Rezensent: mieserkleinerOrc

Cover von Hagen von Tronje von Wolfgang HohlbeinHagen von Tronjes Treue gehört Gunther von Burgund, dessen Waffenmeister, Freund und engster Vertrauter am Hofe zu Worms er ist. Seine Liebe, wenn es je eine gegeben hat in seinem Leben, gehört Kriemhild, Gunthers Schwester. Als Hagen, erschöpft und verwundet, von einem Erkundungsritt zu den Grenzen des Reichs nach Worms zurückkehrt, wird er von bösen Ahnungen geleitet, und diesmal soll er damit recht behalten. Die Ankunft Siegfrieds und seiner Nibelungenreiter birgt bereits den Keim allen künftigen Unheils.

-Die Hufe der Tiere hinterließen eine breit aufgeworfene Spur im feuchten Sand; winzige Mulden, die von geduldig nachsickerndem Wasser zuerst in kleine runde Spiegel verwandelt und dann ausgelöscht wurden, als wolle der Fluß den Menschen zeigen, wie vergänglich all ihr Tun war.-
1. Kapitel

“Der Hagen von Tronje“, so lautete Hohlbeins Antwort auf die Frage, welches seiner vielen Bücher ihm seiner Meinung nach am Besten gelungen wäre. Neugierig geworden, besorgte ich mir also das Buch und erwartete recht viel. Zu viel.
Hagen von Tronje besteht ausnahmsweise mal nicht aus dem bekannten Hohlbein-Strickmuster, da sich der Autor hierbei zwangsläufig an die literarische Vorlage halten mußte. Das hält ihn freilich nicht davon ab, bestimmte Passagen des mittelhochdeutschen Liedes sehr frei zu interpretieren: Um den Hohlbein-typischen Stil kommt denn auch die deutsche Volkssage Nr. 1 nicht herum! Die Grundidee des Buches, das Nibelungenlied einmal aus der Sicht des Schurken Hagen zu betrachten, sorgt jedoch für einige Spannung.

Da der Leser das Ende der Sage in der Regel schon kennt, macht Hohlbein den Hauptdarsteller Siegfried kurzerhand zur Randfigur und rückt dafür Personen wie etwa Giselher in den Vordergrund, der in der eigentlichen Sage kaum zum Tragen kommt. Zudem macht er deutlich, dass das Christentum zu dieser Zeit noch längst nicht vollständig in das Bewusstsein der “Gläubigen” vorgedrungen war und viele Burgunder noch zu Odin (es hätte eigentlich Wodan heißen müssen) beteten, ein interessanter Punkt, auf den in der Sage kaum eingegangen wird. Gute Ansätze also, aber Hohlbein kann nunmal nicht aus seiner Haut, das Sprichwort “weniger ist mehr” ist ihm offenbar fremd. So überspannt er den Bogen auch in seinem “besten” Werk und macht die zum Teil sehr gelungenen Ansätze am Schluss der Erzählung wieder zunichte, indem er kurzerhand den Spieß umdreht: Er macht einfach Siegfried zum Schurken und Hagen zum Helden. Aus dem heimtückischen Mord am Drachentöter wird bei Hohlbein ein Sieg in einem ehrlichen Kampf – völlig unnötig, denn Hagen ist gerade deshalb so interessant, WEIL er sich den gängigen Wertevorstellungen entzieht und die Treue zu seinem König über die Moral stellt! Überdies bricht Hohlbein seine Erzählung mit Siegfrieds Tod ab, obgleich die fehlende, zweite Hälfte der Sage ungleich aufschlußreicher und entlarvender ist, vor allem für die Figur des Hagen.

Sparta von Steven PressfieldBei den Thermopylen findet sich eine Tafel mit folgender Inschrift: Wanderer, kommst du nach Sparta, so verkünde dort, du habest uns hier liegen gesehen, wie das Gesetz es befahl.
Über 200.000 persische Krieger überschreiten 480 v.Chr. auf einer Schiffsbrücke(!) den Hellespont und marschieren gegen Athen. Doch als Xerxis’ Heer den Engpass der Thermopylen passieren will, erhält er von seinen Spähern eine seltsame Nachricht: ein kleines, griechisches Heer von höchstens 4000 Mann hat sich in den “heißen Toren” verbarrikadiert, entschlossen, dem riesigen Heer des persischen Königs eine Schlacht zu liefern.

– Mit verbundenen Augen neigte der Gefangene leicht den Kopf und sprach ein Dankgebet zu einem seiner Götter. Die Geschichte, die Seine Majestät zu hören wünsche, so antwortete er schließlich, könne er aus ehrlichem Herzen erzählen, denn sie sei sein größtes Anliegen. –
Kapitel 1

Vor mehr als 2000 Jahren haben Herodot und Plutarch in ihren Berichten Sparta ein unsterbliches Denkmal gesetzt. Steven Pressfield war wohl entschlossen, die Lobeshymnen der beiden noch zu übertreffen, denn sein Werk trieft nur so von schwülstigem Pathos. So fühlt sich der Leser nicht von ungefähr an das amerikanische Marinekorps erinnert, wenn er die harte Ausbildung der spartanischen Krieger beschreibt, oder die brutalen Strafen der Ausbilder zu rechtfertigen versucht. Pressfield bedient jede Menge Klischees, um die heldenhaften Tugenden der Spartaner darzustellen, und unterlässt tunlichst jeden Hauch von Kritik an der Militärdiktatur Sparta, die auf Sklaverei (Heloten) aufgebaut war. Auch die weitverbreitete Homosexualität unter den spartanischen Kriegern, die ihre Frauen kaum zu sehen bekamen, passt offenbar nicht in Pressfields Vorstellung eines antiken Helden.
“Saving Private Leonidas”, Pressfields Version der Thermophylenschlacht, ist nur so gespickt mit fragwürdigem Pathos – die Handlung scheint er darüber vergessen zu haben. Neben zahlreichen historischen Fehlern, auf die ich nicht weiter eingehen will, verwendet Pressfield nämlich auch gerne Begriffe, die es damals überhaupt noch nicht gab, wie z.B. Tomate, Chirurg oder Kaserne. Wenn er dann noch schreibt, jemand antworte “wie aus der Pistole geschossen”, ist das Maß für mich voll: Solche Formulierungen haben in einer Geschichte, die vor 2500 Jahren spielt, nichts verloren! Da ich das Original nicht kenne, könnte hierfür aber auch Pressfields deutsche Übersetzerin Frauendorf-Mössel verantwortlich sein – ärgerlich ist es trotzdem. Positiv anzumerken ist lediglich die Beschreibung der eigentlichen Schlacht, die aber nur einen kleinen Teil der Erzählung ausmacht. Hier kommt tatsächlich ein wenig der Spannung auf, die man den Rest des Buches über vermisst hat. Retten kann das die lahme Handlung allerdings auch nicht mehr. Schade, denn aus der historische Vorlage der persischen Kriege hätte man ganz bestimmt mehr machen können.