The Broken Sword

Als Buch des Monats Mai möchten wir euch einen Klassiker von 1954 präsentieren: Poul Andersons The Broken Sword (ISBN: 978-0575082724; in deutscher Übersetzung als Das zerbrochene Schwert erschienen).

The Broken Sword von Poul AndersonDer Elfenfürst Imric tauscht Skafloc, den Sohn eines Wikingers und einer Angelsächsin, gegen einen Wechselbalg aus, denn anders als die Elfen und ihre Erzfeinde, die Trolle, können Menschen gefahrlos mit Eisen umgehen und sind daher für die Bewohner der mit menschlichen Sinnen nicht ohne weiteres wahrnehmbaren Anderswelt vor allem in militärischer Hinsicht höchst wertvoll. In der Tat wächst Skafloc zu einem mächtigen Kämpfer heran, der dem nächsten Kriegszug gegen die Trolle förmlich entgegenfiebert. Doch auf seiner menschlichen Familie lastet ein Fluch, der auch ihm zum Verhängnis zu werden droht, und das Vorrücken des Christentums stellt eine schleichende Gefahr für die nichtmenschlichen Völker und sogar für die alten Götter dar …

Die Melancholie, die zwangsläufig mit dem Motiv der mitsamt ihren Bewohnern dem langsamen Untergang geweihten magischen Welt einhergeht, erinnert ein wenig an Tolkiens etwa zeitgleich erschienenen Herrn der Ringe. Doch damit und mit der von beiden Autoren als Inspirationsquelle genutzten altnordischen und keltischen Mythologie enden die Gemeinsamkeiten bereits, denn während Tolkiens Werk eine durchaus tröstliche Grundstimmung vermittelt und auf die Erkenntnis abzielt, dass das Ringen um moralisch richtiges Handeln trotz des Preises, den man dafür vielleicht zahlt, nicht vergeblich ist, erzählt Anderson eine brutale, unbarmherzige Geschichte, deren Protagonisten selbst dann, wenn sie oberflächliche Erfolge erzielen, nicht viel gegen ihr unerfreuliches Schicksal ausrichten können. Umso fragwürdiger erscheint alles, was sie einander antun, denn was inhaltlich aufgetischt wird, ist durchaus so starker Tobak, dass man bisweilen geradezu dankbar ist, diese Ideen nicht im Stile des modernen grim&gritty präsentiert zu bekommen: Mord, Krieg, Folter, Vergewaltigung und Inzest prägen die Handlung. Da noch dazu bei allen Konfliktparteien Sklavenhaltung, Raubüberfälle und Entführungen als durchaus legitime Mittel zur Wahrung der eigenen Interessen gelten, ist eine simple Aufteilung in Gut und Böse ohnehin unmöglich.

Nur ein Panoptikum der Scheußlichkeiten also, ein deprimierendes Buch? Nicht ganz, denn die erschreckenden Ereignisse spielen sich in einer Welt ab, die im wahrsten Sinne des Wortes zauberhaft ist und mit einer Fülle von Fabelwesen, sprechenden Tieren und für menschliche Augen unsichtbaren Elfenburgen aufwartet, vor allem aber auch mit einem herrlich unbefangenen und phantasievollen Einsatz von Magie,  die es gestattet, im Handumdrehen zur Möwe oder zum Wolf werden, mitten im Winter ein Stück Sommerlandschaft heraufzubeschwören oder den rechten Fahrtwind für ein Schiff herbeizuzaubern. Dass all dies nicht wie eine künstliche Märchenkulisse, sondern ausgesprochen glaubwürdig und authentisch wirkt, ist vor allem Andersons Erzählstil zu verdanken, der den lakonischen Tonfall altnordischer Sagas mit poetischen Wendungen verknüpft und gelegentlich sogar einen Hauch von grimmigem Humor und Situationskomik aufblitzen lässt. Vor allem aber bleibt den gesamten Roman hindurch die Nähe zu den Quellen spürbar, die neben den bekannten mittelalterlichen Mythen und Sagen auch allerlei Elemente des späteren europäischen Volksglaubens umfassen, vom Erlkönig bis hin zum Hexentanz auf dem Brocken.

Gerade dieses direkte Schöpfen aus einer älteren Tradition macht The Broken Sword so reizvoll für den modernen Leser, der viele der darin auftauchenden Motive womöglich nur in ihrer durch das inzwischen gefestigte Genre gefilterten Form kennt und hier mit Staunen feststellen wird, dass sich aus demselben Ausgangsmaterial, das auch Tolkien vorlag, etwas ganz anderes als „typische Fantasy“ machen lässt.

Ein Kommentar zu The Broken Sword

  1. Pegasus sagt:

    Ein Buch, das ich gerne gelesen habe und jederzeit gerne wieder lesen würde.
    Der Sammelband “Das Schwert des Nordens” enthält neben “Das geborstene Schwert” auch noch “Hrolf Krakis Saga”.

Hinterlasse einen Kommentar

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

Du kannst diese HTML Tags und Attribute nutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>