Tag: Jubiläen

Cover von Bard III: The Wild Sea von Keith TaylorBibliotheka Phantastika gratuliert Keith Taylor, der heute 65 Jahre alt wird. Der am 26. Dezember 1946 auf Tasmanien geborene Keith John Taylor entdeckte als Jugendlicher die Heroic Fantasy in Form mehrerer Werke von Robert E. Howard und Leigh Brackett, und dies sollte sich für sein eigenes Schreiben als prägend erweisen. Ein weiterer, ebenso wichtiger Einfluss waren Rosemary Sutcliffs historische Romane um das spät- und nachrömische Britannien (vor allem die eigentliche Eagle of the Ninth Trilogy und der Artus-Roman Sword at Sunset), und so ist es kaum verwunderlich, dass er dieses Setting – genauer: die Epoche der sächsischen Invasion – für seine ersten Geschichten verwendete, die Mitte der 70er Jahre unter dem Pseudonym Dennis More im Fantasymagazin Fantastic erschienen. Held dieser Geschichten ist der irische Barde Felimid mac Fal, ein echter Nachkomme der Tuatha de Danann mit besonderen, aus seinem Erbe resultierenden Fähigkeiten, und sie bilden das Gerüst von Bard (1981), Taylors erstem Roman.
Noch vor Bard kam allerdings When Death Birds Fly (1980) auf den Markt, der erste von zwei Pastiches um Robert E. Howards gälischen Helden Cormac Mac Art (der zweite ist The Tower of Death (1982)), die er gemeinsam mit Andrew J. Offutt verfasste, dem Herausgeber der Anthologienreihe Swords Against Darkness, in der zuvor zwei Geschichten von Taylor veröffentlicht worden waren. Nach diesem kurzen Abstecher in die Welt der Pastiches – und Lances of Nengesdul (1982), einem Sword-&-Planet-Roman in der Tradition von Edgar Rice Burroughs – wandte Taylor sich wieder Felimid mac Fal zu und schrieb vier weitere Romane mit dem irischen Barden. Diese Romane – Bard II (1984; in England als Bard II: The First Long Ship (1989), Bard III: The Wild Sea (1986; für diesen Roman erhielt Taylor den Ditmar Award), Bard IV: Ravens’ Gathering (1987) und Bard V: Felimid’s Homecoming (1991) – bieten spannende, abenteuerliche Fantasy, der es an teils humorvollen, teils düsteren Momenten ebensowenig mangelt wie an Bezügen zu keltischen, nordischen und sogar slawischen Sagen und Mythen – und das alles in einem sauber recherchierten historischen Setting. Leider haben es die Abenteuer des Barden und widerwilligen Schwertkämpfers Felimid mac Fal und seiner zeitweiligen Begleiterin, der Piratin Gudrun Blackhair, im Gegensatz zu den Don-Maitz-Titelbildern der amerikanischen Ausgabe nie nach Deutschland geschafft.
Noch ehe der letzte Band der BardSaga erschienen war, kamen unter dem Obertitel The Danans die drei etliche Jahrhunderte früher im gleichen Kosmos angesiedelten Romane The Sorcerers’ Sacred IsleThe Cauldron of Plenty (beide 1989) und Search for the Starblade (1990) auf den Markt, die ebenfalls von keltischen Mythen inspirierte Fantasy bieten, und in denen die Ahnen Felimids eine wichtige Rolle spielen.
In den 90er Jahren und im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends hat Taylor vor allem Erzählungen veröffentlicht – viele davon in der damals gerade aktuellen Reinkarnation des Fantasymagazins Weird Tales –, die entweder im Umfeld des Artus-Mythos oder im alten Ägypten angesiedelt sind. In letzteren ist der Magier Kamose die Hauptfigur, ein Hohepriester des Anubis während der Regentschaft von Sethnacht bzw. dessen Sohn, Ramses III., der seine Abenteuer möglicherweise bald in Romanlänge erleben wird.
Von Keith Taylors Oeuvre wurden bislang nur die beiden Pastiches um Cormac Mac Art (als Die Todesvögel und Der Turm des Todes (beide 1987)) ins Deutsche übersetzt, die er zusammen mit Andrew J. Offutt geschrieben hat. Was umso bedauerlicher ist, da diese beiden Romane zwar zu den besseren Howard-Pastiches zu zählen sind, einem Vergleich mit Taylors genuinen Werken allerdings nicht standhalten.

