofzauberer, holt die verschollenen Zauberbücher und die Sylphe Weide sucht das schwarze Einhorn, von dem Legenden schlechtes zu berichten wissen. Doch die Träume sind ein Trick von Meeks, dem bösen Hexenmeister. So gelingt es ihm mit dem König zurück nach Landover zu gelangen. Dort verzaubert er sich und Ben, so dass Meeks wie der König erscheint und Ben wie ein Fremder. Wird es Ben rechtzeitig gelingen, den Trick, mittels dessen Meeks ihm seine Macht nahm, durchschauen?

-Das schwarze Einhorn tauchte aus den Morgennebeln, fast als sei es aus ihnen entstanden, und blickte über das Königreich Landover.-
Prolog

Die Welt dieser Geschichte ist dieselbe wie in Ein Königreich zu verkaufen, nur konzentriert sich der Autor in Das schwarze Einhorn (The Black Unicorn) noch stärker auf den Handlungsablauf, so dass kaum Platz für Neues ist und ein paar alte Dinge nur noch erwähnt werden, aber selber keine Rolle mehr spielen, wie die Herren des Grünlandes und die Trolle. Mit Ausnahme von Weide und ihrem Vater dem Flussherren, werden die bekannten Figuren auch nicht weiter entwickelt.
Neu hinzu kommt die Erdmutter, welche die Hüterin des Landes ist; vom Konzept her ähnlich wie Tom Bombadil, nur nicht so gelungen, und Edgewood Dirk. Dirk ist eine Prismenkatze, ein mächtiges und undurchschaubares Elfenwesen, das viele andere nervös werden lässt. Er begleitet Ben auf seiner Suche nach sich selbst mit Ratschlägen, die zwar immer den Kern treffen, aber selten verständlich sind. Dirk ist der wahre Star der Geschichte, selten ist mir ein so sonderbarer Charakter untergekommen. Bis zum Schluss bleibt er unberechenbar.

Die Story ist eigentlich recht einfach: Weide sucht das Einhorn, während Ben Weide und seine verlorene Macht sucht. Dazu werden verschiedene Stationen besucht, z.B. der Flussherr, der Tiefe Schlund, etc. Aber man gewinnt dennoch nicht den Eindruck, dass hier alte Geschichten wieder aufgewärmt werden, denn die Stationen werden gut begründet miteinander verknüpft.
Die Geschichte erinnert von der Form her stark an eine klassische Detektiv-Geschichte: Ein Verbrechen wird begangen (Meeks stiehlt Landover) von einem Schurken mit persönlichem Motiv (Meeks will Macht). Der Detektiv und sein Sidekick (Ben Holiday und Edgewood Dirk) müssen eine Reihe von Indizien sammeln um das Verbrechen aufklären zu können. Es gibt am Ende sogar eine Aufklärungsszene, in der die kompletten Vorgänge noch einmal aufgerollt werden.

War der erste Band aufgrund seiner grotesken Situationen humorvoll, so versucht der Autor hier neben den grotesken Szenen mit Edgewood Dirk zusätzlich mittels gewollter Komik einige Szenen aufzulockern – was meiner Meinung nach nicht besonders gut gelingt, aber auch nicht sonderlich störend wirkt.
Lesen lässt sich der zweite Band unabhängig vom ersten da alle wichtigen Ereignisse kurz rekapituliert werden. Allerdings geht dann ein wichtiger Hinweis leider verloren und die Entwicklungen der Charaktere (Ben, Weide und der Flussherr) fallen weniger stark ins Gewicht.

Mit der Bewertung habe ich mich dieses mal sehr schwer getan; auf der einen Seite enthält die Geschichte einige hervorragende Elemente – sie ist sehr spannend, man fühlt sich zum miträtseln regelrecht gedrängt, Edgewood Dirk ist großartig und die Auflösung halte ich ebenfalls für gelungen. Dass die Charaktere keine besondere Tiefe entwickeln stört mich hier nicht sonderlich, da in Detektiv-Geschichten so etwas nur ablenkt. Aber die Geschichte läuft etwas zu reibungslos ab, einiges ist zu konventionell und sprachlich sind manche Dinge ungelenk (der Sprachstil der Erdmutter). Letztlich meine ich aber, dass die positiven Elemente gerade beim ersten Lesen deutlich überwiegen.

