Autor: Brust@Steven

Cover von Athyra von Steven BrustEs ist ein aufregender Tag für den Bauernjungen Savn, der von Meister Wack zum Medikus ausgebildet wird. Zaum, ein Bewohner des Dorfes, der als Lieferant auch für den Baron Looran gearbeitet hat, wird tot aufgefunden. Im Dorf glauben alle, daß Zaum ermordet wurde, obwohl Meister Wack die Todesursache nicht feststellen kann. Auch ein Verdächtiger ist schnell gefunden: der am selben Tag ins Dorf gekommene Ostländer Vlad Taltos. Er hatte vor einiger Zeit zusammen mit Zaum eine unerfreuliche Begegnung mit dem Baron und nun hat Looran ihn in das Dorf der Leinbauern gelockt, um mit ihm ebenso abzurechnen wie mit Zaum, das erzählt Vlad jedenfalls Savn. Savn weiß nicht so recht, was er glauben soll. Vielleicht ist Vlad doch Zaums Mörder? Aber als Vlad seine Hilfe braucht, ist Savn zur Stelle.

-Savn war der erste, der ihn sah, und übrigens auch der erste, der die Vorboten sah. Die Vorboten benahmen sich, wie sie es immer tun: sie wurden erst erkannt, nachdem etwas passiert war. Als Savn sie erblickte, sprach er nur seine Schwester Polinice an. Er sagte: “Der Sommer ist fast vorbei; die Jheregs paaren sich schon.”-
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Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Phönix (Phoenix) ist Athyra deutlich schwächer. Das soll keineswegs heißen, daß dieses Buch schlecht ist, aber die Erwartungen des Lesers werden enttäuscht. Athyra scheint eher ein Entwicklungsroman über den Bauernjungen Savn zu sein, als die spannende Schilderung eines neuen Abenteuers des Auftragsmörders Vlad Taltos. Es wird viel philosophiert in diesem Roman. Vlad und Savn erörtern die uralte Frage “Was ist Wahrheit”, sie sprechen über den Unterschied zwischen Kriegern und Soldaten, über Selbstbewußtsein und darüber, wie man seine eigenen Grenzen überwindet. Das ist zwar alles ganz interessant, aber je länger man darauf wartet, daß die Geschichte endlich in Fahrt kommt, um so mehr verliert man die Lust, den beiden bei ihren philosophischen Erörterungen zu folgen. Allerdings ist Vlad meistens eher wortkarg, es kommt häufig zu Dialogen, die klingen als stammten sie aus einem Western: Savn frag Vlad: “Hast du wirklich Leute getötet?” “Ja.” “Das ist bestimmt gruselig.” “Nur, wenn sie mich finden.” “Suchen sie denn noch nach dir?” “Oh, ja.” “Glaubst du, sie finden dich?” “Ich hoffe nicht.” “Was hast du denn getan?” “Ich bin fortgegangen.” “Nein, ich meine, warum wollen die dich töten?” “Ich habe einige Geschäftspartner verärgert.” “Was für ein Geschäft hattest du denn?” “Dies und das.” “Oh.” Man ist von Vlad ja eine lakonische Redeweise und trockenen Humor gewohnt, aber auch wenn er ab und an bei den Gesprächen seine Ironie durchscheinen läßt, fehlt es diesen Dialogen an Komik. Der ganze Roman ist weit weniger humorvoll geschrieben als Phönix und leider wurde der fehlende Humor nicht durch Spannung und Action ausgeglichen. Statt dessen führt Vlad Savn und den Leser in eine Technik ein, die eine Mischung aus autogenem Training, Selbsthypnose und Meditation ist und man erfährt einiges über alte Heilmethoden und zwar auf eine Weise, die einen tiefe Dankbarkeit für die Segnungen der heutigen Apparatemedizin empfinden läßt.
Der finale Showdown wird routiniert abgewickelt. Falls Steven Brust sich von dem Etikett “Fun-tasy” befreien wollte, dann hat er sein Ziel erreicht, aber der Sprung in die “ernste” Fantasy ist ihm mit diesem Buch nicht so recht gelungen. Da Vlad und Savn eine engere Bindung eingehen, könnte es aber auch sein, daß Brust Athyra nur geschrieben hat, um Savn als neue Figur einzuführen und man hoffen darf, daß das nächste Abenteuer der beiden wieder witziger und spannender wird. Der folgende Band wird es zeigen…