Reaktionen

Cover von Memory & Dream von Charles de LintBibliotheka Phantastika gratuliert Charles de Lint, der heute 60 Jahre alt wird. Als der am 22. Dezember 1951 in Bussum in den Niederlanden geborene Charles Henri Diederick Hoefsmit de Lint vier Monate alt war, wanderten seine Eltern mit ihm nach Kanada aus, wo er heute noch lebt und inzwischen wahrscheinlich der erfolgreichste Fantasy-Autor des Landes ist – und auf alle Fälle der mit der weitaus größten Zahl von Veröffentlichungen. Auf seine erste Kurzgeschichte “The Fane of the Gray Rose” (in Swords Against Darkness IV, 1979) folgten unzählige weitere Geschichten (viele davon unter Pseudonym) und etliche Romane, von denen dem deutschsprachigen Lesepublikum allerdings nur die wenigsten bekannt sind, denn bisher wurde nur ein Bruchteil von de Lints Oeuvre ins Deutsche übersetzt.
Viele seiner frühen Texte erschienen als chapbooks, etwa die locker miteinander verknüpften Tales of Cerin Songweaver, deren zentrales Thema die enge Verquickung von Geschichten und (in diesem Fall keltischer) Musik ist. De Lints erster richtiger Roman The Riddle of the Wren (1984) war ein nicht weiter bemerkenswertes Beispiel für typische, in den 80er Jahren in unzähligen Variationen anzutreffende, stark von Tolkien beeinflusste Sekundärwelt-Fantasy, doch schon mit seinem nächsten Roman, Moonheart (1984) beschritt er neue Wege. Denn von nun ab schrieb er zeitgenössische Fantasy, in denen ein städtisches Setting (anfangs vor allem Ottawa, später die fiktive, allerdings stark an Ottawa erinnernde Stadt Newford) mit teils auf keltischen, teils auf indianischen Mythen fußenden andersweltlichen Erscheinungen und Phänomenen aufs Engste verwoben ist, und wurde somit zu dem typischen Autor von Urban Fantasy (in dem Sinne, wie man diesen Begriff vor der Vampir- und Werwolfsflut der letzten Jahre benutzt hat).
Die Romane und Geschichten mit dieser thematischen Ausrichtung sind zu zahlreich, um sie hier alle aufzuführen. Stellvertretend für den Rest seien daher nur Yarrow: An Autumn Tale (1986; einer Fantasy-Autorin aus Ottawa werden von einem vampirischen Traumdieb die Träume gestohlen, die die Grundlage ihrer Werke bilden), Jack the Giant-Killer (1987) und die Fortsetzung Drink Down the Moon (1990; die leicht verfremdete – u.a. wurde aus Jack eine Jacky – Nacherzählung einer alten britischen Sage), Greenmantle (1988, dt. Grünmantel (1997); hier stehen u.a. ein abtrünniger Mafiakiller und der titelgebende “Grünmantel” – die Verkörperung des Gottes Pan und des männlichen Prinzips der Natur – im Mittelpunkt der Handlung) und Spiritwalk (1992; ein Sammelband mit vier längeren, als Fortsetzungen zu Moonheart zu betrachtenden Erzählungen) genannt.
The Little Country (1991; deutsch in zwei Bänden als Das kleine Land I – Das verborgene Volk und Das kleine Land II – Die vergessene Musik (beide 1994)) ist einer der wenigen Romane, die in einem anderen Setting spielen, in diesem Fall im zeitgenössischen Cornwall. Aber de Lint wäre nicht de Lint, wenn er nicht noch ein zweites Cornwall ins Spiel bringen würde – und zwar eine knapp hundert Jahre zuvor angesiedelte Märchenlandversion. Dank eines reichlich verschachtelten Plots – in dem es unter anderem um ein Buch geht, von dem es nur eine einzige Ausgabe gibt, sowie um eine der Figuren aus besagtem Buch und um ein legendäres, kleinwüchsiges Volk –, dessen zwei Erzählstränge kunstvoll miteinander verwoben sind und in eine gemeinsame Auflösung münden, ist dieser Roman ganz gewiss einer der Höhepunkte in de Lints Oeuvre.
In Memory and Dream (1994) ist schließlich Newford zum ersten Mal Schauplatz der Handlung, und dieser Ort spielt im überwiegenden Teil von de Lints Veröffentlichungen nach 1994 – d.h. in mehreren Romanen und Storysammlungen – eine wichtige Rolle. Die der Urban Fantasy zuzurechnenden Werke bilden zwar den eindeutigen und unbestreitbaren Schwerpunkt im Schaffen de Lints, doch er hat auch noch andere Romane und Erzählungen verfasst; genannt seien beispielsweise Svaha (1989; sein einziger SF-Roman) oder das von Charles Vess illustrierte, für den World Fantasy Award nominierte Bilderbuch A Circle of Cats (2003).
Es ist schade, dass über die beiden bereits erwähnten Romane hinaus in Deutschland nur de Lints Beiträge zu Philip José Farmers The Dungeon – The Valley of Thunder (1989) als Das Tal des Donners (1990) und The Hidden City (1990) als Die verborgene Stadt (1991; beides typische Auftragsarbeiten, die sich nicht mit seinen normalen Arbeiten vergleichen lassen) – und eine Handvoll Kurzgeschichten und Erzählungen erschienen sind; angesichts der derzeit auf dem deutschsprachigen Buchmarkt dominierenden Themen und Tendenzen dürfte sich das in absehbarer Zeit auch kaum ändern.

