Zum 5. Todestag von John M. Ford

The Dragon Waiting von John M. FordBibliotheka Phantastika erinnert an John M. Ford, dessen Todestag sich heute zum fünften Mal jährt. Der am 10. April 1957 in East Chicago, Indiana, geborene SF- und Fantasy-Autor, Spieledesigner und Dichter John Milo Ford hat bei seinem Tod am 25. September 2006 ein relativ schmales Oeuvre hinterlassen, zu dem drei SF-Romane, zwei Star-Trek-Romane, ein Thriller, ein Urban-Fantasy-Roman sowie eine Menge Kurzgeschichten und Gedichte zählen – und einer der besten Fantasyromane, die jemals geschrieben wurden.
The Dragon Waiting: A Masque of History (1983; dt. Der Thron des Drachen (1985)) ist ein historischer Fantasyroman, aber einer, der in einer alternativen Welt spielt und Erfundenes auf so clevere und überzeugende Weise mit realen geschichtlichen Ereignissen vermischt, dass die Grenzen immer wieder verschwimmen. Wir befinden uns im Europa des 15. Jahrhunderts, in dem in dieser Alternativwelt ein blühendes, immer weiter expandierendes und seine Einfluss-Sphäre erweiterndes Byzantinisches Imperium die größte Macht ist – und auf der anderen Seite haben wir ein von den Rosenkriegen zerrissenes England. Das Christentum ist nur eine von mehreren gleichermaßen unbedeutenden religiösen Sekten, es gibt Vampirismus (der eine Krankheit darstellt, die allerdings todgeweihten Menschen das Leben retten kann) und Magie – aber es gibt auch die Medicis und die Sforzas und Savonarola und Margarete von Anjou. In diesem überzeugend entworfenen und geschilderten Setting geraten vier sehr unterschiedliche Figuren – ein walisischer Magier, ein abtrünniger byzantinischer Söldner, eine florentinische Ärztin und ein bayrischer, an Porphyrie leidender Artillerist – in einen geheimnisvollen Mordfall und werden im weiteren Verlauf der Handlung zu eher unwilligen Verbündeten, die anfangs nur Eines eint: sie haben alle gute Gründe, das Byzantinische Imperium nicht gerade zu lieben. Von daher ist es nur logisch, dass sie schließlich in England landen, wo die dynastischen Streitigkeiten sich erneut zuspitzen.

Dass dieser episodenhafte, aber mit wunderbar erzählten Szenen und Sequenzen aufwartende Roman – für den Ford 1984 völlig zu recht mit dem World Fantasy Award ausgezeichnet wurde – vor allem in Deutschland nie auch nur annähernd den Erfolg hatte, den er verdient gehabt hätte, hat zweifellos damit zu tun, dass sich das an Verweisen und Andeutungen reiche (und in dieser Hinsicht durchaus mit Gene Wolfes Book of the New Sun vergleichbare) Werk in letzter Konsequenz nur dann erschließt, wenn man sich in der geschilderten historischen Epoche sehr gut auskennt. Obwohl man den Roman natürlich auch dann mit Genuss lesen kann, wenn man kein Spezialist für die Rosenkriege ist.
Über The Dragon Waiting hinaus hat John Ford kaum noch Fantasy verfasst; nur ein paar Erzählungen zu Liavek (einer Shared World ähnlich der Thieves’ World), von denen drei in dem Band Casting Fortunes (1989) gesammelt wurden, und das Gedicht “Winter Solstice, Camelot Station”, für das er 1989 noch einmal den World Fantasy Award (für die beste Kurzgeschichte) erhielt (und das hier online zu finden ist). Doch The Dragon Waiting reicht mehr als aus, ihm auf ewig einen Platz in der Hall of Fame der Fantasy zu sichern.

Ein Kommentar zu Zum 5. Todestag von John M. Ford

  1. wurling sagt:

    Es ist lange her, dass ich “Der Thron des Drachen” gelesen habe. Ich fand es damals besser als ich es erwartet hatte (Hermke-Empfehlung), war aber vielleicht noch nicht so weit, es wirklich zu schätzen. Zeit für einen Reread!?

    Die Cover-Abbildung erinnert mich wieder daran, dass es ewig schade ist, dass die Fantasy Masterworks-Reihe in der dt. Übersetzung bei Heyne nach nur 6 Bänden eingestampft wurde. Leider. *seufz*

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