Cover des Buches "Phönix" von Steven BrustVlad sitzt im Keller eines Holzgebäudes in Süd-Adrilankha und versucht, nicht von drei finsteren Kerlen, die er nicht einmal sehen kann, umgebracht zu werden. In dieser ausweglosen Lage schickt er ein Stoßgebet zu seiner Schutzgöttin Verra – und wird erhört. Diese hat diesen Überfall nur inszeniert, um Vlad einen Auftrag erteilen zu können. Er soll König Haro auf der Insel Grünewehr ermorden. Zwar ist die Insel vor Zauberei geschützt, aber trotzdem ist der Auftrag für einen Berufsmörder nicht besonders schwierig auszuführen. Dumm nur, dass Vlad bei der Auftragserledigung über einen mysteriösen Trommler stolpert und sich nun beide in Gefangenschaft befinden. Ungefähr zur gleichen Zeit wird Vlads Frau Cawti in der Heimat als Rebellin verhaftet.

-Ständig fragen die Leute mich: “Vlad, wie machst du das? Warum bist du so gut darin, Leute umzubringen? Was ist dein Geheimnis?” Ich antworte: “Es gibt kein Geheimnis. Das ist genauso wie alles andere auch. Manche verputzen Wände, andere machen Schuhe, ich lege Leute um. Man muß eben sein Handwerk erlernen und üben, bis man gut genug ist.”-
Prolog

Die Stärke dieses Buches ist der Ich-Erzähler Vlad Taltos, der seine Abenteuer mit trockenem, lakonischem Humor zum Besten gibt, dabei aber nie albern wird oder in Gefahr gerät, im Klamauk zu enden. Für Komik sorgt auch Vlads Helfer Loiosh, ein kleiner Flugdrache, dessen Benehmen Ähnlichkeit mit dem der tierischen kleinen Helfer der Helden in den Disneyfilmen aufweist, die meist von Otto synchronisiert werden.
Außerdem gibt es Vlads Frau Cawti, mit der er sich zwar gerade nicht allzu gut versteht.  Trotzdem möchte er nicht, dass sie im Imperialen Gefängnis eingekerkert bleibt. Cawti allerdings möchte das schon – obwohl sie begnadigt wurde, weigert sie sich strikt das Gefängnis zu verlassen, so lange ihre Freunde nicht ebenfalls freigelassen werden. Sture Ehefrauen können ein richtiges Problem sein, da spielt es dann auch keine größere Rolle mehr, dass jemand ein Kopfgeld auf Vlad ausgesetzt hat und er Gefahr läuft, selbst ermordet zu werden.

Da wir gerade über Familienangehörige sprechen: Großväter stellen ein weiteres Problem dar. Vlads Großvater findet den Beruf seines Enkels überhaupt nicht gut. Seit Vlad das weiß, plagt ihn das schlechte Gewissen, weil er sich bezahlen lässt, um Menschen das Leben zu nehmen und vor dem Mord an Haro bekommt er eine moralische Krise.
Das ist alles überhaupt nicht witzig!
Komisch ist es allerdings schon und so wird glücklicherweise verhindert, dass Vlad Taltos der erste Auftragsmörder der Literatur ist, über dessen Schicksal der Leser vor Mitleid in Tränen ausbricht, was politisch überaus inkorrekt wäre.

Aber Phönix (Phoenix) bietet noch mehr als trockenen Humor, es bietet auch Lebenshilfe.
Haben Sie sich schon einmal klar gemacht, auf wie viele verschiedene Arten Sie sterben können? Vlad erzählt davon: Jedes einzelne ihrer lebenswichtigen Organe kann auf hundert verschiedene Arten versagen, unzählige Krankheiten warten darauf, Ihnen den Garaus zu machen, sie können von Tieren gerissen werden, sie können das Opfer von Naturkatastrophen werden, kleine Missgeschicke, tragische Unfälle lauern bei jedem Schritt, den Sie machen und haben Sie eine Ahnung, wie viele Menschen es darauf abgesehen haben, Sie absichtlich um die Ecke zu bringen…

Wie alt sind Sie? Siebzehn, achtundzwanzig oder sogar schon über vierzig und Sie leben noch???? Wenn Sie diesen Abschnitt des Buches gelesen haben, dann werden Sie nie wieder morgens muffelig im Bett liegen und den Tag verfluchen, weil Sie einer langweiligen Arbeit unter einem miesen Chef nachgehen müssen. Sie werden fröhlich aus dem Bett springen, das Fenster aufreißen, den Tag begrüßen und glücklich sein, dass Sie LEBEN. Was kann man von einem Buch mehr verlangen???

P.S. Spannend ist Phönix natürlich auch. Sie werden nie darauf kommen, welches Geheimnis sich hinter dem Trommler verbirgt.