Reaktionen

Bibliotheka Phantastika gratuliert Sarah Anne Zettel, die heute 45 Jahre alt wird. Zu Beginn ihrer Schreibkarriere machte die am 14. Dezember 1966 in Sacramento geborene Autorin mit Science Fiction von sich reden, zu der sie auch im Jahr 2009 unter dem Pseudonym C.L. Anderson wieder zurückgekehrt ist.
Ihr erster Ausflug ins Fantasy-Genre war A Sorcerer’s Treason (2002; dt. Die Intrige der Kaiserin (2005)), ein Roman, in dem es die Leuchtturmwärterin Bridget in die magische Welt Isavalta verschlägt – eine Welt, die eng mit der Geschichte ihrer Familie verknüpft ist, wie sich in The Usurper’s Crown (2003; dt. Der Thronräuber (2006)) – einem Prequel – herausstellen sollte. Mit The Firebird’s Vengeance (2004; dt. Die Rache des A Sorcerer's Treason von Sarah ZettelFeuervogels (2006)) wurde das, was man mit einer gewissen Berechtigung als Isavalta-Trilogie bezeichnen könnte, zunächst abgeschlossen, allerdings folgte im Jahr 2007 mit Sword of the Deceiver noch ein Prequel, das mit der ursprünglichen Trilogie handlungstechnisch aber nichts mehr zu tun hat. Die Isavalta-Romane, in denen russische, indische und chinesische Märchen- und Mythenmotive verarbeitet sind (die verfeindeten Reiche Isavalta, Hastinapura und Hung Tse sind diesen Vorbildern nachempfunden), weisen vor allem ein interessantes Magiesystem auf, so kann zum Beispiel im ersten Band alles magisch wirken, das zu Zofpmustern geknüpft ist, sei es nun Haar oder Hefeteig.

