Dieses Mal kapert das Schneckerl die zwergische Kolumne und begibt sich in die Gefilde der Science Fiction und zwar mit Hiroshi Yamamotos The Stories of Ibis: Eine Anthologie, bei der mich schon das Cover neugierig gemacht hat. Sie enthält sieben Erzählungen, die schon zuvor in verschiedenen Magazinen veröffentlicht worden sind und die der Autor nun durch eine Rahmenhandlung geschickt miteinander verknüpft hat. Darin nimmt er nicht nur das übergreifende Thema der Mensch-Maschine-Beziehungen auf, sondern präsentiert bereits im Rahmen des Textes erste Reflexionen über die Geschichten. Außerdem legt er darin einer der Figuren ein Plädoyer für phantastische Literatur in den Mund, das ich nur allzu gern dem Feuilleton unter die Nase halten würde.
Worum geht’s überhaupt? The Stories of Ibis beginnt mit einem terminatoresken Szenario: Maschinen haben (anscheinend) die Macht auf der Erde übernommen, die Menschen fristen abseits der Macht ihr Dasein, fühlen sich unterdrückt und verfolgt. Protagonist der Rahmenhandlung ist ein Geschichtenerzähler, dem von der titelgebenden Ibis, einer Androidin, wiederum Geschichten erzählt werden. Doch anstatt zur wohlbekannten Horrormär davon zu greifen, wie der Mensch Geister (in der Maschine) rief, die er nicht mehr loswurde, beleuchten die Erzählungen das Verhältnis von Mensch und Maschine in vielfältiger und einfühlsamer Weise.
Die Geschichten folgen dabei einer gewissen Chronologie, bauen aber nicht aufeinander auf, abgesehen von der siebten Geschichte, die sowohl in Beziehung zur Rahmenhandlung steht, als auch die anderen Erzählungen spielerisch aufgreift. Während die erste in der Gegenwart (mit entsprechender Technologie) angesiedelt ist und eine Online-Community unter einem anderen Gesichtspunkt als der sozialen Verwahrlosung betrachtet, wofür ich persönlich sehr dankbar war, steigt bei den weiteren Geschichten das Technologieniveau langsam an. Eine eigene Erzählung ist der Entstehung einer Künstlichen Intelligenz gewidmet und schließlich werden Androiden entwickelt und als Arbeitskräfte eingesetzt. Dementsprechend werden auch die Themen zunehmend philosophischer und entwickeln sich von der Interaktion von Menschen mithilfe von Maschinen zur Beziehung von Mensch und Maschine zueinander. Das heißt aber beileibe nicht, dass das Buch auch zunehmend langatmiger und schwerer wird. Die Geschichten bleiben spannend, ganz ohne Actionspektakel, tiefsinnig, ganz ohne Schlaftablettenwirkung, und behandeln große Themen, ganz ohne Epik.
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The Stories of Ibis erschien im Jahr 2006 unter dem Titel Ai no Monogatari auf Japanisch und wurde 2010 bei Haikasoru (VIZ Media LLC) in der englischen Übersetzung von Takami Nieda veröffentlicht. ISBN 13: 978-1421534404.