Zyklus: Im Reich des Feuervogels

Der scharlachrote Turm von Mathieu GaboritDer junge Januel, über dessen Kindheit niemand redet, dient im Orden der Phöniken als begabter Schüler. Der Orden betreut die Phönixe, eine von vielen verschiedenen Spezies von mythischen Wesen, die auf der Well`t beheimatet sind. Während die Drachen, Greifen, Einhörner und anderen jeweils mit einem bestimmten Reich der Well`t verbunden sind, sind die Phöniken frei und geraten deshalb ins Visier von Machtkämpfen der anderen Orden und Reiche. Als Januel die ehrenvolle Aufgabe, den kaiserlichen Phönix wiederzuerwecken, zugewiesen wird, zeichnet sich eine Katastrophe ab: Das Aas – das Reich der Toten – plant die Übernahme der Well`t und versucht dazu, die Orden und Reiche ins Chaos zu stürzen.

-Das letzte Tageslicht tauchte den Horizont in ein glutrotes Licht. Das Kind betrachtete wehmütig die sterbende Feuersglut.-
Prolog

Fantasy aus Frankreich bekommt man nun nicht alle Tage zu lesen, um so spannender ist es, wenn hin und wieder auch ein Roman aus dem Land der Comics auf den deutschen Fantasy-Markt schwappt. In diesem Fall jedoch erwartet den Leser im ersten Band der Trilogie Im Reich des Feuervogels kaum etwas allzu besonderes: Der junge noble Held, dessen einzige Schattenseite seine mysteriöse Vergangenheit ist, wird vom Schicksal gebeutelt und kann sich dadurch prächtig vom Jungen zum Mann entwickeln, aber auf dieser Schiene tut sich im Auftaktband noch nicht viel. Auch der Rest des Personals liest sich wie die Standard-Besetzung in einem Rollenspiel-Roman (darum handelt es sich allerdings bei Der scharlachrote Turm (Cœur de Phénix) nicht): Ein weiser, gütiger Lehrmeister, eine gutaussehende, schlagkräftige und toughe Söldnerin, ein rachdürstiger, intriganter Oberpriester.
Die richtigen Bösen, bezeichnenderweise als »das Aas« geführt, sind natürlich nicht nur fies, sondern auch eklig, komplett mit Würmern und herabfallenden Körperteilen. Eindringliche Beschreibungen, so daß es einem kalt den Rücken herunterlaufen würde, gehören aber nicht zum Repertoire des Autors.

Bei seiner Welt oder vielmehr Well`t hat Gaborit ein wenig tiefer in die Wunderkiste gegriffen und setzt auf die Fealen, eine ganze Handvoll der bekanntesten Fabeltiere, die die Geschichte und Kultur der Well`t geprägt haben. Am meisten erfährt man diesebezüglich natürlich über die Phönixe – und die weltschöpferische Detailarbeit daran ist zwar nicht unbedingt schlecht, aber trotz der ungewöhnlichen Idee der festen Einbdindung der Fabeltiere entwickelt sich daraus sehr wenig Eigenes; allerhöchstens eine etwas buntere Variante des eher mittelmäßigen Standard-Fantasy-Settings.
Zusätzlich erschwert die sprachliche Ausführung den Lesegenuß, und vor allem am Anfang sorgen Formulierungen wie »eine Art Countdown der Nacht« oder »um dieses Handicap auszugleichen« für Verwirrung bezüglich der Zeit, die der Autor gerne darstellen möchte – man muß damit leben, daß diese Verquickung von flapsiger, moderner (Anglizismen-)Sprache und mittelalterlicher Welt wohl ernst gemeint ist.

Als Januel dann durch eine Intrige zur Flucht gezwungen wird, kommt der action- und spannungsreiche Teil des Romans. Fans von schneller, leichter Abenteuer-Fantasy kommen also durchaus noch auf ihre Kosten, besonderen Tiefgang entwickelt das Ganze aber nicht. Letztendlich macht es also nicht allzu viel Unterschied, ob man einen französischen Gaborit oder einen amerikanischen Salvatore liest; von Actionfantasy erwartet sich wohl die ganze Well`t dasselbe Schema …