Bibliotheka Phantastika gratuliert Richard Monaco, der heute 75 Jahre alt wird. Dem am 23. April 1940 in New York City geborenen Komponisten, Dichter, Literatur- und Filmkritiker, Drehbuchautor, Dramatiker, zeitweiligen Literaturagenten und last but not least Romancier Richard Monaco ist etwas höchst Ungewöhnliches gelungen, denn zwei seiner Fantasyromane – genauer: der erste und dritte Band der Saga of Parsival – wurden für den Pulitzer-Preis nominiert. Dennoch dauerte sein erster Ausflug in die Fantasy gerade einmal zehn Jahre, und auch wenn er seit etwa drei Jahren wieder im Bereich der Genreliteratur aktiv ist, musste oder wollte er den neuesten Beitrag zu seiner Saga of Parsival 2012 bei Lulu.com selbst verlegen, was darauf hindeutet, dass die entsprechende angloamerikanische Leserschaft ihn inzwischen ziemlich vergessen hat (und hierzulande dürfte man sich trotz dreier Veröffentlichungen in den 80er Jahren erst recht kaum noch an ihn erinnern).
In Parsival, or A Knight’s Tale (1977) erzählt Richard Monaco – angelehnt an den Parzival Wolfram von Eschenbachs und die Queste del Saint Graal aus dem altfranzösischen Vulgata-Zyklus – die Geschichte seines titelgebenden Helden, der von seiner Mutter beschützt und behütet fern aller Unbill der Welt heranwächst. Doch als er immer größer und kräftiger wird und eines Tages zufällig ein paar Rittern begegnet, schickt seine Mutter ihn an den Hof König Artus’, damit er in Camelot zum Ritter werden kann – und stirbt an gebrochenem Herzen, kaum dass Parzival die Burg verlassen hat. Der wiederum tappt – ganz der tumbe Tor, der er nun einmal ist – draußen in der Welt in ein Fettnäpfchen nach dem anderen und begeht eine schlimme Tat nach der anderen, da er in seiner Naivität und Unwissenheit schlicht nicht weiß, was er tut. Schließlich erreicht er Camelot, doch auch dort ist das Leben weit komplizierter als alles, was Parzival sich zuvor vorstellen konnte …
Wie man anhand dieses vagen Abrisses vielleicht ahnen kann, ist Parsival, or A Knight’s Tale alles andere als eine normale Artus-Geschichte bzw. Geschichte aus dem Artus-Umfeld. Denn Monaco hat die Artus-Sage all ihrer Ritterromantik entkleidet, die seit den Tagen von Malorys Le Morte d’Arthur ein wesentlicher Bestandteil des Artus-Sagenkreises war. Seine frühmittelalterliche Welt stinkt und ist dreckig und gewalttätig, seine Ritter der Tafelrunde sind Raufbolde, denen Wein, Weib und Metzeleien weitaus wichtiger sind als irgendwelche hehren Ideale. Und sein Parzival wird – unwissend zwar, aber das macht seine Taten nicht weniger verwerflich – zum Vergewaltiger und Mörder, ehe er erkennt, dass der Weg, den er geht, der falsche ist. Aber das macht es nicht leichter, den richtigen zu finden.
Parsival, or A Knight’s Tale wurde mit The Grail War (1979) und The Final Quest (1980) fortgesetzt (ursprünglich sollte es nur ein Roman werden, aber auch hier gilt vermutlich wie so oft “the tale grew in the telling”); diese drei Romane bilden eine Trilogie, die als Grals-Trilogie mit den Einzeltiten Parzival oder: Die Grals-Suche, Lohengrin oder: Der Grals-Krieg und Layala oder: Der Grals-Trunk (alle 1982) auch auf Deutsch erschienen ist. 1985 hat Richard Monaco die Saga of Parsival mit Blood and Dreams (auch als Blood and Dreams: Lost Years II (2014)) um einen weiteren Band ergänzt, der zeitlich zwischen Band I und II der ursprünglichen Trilogie angesiedelt ist. Und 2012 ist mit Lost Years: The Quest for Avalon ein weiterer “Fugenband” herausgekommen.
Monacos Dekonstruktion des Artus-Mythos ist ganz gewiss nicht jedermanns Sache. Dennoch ist das Ganze faszinierend, denn es dürfte nicht viele Werke in der Fantasy geben, in denen eine dreckige, gewalttätige und grausame Welt geschildert wird, und die gleichzeitig mit einer teilweise wirklich wunderschönen poetischen Sprache aufwarten, und in denen trotz einer spürbaren pessimistischen Grundhaltung immer wieder ein ironischer Blick auf die conditio humana geworfen wird. Und wenn man dann noch bedenkt, dass Parsival, or A Knight’s Tale im gleichen Jahr erschienen ist, in dem Terry Brooks mit der Veröffentlichung von The Sword of Shannara nach Meinung mancher Kritiker der Fantasy hinsichtlich ihrer thematischen Ausrichtung einen Bärendienst erwiesen hat, wird die Sache noch faszinierender. Es hat sie tatsächlich schon immer gegeben, die Werke, die anders waren, die andere Möglichkeiten benutzt und geboten haben, die eine andere Tradition hätten begründen können.
Außer der Saga of Parsival hat Richard Monaco im phantastischen Bereich mit Runes (1984) und Broken Stone (1985) noch zwei Romane um den Römer Leitus Sixtus geschrieben, der es in Britannien mit bemalten Kriegern, Druiden und alter Magie zu tun bekommt, sowie mit Journey to the Flame (1985) eine Hommage an Henry Rider Haggard und seine lost race novels verfasst. Unto the Beast (1987) schließlich ist ein Roman über Hitler, der von merkwürdigen Visionen und Erinnerungen heimgesucht wird.
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Für mich sind die drei in Deutschland bei Bastei-Lübbe erschienenen Grals-Romane von Richard Monaco mit das beste, das ich in meinem Leben lesen durfte:
Kraftvolle Poesie mischt sich mit “Comic”-Sprache.
Selten habe ich einen Autor gesehen, dem es mit so wenigen Worten gelingt, eine solch unglaublich dichte Atmosphäre zu erschaffen, wie dies Monaco in seinem Drei- bzw. Fünfteiler gelingt. Dabei zerlegt er die romantische Welt der klassischen Sage, holt sie auf den harte. Boden einer neue. Phantastik-Ebene, macht sie realistisch-dreckig, aber dennoch wunderschön. Pure Dramatik!
Im wahrsten Sinne des Wortes: Fantastisch!
Ein Wunder, das noch niemand daran gedacht hat, dieses Werk zu verfilmen, und
ein Jammer, das die LOST YEARS-Teile nicht auf Deutsch erschienen sind!
Mr. Monaco, you are great!!!