Seit der sintflutartigen Welle glitzernder, schmachtender und moralisch übermenschlich guter Herzschmerzvampire, die softer sind als Butter in der Sonne, hat das Image des blutdurstigen Vampirs ein klein wenig an Glaubhaftigkeit verloren. Als willkommene Abwechslung zu dieser neuen Generation Spitzzähnchen möchten wir euch in diesem Monat daher ein Buch mit eher klassisch animalischen Vampiren ans Herz legen: I am Legend (Ich bin Legende) von Richard Matheson.
In diesem dünnen Roman erlebt der Leser auf eindringliche Weise den täglichen Überlebenskampf von Robert Neville in einer Welt, in der dieser der letzte nicht infizierte Mensch ist.
Ganz der typische Vampir (ich beiße dich, du wirst auch zum Vampir) findet sich in I am Legen nicht unbedingt, denn das Buch liefert eine eher wissenschaftlich-biologische Erklärung für die Übertragung der Infizierung, die ohne den obligatorischen Biss eines mythischen Wesens auskommt. Ebensowenig ist Robert Neville der klassische Vampirjäger à la Van Helsing, denn auch wenn er sich des Tags auf Vampirjagd begibt, ist er doch vor allem eines: allein. Davon einmal abgesehen sind Richard Mathesons Vampire jedoch deutlich auf Blut fokussiert, basieren auf traditionellen Fakten wie der Verwundbarkeit durch Sonnenlicht, einer Abneigung gegen Knoblauch und vermögen einem in einer ungewöhnlichen Endzeit-Story echte Schauer über den Rücken zu jagen. Für uns ein Klassiker der Science-Fiction, den man nicht missen sollte. Auch – und gerade dann – nicht, wenn man die Verfilmung mit Will Smith gesehen hat, die erstens nicht mit der dichten Atmosphäre des Romans mithalten kann und zweitens durch einige Abänderungen (besonders des Endes) das fundamentale Thema des Buches untergräbt.
I am Legend (ISBN 978-1-85798809-3) liegt unter dem Titel Ich bin Legende (ISBN 978-3453501553) auch in deutscher Übersetzung vor.
Etwas schade ist, dass der Autor von “I am Legend” in eurem Text nur namentlich erwähnt wird: Richard Mattheson ist neben Ray Bradbury und Shirley Jackson deiner der großen phantastischen Nachkriegsautoren in den USA und prägt vor allem mit seinen zahlreichen Kurzgeschichten noch heute viele Autoren (u.a. nennt Stephen King ihn immer wieder als Vorbild). In Deutschland ist er leider fast gänzlich unbekannt 🙁
Desweiteren gibt es zwei weitere Verfilmungen von “I am Legend”, die unerwähnt bleiben. “The Last Man on Earth” (1964) mit Vincent Price in der Titelrolle und Mattheson als Co-Autor für das Drehbuch hält sich vage an den Plot (wobei das Ende durchaus anders ist), während “The Omega Man” (1971) mit Charlton Heston eine der großen Dystopien der End-60er/Anfang-70er ist und ganz andere Schwerpunkte liegt und sich so nahtlos in die anderen Dystopien dieser Zeit einfügt. Religion als zentraler Topos (im Gegensatz zu Evolution in Matthesons Originaltext) wird beim Omega-Mann aber deutlich herausgestellt.
Schlussendlich würde ich “I am Legend” einfach als Novelle bezeichnen – ein klassischer Erstling eben ^^
Ansonsten super, dass ihr dieses Buch besprochen habt!
Beste Grüße, Ole
Hm, also als Kenner des Filmes kann ich mir ja schon kaum mehr vorstellen, dass die Atmosphäre noch dichter werden kann. Ich finde den Film extrem gut gelungen, besonders da Will Smith den verzweifelten “Einzelkämpfer” sehr gut verkörpert.
Möglicherweise wirft aber ja das Buch durch das andere Ende eine andere Atmosphäre auf die Geschichte. Ich muss mir den Band wirklich mal schnappen und lesen…
Lieber Elric,
in vielem ist “I am Legend” nicht die Verfilmung des Buches, sondern das Reimagining und deutliche Verflachung von “The Omega-Man”. Der Anfang mit der verlassenen Stadt ist bei “I am Legend” ganz gut geraten, aber das gab es auch schon bei “The Omega-Man” in ähnlicher Eindringlichkeit. Nur reduziert IaL viele Elemente fast bis zur Unkenntlichkeit. Katastrophal ist z.B. die Entscheidung die Infizierten zu mehr oder minder geistlosen Zombies zu machen, das hat mit dem Buch kaum etwas zu tun.
Beste Grüße, Ole
Lieber Ole,
vielen Dank für die Infos zu den Verfilmungen, die die Buchvorstellung sehr gut ergänzen. 🙂
Ein entsprechender Absatz findet sich auch in der Rezension, weswegen wir hier nicht nochmal genauer darauf eingegangen sind.
@ Elric: Glaub mir, das Buch ist gerade in diesem Aspekt wesentlich intensiver als der Film, also eine unbedingte Empfehlung, wenn du den schon gut fandest. 🙂
@ Ole:
In unserer mit “Buch des Monats” betitelten Rubrik geht es nunmal primär um das jeweilige Buch und weniger um den Autor. Klar, man hätte die beiden vorangegangenen Verfilmungen noch nennen können, aber auch das hätte den Fokus von dem weggelenkt, das uns in diesem Kontext wichtig ist und worauf wir hinweisen wollen: das Buch. Und auch wenn die “Bücher des Monats” nicht immer ganz gleich behandelt werden – was unter der Prämisse, ein Schlaglicht auf ein unserer Ansicht nach vergessenes oder übersehenes Werk zu werfen, natürlich damit zu tun hat, dass man an ein kaum bekanntes Buch anders herangehen muss als an eines, das die Grundlage einer noch recht aktuellen Verfilmung bildet -, so betrachten wir diese Texte doch nie als Rezensionen, sondern nur als (mal mehr, mal weniger persönlich gefärbte) Hinweise auf Bücher, die uns wichtig sind.
Bei einer Rezension hingegen hätte der Verweis auf die älteren Verfilmungen nicht fehlen dürfen – und da fehlt er auch nicht. Und natürlich ist “I am Legend” ein Roman, wenn auch ein – selbst für die 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts – recht kurzer. 😉
Tja, das kommt vom Klugschnacken – hätte ich mal lieber gleich auf den Link zur (wirklich sehr guten!) Rezi geklickt. Danke Euch für den Hinweis!
Beste Grüße, Ole
Böses Schneckerl… 😉
Tja, werd ich wohl lesen müssen – steht auch für “irgendwann” in der Liste… 😀
Hört sich echt spannend an^^
Endlich mal wieder richtige Vampiere ud nicht dieser kleine Mädchen Quatsch