Mit der Tetralogie The Paths to Camelot (In Camelot’s Shadow (2004), For Camelot’s Honor (2005), Under Camelot’s Banner (2006), Camelot’s Blood (2008)) schrieb Sarah Zettel ihre (romantische) Version der Geschichte der Ritter der Tafelrunde, in der sie sich einigen ihrer Meinung nach bislang zu kurz gekommenen Nebenfiguren der eigentlichen Artus-Saga zuwandte. Und so drehen sich die vier Romane – von denen drei auch auf Deutsch erschienen sind (Im Schatten von Camelot (2008), Für die Ehre von Camelot und Unter dem Banner von Camelot (beide 2009)) – um die amourösen und sonstigen Abenteuer der vier Söhne von König Lot: Gawain, Geraint, Gareth und Agravain.
In jüngster Zeit ist Sarah Zettel vor allem unter Pseudonym im Romance- und SF-Bereich aktiv und scheint die Fantasy vorerst ruhen zu lassen.

Reaktionen

Cover von Ayesha von Ange GuéroBibliotheka Phantastika gratuliert Anne Guéro, die heute 45 Jahre alt wird. In ihrer Heimat Frankreich wurde die am 24. November 1966 in Tours geborene Anne Guéro zunächst als Comic-Szenaristin bekannt, denn beginnend mit der zweibändigen Serie Reflets d’écume (dt. Schimmer des Lichts) hat sie zusammen mit ihrem Mann Gérard seit Mitte der 90er Jahre unter dem gemeinsamen Pseudonym Ange (für Anne & Gérard) die Szenarios und Texte für etliche Comiczyklen geschaffen. Inhaltlich decken diese Zyklen – von denen es mittlerweile im Zuge der Renaissance des frankobelgischen Comics auf dem deutschen Markt auch etliche nach Deutschland geschafft haben – ein breites Spektrum von Genres ab, vom Thriller (Bloodline, dt. ebenso) über Phantastik (u.a. Paradise perdu, dt. Das verlorene Paradies) bis hin zu einer Mantel-&-Degen-Geschichte (Belladonne, dt. Belladonna); den Löwenanteil bilden allerdings eine Vielzahl von Heroic-Fantasy-Titeln, deren bester und bekanntester La Geste des Chevaliers Dragons (dt. Die Legende der Drachenritter) sein dürfte.
Unter dem Pseudonym Ange ist auch die Trilogie Les trois lunes de Tanjor (Le peuple turquoise (2001), La flamme d’Harabec (2002), und La mort d’Ayesha (2003)) erschienen, die 2005 noch einmal als Sammelband unter dem Titel Ayesha – La Légende du Peuple turquoise veröffentlicht wurde. Hierin entwirft Anne Guéro unter sehr religionskritischer Perspektive das düstere Panorama einer in Auflösung befindlichen dekadenten Gesellschaft, die sich durch den Aufstand des lange versklavten Türkisvolks nicht unbedingt nur zum Besseren wandelt. Trotz dieser für ein Fantasywerk ungewöhnlich pessimistischen Grundtendenz macht es viel Vergnügen, die Abenteuer der äußerst lebendigen und glaubwürdigen Charaktere in der orientalisch angehauchten Welt Tanjor zu verfolgen. Besonders der zynische ehemalige Galeerensträfling Arekh und die idealistische, aber von einem düsteren Geheimnis umgebene Thronerbin Marikani, die beide auf ihre Art erkennen müssen, dass ihre ganz verschiedenartigen Überzeugungen in der sich verändernden Welt keinen Bestand haben können, sind Figuren, die einem noch lange im Gedächtnis bleiben.
Die Trilogie ist unter dem Titel Die Legende von Ayesha (mit den Einzeltiteln Rune der Knechtschaft, Pakt der Könige und Volk der Verbannten (alle 2010)) auch in Deutschland erschienen – leider in einer eher für All-Age-Fantasy typischen Aufmachung, die nicht so recht mit dem Inhalt korrespondiert.
Im Jahre 2008 hat Anne Guéro – wiederum unter dem altbewährten Pseudonym Ange – mit dem Roman Le grand pays einen neuen, interessant klingenden Zyklus (La légende des Tueuses-démon) begonnen, dessen Fortsetzung aber bislang noch aussteht.