Cover des Buches "Der verschenkte König" von Terry BrooksQuestor Thews, der unfähige Hofzauberer Landovers, findet einen Zauber, um den hundegestaltigen Hofschreiber Abernathy in einen Menschen zurück zu verwandeln. Doch dabei wird Abernathy samt dem Medallion, das dem König die Gewalt über den Verteidiger des Reiches verleiht, in die alte Welt des Königs Ben Holiday transportiert und gegen eine bunte Flasche mit einem bösen Dämon, dem Darkling, vertauscht. Während Ben und seine Freunde den G’heim Gnomen Filip und Sot, die die Flasche gestohlen und den Darkling befreit haben, hinterher jagen, muss Abernathy zu seinem Entsetzen feststellen, dass er bei Michel Ard Rhi, dem ehemaligen König von Landover, gelandet ist; denn einst hatte Questor Abernathy in einen Hund verwandelt, um ihn vor Michel zu verstecken…

-Ben Holiday seufzte müde und wünschte, er wäre woanders als dort, wo er gerade war.-
Niesen

Die Welt Landover ist immer noch dieselbe, wie im ersten Band und alle Bekannten treten wieder auf. Dieses Mal werden die Charaktere von Abernathy und Questor Thews etwas näher beleuchtet, doch leider bleiben sie recht maskenhaft.
Strabo, der Drache, soll einer der größten Feinde des Königs sein, doch die Rolle kann man ihm kaum mehr abkaufen. Kallendbor nimmt sich einiges heraus, ohne die Konsequenzen tragen zu müssen. Insgesamt sind die bekannten Elemente nicht um interessante Facetten bereichert worden und können ihre Rollen kaum glaubwürdig füllen.
Neue Elemente gibt es kaum, nur den Schattenwicht, der eine kleine Rolle spielt, und den Darkling. Diese beiden Gestalten sind aber durchaus gelungen – der erbärmliche Schattenwicht, der um weiter existieren zu können Leichenteile zusammenstehlen muss, lässt einen schon erschaudern. Auch die grausam-schönen Kunstwerke des Darklings haben viel Potential – leider nutzt der Autor dieses nicht voll aus.
Die in unserer Welt angesiedelten Charaktere gelingen allesamt besser, treten aber nur kurz auf; Michel Ard Rhi allerdings wird so aufgrund der nebulösen Ferne zu einer interessanten Figur.

Die Geschichte lässt sich vielleicht am besten als Mischung aus urbaner Abenteuergeschichte und klassischer Fantasy-Queste beschreiben. In Landover wird dem Darkling nachgejagt und die bekannten Charaktere abgeklappert. Einige der Verknüpfungen wirken dabei etwas zu konstruiert, als wenn es nur darum ginge, den Charakter auftreten zu lassen; aber glaubwürdig sind sie dennoch. Questors Magie ist leicht störend: Sie schwankt zwischen Slapstick und Lebensrettung, aber fast immer so, dass es die Geschichte voran treibt – nur an einer Stelle verkompliziert sie die Geschichte; diese Stelle ist aber wirklich gelungen. Schade, das es nicht mehr davon gibt.

Im Strang in den USA gilt es Abernathy nach Virginia zu lotsen, damit er nach Landover zurückkehren kann. Alles in allem durchaus gelungen, aber auch kein Meisterwerk. Es lässt sich gut lesen, es tauchen keine Ärgernisse auf, aber leider auch keine überragenden Einfälle.

Auch wenn der Autor versucht humorvoller zu sein als in den vorigen Geschichten, sind mir die auflockernden Slapstick-Szenen zu albern. Sprachlich sind wieder einmal einige der fantastischen Wesen etwas unangemessen: “Und wen nennt Ihr ‘alt’? Ihr seid selbst ein halbes Fossil!” So der Drache Strabo.

Wie alle Teile des Zyklus, so lässt sich auch Der verschenkte König (Wizard at Large) als eigenständiger lesen, da alle wichtigen Zusammenhänge kurz erläutert werden. Es fehlt dann eventuell nur etwas Tiefe.

