Rezensent: Calavera

Cover von The Briar King von Greg KeyesVor rund 2000 Jahren konnten sich die Vorfahren der heutigen Bewohner der Kingdoms of Thorn and Bone mithilfe von Genia Dare, der “Born Queen”, aus der Sklaverei der Skasloi-Lords befreien. Doch der Frieden, den das Zeitalter von Everon den Menschen brachte, ist in Gefahr:
Nicht nur der aufkeimende Konflikt zwischen den Königreichen von Hansa und Crotheny, sondern auch eine im Königswald von Crotheny aufwachende, uralte Macht werfen ihre Schatten voraus. Aspar White, der Beschützer des königlichen Waldes, Stephen Darigde, ein junger Priester, Neil MagVren, ein Knappe, Anne, die junge Tochter des Königs, sowie der König selbst werden als Hauptakteure in diesen Konflikt hineingezogen.

-Aspar White smelled murder. Its scent was like a handful of autumn leaves, crisped by the first frost and crusted in the palm.-
The Holter

Ein abschließendes Urteil über The Briar King (Der Dornenkönig) zu fällen, ist schwer. Zum einen stellt es nun einmal nur den ersten Band einer vierteiligen Reihe dar, sodass man nur begrenzt abschätzen kann, wie gut und stimmig die Geschichte und die Welt, in der sie spielt, aufgebaut sind.
Zum anderen weist auch dieser erste Teil Schwankungen in der Qualität auf. Auf den ersten Blick sieht die Geschichte nach einem Standard-Weltuntergangs-Setting aus, in dem dann der Held oder die Helden zur Rettung aller im allerletzten Moment das Ruder herumreißen. Das muss an sich nicht schlecht sein. Schließlich gibt es nicht unendlich viele Möglichkeiten, eine spannende Geschichte zu schreiben, und man muss das Rad ja nicht neu erfinden. Außerdem lassen einige Details die Möglichkeit offen, dass der Verlauf vielleicht nicht ganz so vorhersehbar sein könnte, wie es scheint.
Die Handlung hat also durchaus Potential und auch die Sprache des Autors vermag es zu fesseln. Allerdings nicht durchgehend. Keyes lässt nämlich sich und seinen Figuren teilweise recht viel Zeit und treibt die Story nur gemächlich vorwärts. Wenn es dann jedoch spannend wird, bricht er die Handlung teilweise recht unvermittelt mit einem Kapitelende ab. Da aufeinander folgende Kapitel fast nie den gleichen Charakter als Hauptperson haben, findet sich der Leser also auf einmal in einem Handlungsstrang wieder, der zwar nicht uninteressant ist, aber dem Vergleich mit der gerade gesteigerten Spannung im anderen Handlungsstrang nicht gewachsen ist. Erschwerend kommt hinzu, dass bei der Rückkehr zu einer der Personen in brenzliger Situation diese eventuell schon längst vorbei ist. So kommt es des Öfteren vor, dass interessante Ereignisse, über die man zu lesen hoffte, nur kurz und indirekt in Form von Rückblicken, die in die Geschichte integriert sind, beschrieben werden. Hier verschenkt Keyes einiges an Möglichkeiten.
Doch trotz all dieser Störungen des Leseflusses schafft er es, viele seiner Figuren glaubhaft und sympathisch mit Leben zu füllen. Manche ein wenig klischeehaft, aber dann oft mit einem Augenzwinkern versehen, ohne dass sie ihre Glaubwürdigkeit verlieren würden. Auch die Welt, mit wenig offensichtlicher, jedoch einiger verborgener Magie kann in der Regel überzeugen. Wenn es also auch nicht der ganz große Wurf ist, so ist Greg Keyes doch zumindest ein gut vorzeigbares Werk gelungen.

The Charnel Prince von Greg KeyesIn einem Land, in dem mehr und mehr unheimliche Dinge geschehen und Monster wandeln, verfolgen die Protagonisten ihre lose miteinander verknüpften Ziele.
Anna und Austra bemühen sich um ihre Rückkehr nach Eslen und werden aus dem gleichen Grund von Neil gesucht. Aspar, Stephan und Winna sind im Auftrag der Kirche unterwegs, während der Königin mehr und mehr die Kontrolle über das Königreich entgleitet. Ein neuer Handlungsstrang um den naiven Komponisten Leoff zeigt die Ereignisse am Hof aus einer anderen Perspektive und geht wie alle anderen einem fulminanten Ende entgegen.

-Neil MeqVren rode with his queen down a dark street in the city of the dead.-
Chapter 1 – The Night

Mit The Charnel Prince (Die Rückkehr der Königin) setzt Greg Keyes seine Reihe auf gleichbleibend gutem Niveau fort. Die Stärken und Schwächen des Buches entsprechen denen des ersten Bands. Die Geschichte ist mitreißend und spannend geschrieben, aber teilweise belastet die Art der Wechsel im Handlungsstrang den Lesefluss. Inhaltlich zeigt sich, dass tatsächlich bei weitem nicht alles so ist, wie es scheint. Keyes lässt seine Charaktere und Leser oft und lange im Unklaren über die Motivation und Hintergründe anderer Personen, so dass immer wieder interessante Wendungen die Story und den Leser in neue (Gedanken-)Bahnen lenken.
Auch von der Spannung und Atmosphäre her legt dieser Band eher noch ein wenig zu, auch wenn ich von Zeit zu Zeit das Gefühl bekam, dass Keyes ein wenig zu dick aufträgt und die Glaubwürdigkeit der Geschichte strapaziert.