Reaktionen

Cover von Carnivores of Light and Darkness von Alan Dean FosterBibliotheka Phantastika gratuliert Alan Dean Foster, der heute 65 Jahre alt wird. Auch wenn im Mittelpunkt des Schaffens des am 18. November 1946 in New York geborenen Foster eindeutig die SF steht – sei es in Form von genuinen Romanen wie der aus mehreren Unterzyklen und Einzelbänden bestehenden Reihe um das Homanx Commonwealth, sei es in Form von Filmnovelisationen wie denen zu den ersten drei Alien-Filmen –, so hat der Autor im Laufe seiner langen Karriere doch auch zwei Abstecher in die Fantasy gemacht.
Im ersten findet sich der Jurastudent, Möchtegern-Rockgitarrist und Teilzeit-Hausmeister Jonathan Thomas Meriweather in Spellsinger (1983; dt. Bannsänger (1986)) plötzlich in einer Fantasywelt voller sprechender Tiere wieder, die vom “Plated Folk” (den “Gepanzerten”) bedroht wird. Wie Meriweather mit der ihm versehentlich zugefallen Rolle umgeht und als “Jon-Tom” – nachdem er entdeckt hat, dass er mittels Musik Magie wirken kann, wobei ihm natürlich sein Rockrepertoire zugute kommt – mehrfach die Welt rettet, erzählt Foster in diesem und den folgenden Bänden (The Hour of the Gate, The Day of the Dissonance, The Moment of the Magician (alle 1984), The Paths of the Perambulator (1985) und The Time of the Transference (1986)) des nach dem Auftaktroman benannten Zyklus. Dass er dies auf humoristische Weise tut, wird bereits an der Heldengruppe deutlich, denn Jon-Tom wird bei seinen abenteuerlichen Unternehmungen von dem Magier Clothahump (oder Clodsahamp) – einer aufrecht gehenden Schildkröte – und dem Otter Mudge unterstützt. Anfang der 90er Jahre kehrte Foster mit Son of Spellsinger (1993; hier steht Jon-Toms Sohn im Mittelpunkt, der – wen wundert’s – mit Freunden eine Rap-Band gegründet hat) und Chorus Skating (1994) noch einmal ins Bannsänger-Universum zurück, doch der Zauber, der schon bei den späteren Bänden der Ursprungs-Sequenz spürbar nachgelassen hatte, wollte sich nicht mehr einstellen.

Wesentlich interessanter waren und sind da die Reisen des Ziegenhirten Etjole Ehomba, die in der Trilogie Journeys of the Catechist geschildert werden. Ehomba hat einem sterbenden, ans Ufer seiner Heimat angeschwemmten Fremden ein Versprechen gegeben, und da er ein ehrenhafter Mann ist, muss er dieses Versprechen auch halten, selbst wenn er dazu die halbe Welt durchqueren muss. Wohin die Reise ihn und seine sich ihm schon bald anschließenden Begleiter Simna ibn Sind und die große Katze Ahlitah führt, das wird in Carnivores of Light and Darkness (1998), Into the Thinking Kingdoms (1999) und A Triumph of Souls (2000) gezeigt. Die drei episodenhaft angelegten Romane weisen nicht nur stilistische Besonderheiten auf – so finden sich anfangs deutliche Elemente afrikanischer und indianischer Sagen sowie der tall tales der amerikanischen Folklore bzw. europäischer Lügengeschichten, in die sich im weiteren Verlauf auch groteskere und düsterere Bilder mischen – sondern sie bedienen sich darüber hinaus auch gelegentlich ungewöhnlicher Erzählperspektiven, so dass man die Trilogie zweifellos zu den originelleren Erscheinungen des Ende der 90er doch schon recht stromlinienförmigen Fantasymarktes zählen kann (wobei nicht verschwiegen werden soll, dass sowohl Held wie Erzählduktus gewöhnungsbedürftig sind).
Die Fortsetzungen des Bannsänger-Zyklus sind unter den Titeln Die Stunde des Tors, Der Tag der Dissonanz, Der Augenblick des Magiers (alle 1986), Die Pfade des Wanderers, Die Zeit der Heimkehr (beide 1988), Der Sohn des Bannsängers und Die Entführung der Musik (beide 1996) ebenso auf Deutsch erschienen wie die Katechisten-Trilogie (Der Geist des Speers, Die gefangene Zeit, Die Kälte des Schwerts (2001-2002)) – genau wie viele andere Romane Alan Dean Fosters, der generell hierzulande zu den meistübersetzten angloamerikanischen SF- und Fantasyautoren zählen dürfte.

