Moskau, Ende der achtziger Jahre, zur Zeit der Perestroika. Der junge Schriftsteller Jakuschkin ist frustriert: Niemand will seinen Roman veröffentlichen. Als Jakuschkin feststellt, daß der Dramaturg Sutenewski ihm sein Manuskript ungelesen zurückgegeben hat, obwohl er dreist behauptet, es gelesen zu haben, platzt dem Schriftsteller der Kragen. Im Haus der Literaten haut Jakuschkin Sutenewski die Mappe mit dem Roman über den Kopf. Daraufhin wird er festgenommen. Da naht unerwartet Hilfe. Jakuschkin schließt einen Pakt mit dem Teufel. Der erfolglose Autor verbrennt sein komplettes Manuskript und dafür wird eine seiner Romanfiguren lebendig. Kusja, das Kaninchen, treibt fortan in Moskau sein Unwesen. Jeder, der von ihm in den Finger gebissen wird, erforscht sein Gewissen und erzählt in aller Öffentlichkeit von den Schandtaten, die er in seinem Leben begangen hat. Das hat katastrophale Folgen.
– Vor Moskaus bedeutendstem Theater, das im ganzen Land und sogar über die Landesgrenzen hinaus bekannt ist, tauchte eines Abends um acht oder, um genauer zu sein, um 19.45 Uhr ein junger Mann auf.-
1. Kapitel Jakuschkin, die Zerberuska und so manch anderer
Der Untertitel des Buches lautet “Ein Roman um Bulgakows Der Meister und Margarita” und so muß der Literaturkenner nicht lange überlegen, wo er ähnliches schon einmal gelesen hat. Die Personen, die Moskau ins Chaos stürzen, sind dieselben wie in Bulgakows Roman: Der Teufel, der sich Voland nennt und seine Gehilfen, Kater Behemoth, Korowjew und Asasello. Auch vieles andere kommt dem Leser bekannt vor: Das Treffen an den Patriarchenteichen, der Roman im Roman, der Ritt auf dem Hexenbesen, der Silvesterball und der große Auftritt Volands, der diesmal nicht im Theater, sondern im Kreml stattfindet, wo der Teufel wieder zahllose wertlose Geldscheine unter den Anwesenden verteilt. Nur die Zeit ist eine andere. Witali Rutschinski nimmt mit seiner gelungenen Satire Gorbatschows Rußland aufs Korn, in dem es nicht weniger korrupt zugeht als in der von Stalin regierten Sowjetunion und das offensichtlich nicht viel anders ist als das zaristische Rußland, denn die Aufständischen der Oktoberrevolution revoltieren munter weiter, als sie durch einen Zeitspalt in die Gegenwart geraten. Rutschinski spottet auf höchst amüsante Weise über Moskaus Kulturbetrieb, über die Rivalitäten zwischen Miliz und Geheimdienst, über die herrschende Kaste, über russische Naturwissenschaftler und über deutsche Wirtschaftsberater. Teufels Werke (Woswraschtschenije Wolanda, ili Nowaja djawoliada) wäre ein perfekter Roman, dem fünf Sternchen gebührten, wenn es nicht das große Vorbild gäbe, dem er nacheifert. Der Meister und Margarita ist ein geniales Werk. Rutschinski gelingt es in seiner Hommage daran nicht, dem Original etwas Neues hinzuzufügen, das über Bulgakows Roman hinausweist. Er nutzt “nur” den Vorteil der vergangenen Zeit, der es ihm ermöglicht z.B. den Silvesterball, der diesmal den Tyrannen gewidmet ist, hervorragend in Szene zu setzen und der natürlich auch dafür sorgt, daß Rutschinski sich über das im Umbruch befindliche Rußland lustig machen kann. Er ist ein ausgezeichneter Epigone – aber nicht mehr.
Man muß Der Meister und Margarita nicht gelesen haben, um Teufels Werke zu verstehen, doch steigert es das Lesevergnügen, wenn man mit dem Original vertraut ist.