Shaman’s Crossing

Shaman's Crossing von Robin HobbNevare Burvelle ist der zweite Sohn einer jungen Adelsfamilie aus dem Osten des Königreiches Gernia. Damit ist er durch die göttlichen Weisungen als späterer Soldat vorherbestimmt, genauso wie sein älterer Bruder das Erbe seines Vaters übernehmen wird und sein jüngerer Bruder eine Ausbildung zum Priester macht. Schon früh in seinem Leben beginnt Nevare die Grundlagen des Soldatenlebens zu lernen, nach seinem 18. Geburtstag macht er sich auf den Weg zur Militärakademie. Doch schon bald wird er in den politischen Konflikt zwischen den alten Herrschaftsfamilien und den neuen Adelshäusern des Ostens hineingezogen, und seine persönliche Zukunft ist in Gefahr.

-I remember well the first time I saw the magic of the plainspeople.-
One: Magic and Iron

Vorab: Ich bin kein allzu großer Fan der Bücher von Robin Hobb. Die ersten beiden Bände der Farseer-Trilogie waren exzellent, der dritte Band gefiel mir nur noch mäßig. Ähnlich ging es mir mit den Liveship Traders, und die zweite Farseer-Trilogie habe ich bisher nicht angerührt. Shaman’s Crossing erinnert ein wenig an Hobbs ersten Roman, Assassin’s Apprentice. Auch hier verfolgen wir den Werdegang eines Jungen, dessen zukünftiges Leben schon recht bald von “oben” festgelegt wird.
Die ersten 100-140 Seiten des Buches lesen sich noch recht zäh, was auch daran liegt, dass Hobb in kurzer Folge das Leben von Nevare in einzelnen Erlebnissen von seinem achten Lebensjahr bis zu seinem 18. Geburtstag zusammenfasst. Das “richtige” Buch beginnt erst mit Nevares Schiffsreise zur Akademie. Hier bekommen wir dann auch einen etwas besseren und umfassenderen Eindruck von der Welt Gernia, die prinzipiell realistisch angelegt ist, d.h. magische Wesen wird der Leser nur selten zu Gesichte bekommen, und auch die Magie gilt als ein verschollenes Relikt der Vergangenheit. Wie schon bei Martins Das Lied von Eis und Feuer oder Keyes Verlorenen Reichen dreht sich Shaman’s Crossing (Die Schamanenbrücke ) vor allem um zwischenmenschliche und auch politische Konflikte bzw. die Folgen dieser Konflikte für die Mitglieder der Akademie. Auch wer große Actionszenen erwartet, wird enttäuscht werden, denn Hobb verzichtet fast gänzlich auf den Einsatz solcher Spannungsmomente.

Dennoch entwickelt der Roman nach dem eher zögerlichen Beginn immer mehr Spannung, was vor allem durch die Charaktere gefördert wird. Wie bei den meisten Romanen von Hobb ist das Geschehen aus der Ich-Perspektive des Hauptcharakters geschrieben und es ist interessant zu beobachten, wie die einzelnen Charaktere des Buches immer wieder in moralischen Konflikt mit den Regeln der Akademie und auch den Weisungen der Religion geraten. Die Gefangenheit der Charaktere zwischen gesellschaftlichen Normen und politischen Ambitionen ist generell das Thema des Buches. Dabei wird das Ganze durch den geistreichen Stil von Hobb und die Tatsache, dass auch der Humor nicht zu kurz kommt, selten langweilig und bleibt bis zum Ende (das den Band relativ abschließt) unterhaltsam. Am Ende fehlt dem Buch jedoch das letzte Feuer (und vor allem die Komplexität), um es wirklich zu einem der Topromane des Genres werden zu lassen. Dennoch ist es ein schönes Buch für einige Abende, das auch interessante Fragen zum Thema Religion und Tradition aufwirft und damit sicherlich eines der Top-15 Fantasy-Bücher des Jahres 2005 ist.

Stand: 17. Oktober 2012
Erscheinungsjahr: USA 2005
Verlag: Voyager
ISBN: 0-00-719612-1
Seitenzahl: 533
Titel der Übersetzung: Die Schamanenbrücke