Cover von Hexenzauber von Terry BrooksRydall, der König von Marnhull, fordert Ben Holiday, der König von Landover ist, zu einem Kampf um Landover auf. Ben und seine Frau Willow entschließen sich dazu ihre Tochter Mistaya zusammen mit dem Hofzauberer Questor Thews und dem hundegestaltigen Abernathy zu Willows Vater, dem Flußherren, zu schicken. Doch unterwegs überfällt Nightshade die Reisenden und entführt Mistaya, während Questor und Abernathy in Bens alte Welt gelangen. Rydall entpuppt sich als Handlanger Nightshades: Er behauptet Mistaya in seiner Gewalt zu haben und zwingt so Ben dazu gegen seine Kämpfer anzutreten. Sollte es Bens Kämpen, dem Paladin, gelingen, alle sieben zu besiegen, so würde Rydall abziehen und Mistaya freilassen, wenn nicht…

-Eine Krähe mit roten Augen saß auf einem Ast in der gewaltigen, alten Eiche – dort, wo das Laub am dichtesten war – und blickte zu den Menschen hinab, die sich auf der sonnigen Lichtung zu einem Picknick versammelt hatten.-
Mistaya

Familie Holiday hat Nachwuchs bekommen: Tochter Mistaya erweitet den Kreis der üblichen Verdächtigen, außerdem kommen noch Rydall und Poggwydd, ein G’Heim Gnom, hinzu. Seine Rolle ist zwar ähnlich wie die von Filip und Sot, nämlich die Situation mit etwas Humor aufzulockern, aber deutlich weniger albern und dafür tragischer. Ein netter Ansatz, wenn auch nur in engen Grenzen ausgeschöpft.
Mistaya ist ein eigenartiges Wesen und schwer zu beurteilen – sicher, sie gibt kein glaubwürdiges Menschenkind ab, aber sie ist auch als Schote auf die Welt gekommen, wer das akzeptieren kann, kann (vielleicht) auch den Rest akzeptieren.
Mit Mistaya soll wohl das Erwachsenwerden und die Versuchung (durch den Teufel, die Dunkle Seite der Macht, Willenschwäche, oder welches Konzept auch immer der Leser dafür verantwortlich macht, wenn er sich nicht so verhält, wie er es sollte) thematisiert werden. Da die Versuchung aber nicht plastisch genug ist, bleibt dieses Unterfangen eher oberflächlich.
Nightshade (früher: Nachtschatten) ist dieses Mal ebenfalls eine zentrale Gestalt. Schön ist das Kapitel “Nightshades Geschichte” in dem sie Mistaya diese erzählt und damit Einblick in ihren Charakter gewährt, aber leider bleibt es dabei und so erhält man den Eindruck, der reduzierte Charakter der Wirrkästchen-Episode (vgl. Das Zauberlabyrinth) sei komplexer.
Ben Holiday ist die dritte zentrale Figur, doch hier ergibt sich wenig; es wird häufig erwähnt, daß der Paladin Ben brutalisiere, doch es scheint eher, als ob Ben den Paladin zivilisiere.

Generell läßt sich über die Charaktere sagen, daß Brooks beginnt, ihnen mehr Tiefe zu verleihen, sie aber immer eindimensional und vorhersehbar handeln läßt. Die aufgezeigten Schwächen bleiben immer ohne Wirkung.

Die Geschichte ist der Form nach an eine Queste angelehnt, verbunden mit Nightshades Rachefeldzug und den Versuchungen Mistayas und Abernathys. Insgesamt eher durchschnittlich, weder sind die Episoden besonders originell, noch handwerklich gut gelungen, stellenweise nicht einmal zur Gänze einleuchtend.
Einzig der Schreibstil Brooks hat sich etwas verbessert; die eigenartigen alltagssprachlichen Einwürfe bleiben zwar aus, aber ein Sprachmagier ist er immer noch nicht geworden.
Bemerkenswert ist noch das beinahe komplette Ausbleiben des Slapstick-Humors. Questors Zaubersprüche gelingen beinahe immer und scheitern nie auf alberne oder groteske Weise. Auch Poggwydds Auftritt ist erheblich ernster als die von Filip und Sot.
Die Übersetzung weist etliche Flüchtigkeitsfehler auf; da wird aus einer Anwesenheit eine Abwesenheit (S. 61) oder aus der Erdmutter eine Erbmutter (S. 97) etc. Die Namen werden wie im Zauberlabyrinth ‘übersetzt’ mit Ausnahme von Elderew, welches jetzt wieder Eldero (wie auf der Karte) heißt.
Hexenzauber ist zwar etwas besser als der direkte Vorgänger, aber weit von Königreich zu verkaufen oder Das schwarze Einhorn entfernt.