Reaktionen

Cover von Die Träume des Jonathan Jabbok von Ralf IsauBibliotheka Phantastika gratuliert Ralf Isau, der heute 55 Jahre alt wird. Die erste offizielle Veröffentlichung des am 01. November 1956 in Berlin geborenen Ralf Isau war das Märchen Der Drache Gertrud (1994), doch so richtig angefangen hat seine Schriftsteller-Karriere ein Jahr später, als mit Die Träume des Jonathan Jabbok der erste Band der Neschan-Trilogie erschien – kurz darauf gefolgt von den Fortsetzungen Das Geheimnis des siebten Richters und Das Lied der Befreiung Neschans (beide 1996). Diese Jugendbuch-Trilogie (in der der gelähmte Titelheld in seinen Träumen die phantastische Welt Neschan besucht und dort als Yonathan im Kampf gegen den bösen Bar-Hazzat bestehen muss) machte Isau schlagartig bekannt und ebnete ihm den Weg zu weiteren Veröffentlichungen, und so sind seither mehr als zwei Dutzend (fast ausschließlich mehr oder weniger phantastische) Romane von ihm erschienen. Anfangs blieb Isau dabei mit Einzelbänden wie Das Museum der gestohlenen Erinnerungen (1997), Das Echo der Flüsterer (1998), Das Netz der Schattenspiele (1999) sowie dem vierteiligen Zyklus Der Kreis der Dämmerung (1999-2001) dem Jugendbuch treu, doch 2003 kam mit Der silberne Sinn auch sein erster “Erwachsenenroman” auf den Markt.
Bei diesem einen sollte es allerdings nicht bleiben, und mittlerweile erscheint mehr oder weniger regelmäßig jedes Jahr jeweils ein Roman für Jugendliche und einer für Erwachsene. Bei letzteren (mit Titeln wie Der Herr der UnruheDie Galerie der Lügen oder Die Dunklen) ist das phantastische Element meist geringer ausgeprägt als bei den Jugendbüchern; sie stehen thematisch und strukturell eher Thrillern nahe.
2005/2006 kehrte Ralf Isau mit den Chroniken von Mirad (Das gespiegelte HerzDer König im KönigDas Wasser von Silmao) ein erstes Mal nach Neschan – und somit gewissermaßen zu seinen schriftstellerischen Wurzeln – zurück, und im Frühjahr 2011 stattete er dem mittlerweile laut eigener Aussage erwachsen gewordenen Neschan-Kosmos mit Die zerbrochene Welt einen zweiten Besuch ab. Dieser Roman ist nicht nur der erste Band der Berith-Trilogie (deren zweiter – Feueropfer – dieser Tage erschienen ist), sondern auch sein erster echter Fantasyroman für Erwachsene.
Ralf Isaus Karriere hat vor dem Boom der phantastischen All-Age-Literatur begonnen, und seine Werke waren und sind nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland (vor allem in Japan) überaus erfolgreich. Inhaltlich und erzählerisch dürfte er einer der eigenständigsten deutschsprachigen Phantastik-Autoren sein, dessen religiös-spiritueller Hintergrund in vielen seiner Bücher mal mehr, mal weniger deutlich durchschimmert, und der auch kontrovers diskutierte Themen nicht scheut (als Beispiel mag der Roman Die Galerie der Lügen aus dem Jahr 2005 gelten, in dem es um Darwins Evolutionstheorie und Intelligent Design geht). Trotzdem – oder gerade deswegen – hat Ralf Isau mit seinen Werken, von denen hier nur ein Teil genannt wurde, über Jahre hinweg zahlreiche Leser und Leserinnen fasziniert und ist heute aus der deutschsprachigen Phantastiklandschaft nicht mehr wegzudenken.

