Moyas Meckerkiste (2): Neue Cover braucht das Land

Es gibt alle paar Jahre bestimmte Design-Elemente, die sind scheinbar nur dafür geschaffen worden, einst auf einem Fantasy Cover zu landen. Aktuell sind es Kapuzenmännlein, davor waren es Schwerter und Äxte im Boden und davor war es wohl die halb nackt schmachtende Amazone am Fuße des von Muskeln verbeulten Kriegers. Wenn irgendwo noch ein Drache herum drapiert werden kann, umso besser.
Wie oft haben wir das schon gesehen? Wie viel öfter haben wir darüber schon den Kopf geschüttelt? Fantasyleser sollten eine Gefahrenzulage wegen zu erwartender Schädeltraumata verlangen.

Wenn ein Cover wenig bis nichts mit dem Inhalt zu tun hat, dann hat man es meistens mit einem dieser generischen Cover zu tun. Trends machen auch vor Büchern nicht Halt, und nur selten entsteht dabei auch mal etwas Brauchbares.
Natürlich kann man kaum darauf hoffen oder gar verlangen, dass jedes Buch ein schickes Cover mit einer tollen individuellen Illustration bekommt, die genau zu diesem einen Buch passt. Aber müssen es als Ersatz gleich diese stereotypen, immer wiederkehrenden Motive sein? Könnte man es nicht auch anders angehen und einfach mal versuchen, das Wort -Ästhetik- zu berücksichtigen? Wenn den Verlagen oder Gestaltern schon nichts besseres einfällt, als zu solch einem Cover-Klon zu greifen, könnte man es dann nicht einfach neutral halten? Muss man einem Cover aufgrund seiner Unzumutbarkeit ansehen, dass es zum Fantasy-Genre gehört? Man könnte manchmal glauben, es herrsche eine regelrechte Furcht davor, der Fantasyleser sei nicht intelligent genug sein Genre auch ohne Schmuddelcover zu finden.

Die Glasbücher der Traumfresser von Gordon DahlquistEin paar Verlage trauen sich glücklicherweise gerne mal zu experimentieren und bringen dabei echte Perlen hervor. So geschehen z.B. bei Gordon Dahlquists Glasbüchern, bei denen die Typographie zum Gestaltungselement wird. Keine verunglückten Versuche, einen der Protagonisten  darzustellen, keine leuchtenden Schwerter im Boden, kein Kapuzenmann mit glühender Hand. Wie viele von euch kennen das Buch trotzdem? – Na bitte!

Oder betrachten wir R. Scott Bakkers Prince of Nothing, der mit einem einfachen Tuchmuster im Hintergrund zu glänzen vermag. Simpel, relativ schnell zu machen und wirkungsvoll.

The Prince of Nothing von R. Scott Bakker
Man könnte statt des Tuchmusters auch die fast immer vorhandene Weltkarte zum Buch nehmen und damit ähnliche Effekte erzielen. Es wäre so einfach, ästhetische Buchcover ganz ohne erzwungene Illustrationen zu erstellen, die auch noch durch ihr untypisches Aussehen auffallen. Warum also immer so kompliziert?

Natürlich ist es Geschmackssache, was einem gefällt oder nicht. Ich persönlich würde mir lieber 100 solcher neutralen Gestaltungsformen ins Regal stellen, bevor ich auch nur eine einzige Stilblüte anschaffe wie diese:

Schmuddelcover

Da brennen einem die Augen und das Fremdschämen ist ganz klar vorprogrammiert. Es leuchtet, es blitzt, es wird gespiegelt und personifiziert, was das Zeug hält. Falls jemand noch scheußlichere Beispiele auf Halde hat: meine Meckerkiste ist groß und geräumig!

Seien wir ehrlich. Womit traut ihr euch eher, in der Bahn oder dem Bus gesehen zu werden?

Ein Kommentar zu Moyas Meckerkiste (2): Neue Cover braucht das Land

  1. Wurling sagt:

    Womit ich mich lieber in der Öffentlichkeit sehen lassen würde? Gute Frage, meiner Frau habe ich schonmal einen Schutzumschlag für ein Buch gebastelt, weil der Inhalt leicht … aber egal.

    Natürlich gibt es schöne Cover, die nicht fantasytypisch daherkommen. Siehe z.B. die dt. Cover der Bakker-Ausgabe, aber die sind sehr rar. Im Prinzip habe ich nichts dagegen, wenn man Cover fabriziert, die eindeutig daraufhinweisen, welchem Genre das Buch angehört. Nur die Vielfalt innerhalb dieser Begrenzung wird nicht ausgenutzt. Sicher, es ist nicht immer einfach sich etwas Neues auszudenken oder gar gegen den Strom/Trend zu schwimmen, aber ich würde mir mehr Abwechslung wünschen. Ich will gar nicht verhehlen, dass ich Kapuzenmännchen oder Waffen auf Covern mag, nur muss das in sich stimmig sein und einfach gut aussehen … und nicht auf jedem zweiten Cover zu finden sein, wenn der Markt gerade danach schreit.

    Andererseits muss man die Verlage und auch den Handel wohl ein wenig verstehen. Wenn die Nachfrage stimmt, hat man seine Schäfchen im trockenen. Never change a winnig team. Außerdem gab es wohl einige Versuche, interessante (weil untypisch) Cover zu gestalten, die wohl in die Hose gegangen sind (siehe “Seelen in der großen Maschine” von McMullen oder “Geschmiedet in Feuer und Magie” von Daniel Fox, die beide nicht über den ersten Band hinaus veröffentlicht wurden). Man weiß natürlich im Einzelnen nicht, woran das gelegen hat, aber … das Cover mag da mitspielen. Schade drum. Deshalb würde ich eine andere Frage noch mit in den Raum stellen: Wieviel Kreativität und Vielfalt verträgt das Fantasybuch in Sachen Cover in Deutschland überhaupt?

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