Besonders hervorgehoben sei noch, dass Hintergrundinformationen aus dem ersten Band immer dann geschickt in die Geschichte eingebunden werden, wenn sie zum Verständnis notwendig sind, so dass auch Quereinsteiger oder Leser, die die Bände in großem Abstand lesen, nicht völlig hilflos sind. Wie schon der erste Band bietet auch The Charnel Prince ein relativ abgeschlossenes Ende, so dass man nicht verzweifeln muss, wenn der nächste Band noch nicht zur Hand ist. Einziger echter Negativpunkt ist, dass man teilweise die online verfügbare Karte im Buch sehr vermisst.

Shadowplay von Tad WilliamsEine scheinbar unaufhaltsame, riesige Elbenarmee überschreitet die Schattengrenze. Als Barrick in die Hände der Feinde fällt, ist Briony gezwungen, aus der Südmarkfeste zu fliehen. Andernorts flieht auch die ehemalige Novizin des Bienentempels Qinnitan mit dem stummen Jungen Pigeon aus dem Harem des Autarchen. Auf einem Schiff gelangen sie nach Hierosol, wo das Mädchen als 100. Ehefrau des Monarchen von Xis erkannt wird. Während sie und Pigeon eine neue Unterkunft finden, schickt der Monarch einen Auftragsmörder los, um Qinnitan zu beseitigen.
Viele Schicksale stehen auf dem Spiel, und überall lauert der Verrat.

-The older ones in the household had hunted the missing boy for an hour without result, but his sister knew where to look.-
Prelude

Shadowplay (Das Spiel) schließt lückenlos an den ersten Teil der Reihe an und berichtet sowohl vom Schicksal der aus Southmarch Vertriebenen als auch derjenigen, welche sich immer noch dort aufhalten. Neben dem Schwerpunkt von Brionys Flucht und Barricks und Vansens Erkundung des Feenlands werden in vielen Handlungssträngen die Schicksale von bereits bekannten und ein paar bisher unbekannten Personen beschrieben. So erfährt der Leser zum Beispiel etwas vom Schicksal König Olins, während er nach wie vor auch über Chert und Qinnitan auf dem Laufenden bleibt.

Meine Meinung zu dem Buch ist ziemlich gespalten. Zum einen vermag es Tad Williams natürlich zu erzählen, was er auch mit diesem Buch wieder beweist. Zum anderen gibt es aber auch eine Reihe von Kritikpunkten, die den Gesamteindruck trüben. Beginnen wir mit den positiven Aspekten:

Tad Williams Stil vermittelt einem die Welt, die er beschreibt, und die Figuren in ihr sehr gut, so dass man keine Probleme damit hat, schnell wieder in die Geschichte einzusteigen. Auch sind einem eigentlich alle Charaktere recht sympathisch oder wenn sie es einmal nicht sind, so doch zumindest interessant.
Nachdem die Grundvoraussetzungen für ein gutes Buch erfüllt sind, kommen jedoch die Schwachstellen im Detail zum Vorschein. So weist auch dieses Buch eine etwas geruhsame Geschwindigkeit der Handlung auf. Für deutlich über 600 Seiten ist am Ende des Buches rückblickend nicht sehr viel geschehen. Insgesamt wirkt die Handlung zwar etwas schneller als beim ersten Teil, letztlich wird aber auch in Shadowplay sehr viel geredet und angedeutet, aber wenig geschieht wirklich. Das liegt sicherlich auch an der sehr großen Zahl von Figuren, die Williams auftauchen lässt. Dabei nutzt er sie aber nicht als eine Art Stein in einem großen Mosaik, sondern behandelt jeden einzelnen wie den Hauptcharakter einer eigenen Geschichte, was den Fluss des Buches logischerweise bremst.

Neben der lahmenden Geschwindigkeit sind die zahlreichen Klischees ein großer Kritikpunkt. Man hat das Gefühl, als habe Williams von allerlei Geschichten, die ihm gefallen haben, Schnipsel genommen und sie zu seiner eigenen Geschichte verknüpft. Dadurch folgt die Handlung leider viel zu sehr ausgetretenen Pfaden. Hier eine Weissagung, dort ein Orakel und am Ende werden sie wahrscheinlich alle Recht haben. Man bleibt jedoch im Unklaren und wünscht sich regelmäßig, es würde sich endlich etwas Konkretes ergeben. Auch in anderen Punkten ist die Handlung ebenso festgefahren: Die Bösen sind natürlich böse und die Guten müssen leiden. Stirbt jemand, wird vorher deutlich mit einem bunten Strauß Zaunpfähle gewunken, so dass es sogar die betroffene Figur selbst merkt und zum Glück noch notwendige Vorkehrungen für ihre Begleiter treffen kann. Manches fügt sich entschieden zu glatt ineinander ein, mit teils recht weit hergeholten Erklärungen. Aber schließlich folgt die Geschichte ja einer oder mehrerer Prophezeiungen. Als abschließenden und besonders störenden Punkt empfinde ich übrigens die Tatsache, dass Williams jeden (wirklich JEDEN) Handlungsstrang mit einem Cliffhanger enden lässt.

Was Shadowplay letztlich aber doch nicht ganz verkommen lässt, ist Williams ansprechender Schreibstil. Dieser tröstet über die teils sehr störenden Kritikpunkte hinweg und macht das Buch doch noch unterhaltsam.