Reaktionen

Bibliotheka Phantastika gratuliert Jim Butcher, der heute 40 Jahre alt wird. Seit Anfang dieses Jahrtausends macht der am 26. Oktober in Independence, Missouri, geborene Butcher mit seiner Urban-Fantasy-Serie um den Magier Harry Dresden vor allem in den USA Furore (der deutschen Übersetzung war und ist deutlich weniger Erfolg beschieden). Mittlerweile hat er parallel zu den derzeit aus elf Bänden bestehenden, aber auf mehr als zwanzig Bände konzipierten Dresden Files auch einen sechsbändigen, deutlich an “klassischer” Fantasy orientierten Zyklus mit dem Titel Codex Alera abgeschlossen. Mehr über den Autor, Harry Dresden und das Reich Alera in Butchers Portrait.

Reaktionen

Bibliotheka Phantastika gratuliert Philip Pullman, der heute 65 Jahre alt wird. Der am 19. Oktober 1946 in Norwich, UK, geborene Pullman schuf mit der eigentlich als Jugendbuch (und Gegenentwurf zu C.S. Lewis’ Narnia-Chroniken) konzipierten, aber auch von Erwachsenen gern gelesenen Trilogie His Dark Materials (1995-2000) eines der erfolgreichsten Fantasywerke des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Mehr zum Autor und der aufgrund ihrer Thematik vor allem in christlichen Kreisen teilweise kontrovers diskutierten, sich über mehrere Parallelwelten erstreckenden Trilogie – deren erster, in einem viktorianisch angehauchten Setting spielender Band mittlerweile unter seinem US-Titel The Golden Compass verfilmt wurde – in seinem Portrait.

Reaktionen

Die sieben Zitadellen von Geraldine HarrisBibliotheka Phantastika gratuliert Geraldine Harris, die heute 60 Jahre alt wird. Die am 17. Oktober 1951 geborene Geraldine Harris Pinch – eine Ägyptologin, die viele Jahre an der Faculty of Oriental Studies der University of Oxford tätig war – hat neben etlichen Fachbüchern zu ihrem Sachgebiet mit Seven Citadels Anfang der 80er Jahre auch einen Fantasy-Zyklus veröffentlicht, in dem eine fantasytypische Queste mit Motiven des Entwicklungsromans verknüpft wird. In den vier Romanen Prince of the GodbornThe Children of the WindThe Dead Kingdom und The Seventh Gate (1982-83) geht es um sieben Schlüssel, an denen das Schicksal des von äußeren und inneren Feinden bedrohten Reichs von Galkis hängt. Diese Schlüssel soll der verwöhnte und verhätschelte Prinz Kerish lo Taan zusammen mit seinem älteren Halbbruder, dem erfahrenen Krieger Forollkin, beschaffen – doch besagte Schlüssel sind im Besitz von Magiern, die ihre Unsterblichkeit und einen Teil ihrer Macht aufgeben, wenn sie sie aus der Hand geben. Vordergründig ist natürlich vor allem interessant, wie Kerish und Forollkin – die ab Band zwei von beider Cousine Gwerath sowie dem hässlichen, zynischen, zwergwüchsigen Gidjabolgo begleitet werden – die ihnen gestellte Aufgabe lösen, doch weitaus faszinierender ist, wie das, was die Protagonisten erleben und erfahren, sie alle tiefgreifend verändert. Unter diesem Aspekt betrachtet, ist Geraldine Harris mit Seven Citadels ein faszinierender Zyklus gelungen, der nicht nur mit farbenprächtigen Kulturen und spannenden Abenteuern aufwartet, sondern tiefergehende Fragen thematisiert, und es ist bedauerlich, dass sie sich danach von der Fantasy abgewandt hat.
Seven Citadels ist unter den Titeln Der Prinz der GötterDie Kinder des WindesDas Königreich der Schatten und Das Tor des Erlösers (alle 1984 und mit dem Verkaufserfolg gewiss nicht zuträglichen Titelbildern) auch auf Deutsch erschienen und 1987 noch einmal als Sammelband unter dem Zyklustitel Die sieben Zitadellen veröffentlicht worden.

Reaktionen

The Dragon Waiting von John M. FordBibliotheka Phantastika erinnert an John M. Ford, dessen Todestag sich heute zum fünften Mal jährt. Der am 10. April 1957 in East Chicago, Indiana, geborene SF- und Fantasy-Autor, Spieledesigner und Dichter John Milo Ford hat bei seinem Tod am 25. September 2006 ein relativ schmales Oeuvre hinterlassen, zu dem drei SF-Romane, zwei Star-Trek-Romane, ein Thriller, ein Urban-Fantasy-Roman sowie eine Menge Kurzgeschichten und Gedichte zählen – und einer der besten Fantasyromane, die jemals geschrieben wurden.
The Dragon Waiting: A Masque of History (1983; dt. Der Thron des Drachen (1985)) ist ein historischer Fantasyroman, aber einer, der in einer alternativen Welt spielt und Erfundenes auf so clevere und überzeugende Weise mit realen geschichtlichen Ereignissen vermischt, dass die Grenzen immer wieder verschwimmen. Wir befinden uns im Europa des 15. Jahrhunderts, in dem in dieser Alternativwelt ein blühendes, immer weiter expandierendes und seine Einfluss-Sphäre erweiterndes Byzantinisches Imperium die größte Macht ist – und auf der anderen Seite haben wir ein von den Rosenkriegen zerrissenes England. Das Christentum ist nur eine von mehreren gleichermaßen unbedeutenden religiösen Sekten, es gibt Vampirismus (der eine Krankheit darstellt, die allerdings todgeweihten Menschen das Leben retten kann) und Magie – aber es gibt auch die Medicis und die Sforzas und Savonarola und Margarete von Anjou. In diesem überzeugend entworfenen und geschilderten Setting geraten vier sehr unterschiedliche Figuren – ein walisischer Magier, ein abtrünniger byzantinischer Söldner, eine florentinische Ärztin und ein bayrischer, an Porphyrie leidender Artillerist – in einen geheimnisvollen Mordfall und werden im weiteren Verlauf der Handlung zu eher unwilligen Verbündeten, die anfangs nur Eines eint: sie haben alle gute Gründe, das Byzantinische Imperium nicht gerade zu lieben. Von daher ist es nur logisch, dass sie schließlich in England landen, wo die dynastischen Streitigkeiten sich erneut zuspitzen.

Dass dieser episodenhafte, aber mit wunderbar erzählten Szenen und Sequenzen aufwartende Roman – für den Ford 1984 völlig zu recht mit dem World Fantasy Award ausgezeichnet wurde – vor allem in Deutschland nie auch nur annähernd den Erfolg hatte, den er verdient gehabt hätte, hat zweifellos damit zu tun, dass sich das an Verweisen und Andeutungen reiche (und in dieser Hinsicht durchaus mit Gene Wolfes Book of the New Sun vergleichbare) Werk in letzter Konsequenz nur dann erschließt, wenn man sich in der geschilderten historischen Epoche sehr gut auskennt. Obwohl man den Roman natürlich auch dann mit Genuss lesen kann, wenn man kein Spezialist für die Rosenkriege ist.
Über The Dragon Waiting hinaus hat John Ford kaum noch Fantasy verfasst; nur ein paar Erzählungen zu Liavek (einer Shared World ähnlich der Thieves’ World), von denen drei in dem Band Casting Fortunes (1989) gesammelt wurden, und das Gedicht “Winter Solstice, Camelot Station”, für das er 1989 noch einmal den World Fantasy Award (für die beste Kurzgeschichte) erhielt (und das hier online zu finden ist). Doch The Dragon Waiting reicht mehr als aus, ihm auf ewig einen Platz in der Hall of Fame der Fantasy zu sichern.

Reaktionen