Zum 70. Geburtstag von Paul Edwin Zimmer

Bibliotheka Phantastika erinnert an Paul Edwin Zimmer, der heute 70 Jahre alt geworden wäre. Seine erste professionelle Veröffentlichung erlebte der am 16. Oktober 1943 in Albany, New York, geborene Paul Edwin Zimmer als ungenannter Co-Autor von Hunters of the Red Moon (1973), einem SF-Roman, der jahrelang nur Marion Zimmer Bradley zugeschrieben wurde. Bei der Fortsetzung The Survivors (1979) wurde er dann allerdings als Co-Autor genannt, was möglicherweise eine Konzessionsentscheidung seiner berühmten Schwester war, der er dem Vernehmen nach nicht nur in diesen beiden, sondern auch in mehreren Darkover-Romanen bei der Gestaltung der Kampfszenen geholfen haben soll. Wozu er – als einer der Gründer der Society for Creative Anachronism und fähiger Schwertkämpfer – sozusagen prädestiniert war.
Paul Edwin Zimmers erste eigenständige Veröffentlichung war ein dünnes Bändchen mit dem Titel Woman of the Elfmounds (1980) bei Charles de Lints Triskell Press. Weitaus wichtiger ist allerdings die Sequenz aus vier – bzw. drei – Romanen und einigen Erzählungen, die unter dem Obertitel Dark Border bekannt ist. In den Romanen The Lost Prince (1982), King Chondos’ Ride (1982) – das ist eigentlich ein Roman, der nur aus Umfangsgründen gesplittet wurde –, A Gathering of Heroes (1987) und Ingulf the Mad (1989) sowie größtenteils im Magazin Fantasy Book erschienenen Erzählungen wie “A Swordsman from Carcosa” (1986), “The Shadow of Tugar” (1983), “The Wolves of Sarlow” (1984) oder “The Vision of Aldamir” (1988) entwirft Zimmer eine Welt, in der es einerseits typische The Lost Prince von Paul Edwin ZimmerFantasygeschöpfe wie Elfen und Zwerge und dergleichen mehr gibt, die aber andererseits von wahrhaft alptraumhaften Wesen bedroht wird, die jenseits der titelgebenden “dunklen Grenze” in einem Reich ewiger Dunkelheit leben und alles daransetzen, das zurückzuerobern, was ihnen einst von dem mächtigen Magier Hastur entrissen wurde. Vor allem in The Lost Prince und King Chondos’ Ride (auf Deutsch 1986 unter dem Obertitel Das Schattenreich mit den Titeln Der verschwundene Prinz und König Chondos’ Ritt erschienen) gelingt ihm dabei eine überzeugende Mischung aus Elementen der Sword & Sorcery und der Epic Fantasy, die jedoch wesentlich düsterer ausgefallen ist als die meisten anderen in dieser Zeit entstandenen Werke. Das liegt einerseits am Plot, der sich in erster Linie darum dreht, dass der jenseits der dunklen Grenze aufgewachsene und von den Wesen der Dunkelheit in ihrem Sinn erzogene Prinz Jodos unbemerkt gegen seinen Bruder Chondos, den rechtmäßigen Thronfolger des Königreichs Terencia ausgetauscht wird – mit logischerweise fatalen Folgen für die Reiche der Menschen. Das liegt aber auch am eigentlichen Setting, denn die Wesen, die das Schattenreich bewohnen, sind teilweise wahrhaft monströs, und ihr Auftreten und der bereits jahrtausendealte, von unglaublich mächtigen Entitäten geprägte Konflikt lassen immer wieder einen Hauch Cthulhu-Mythos durchschimmern (wozu auch einige Namen beitragen). Und zu guter Letzt hat es auch mit der Charakterisierung von Jodos und Chondos zu tun, die durch ihre Erziehung geprägt sind und dieser Prägung ebensowenig entkommen können wie jene Männer, die ihnen gegenüber – teilweise aus Unwissenheit bzw. den falschen Gründen – loyal sind.
Darüber hinaus lebt der Zweiteiler von seiner eigentlichen Hauptfigur, dem berühmten Schwertkämpfer Istvan DiVega, der bereits über 60 und damit über den Zenit seines Lebens hinaus ist und der im gesamten Zyklus eine ähnliche Rolle spielt wie etwa Druss in David Gemmells Drenai-Saga (und der reichlich screen time erhält, um seine Kampfkünste vorzuführen; immerhin muss man Zimmer zubilligen, dass er im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen weiß, wovon er schreibt). Die anderen beiden Dark-Border-Romane – später geschriebene, aber etliche Jahre früher spielende Prequels – bieten ordentliche, durchaus lesbare Sword & Sorcery oder Heroic Fantasy, reichen an die Qualität des Schattenreich-Zweiteilers allerdings nicht heran. Das gilt auch für Paul Edwin Zimmers einzigen außerhalb der Dark-Border-Sequenz erschienenen Roman Blood of the Colyn Muir (1988), den er zusammen mit Jon DeCles verfasst hat.
Die Hintergründe, die in den Romanen und Geschichten um die Dark Border gelegentlich angedeutet werden und immer mal wieder vage durchschimmern, deuten auf ein Universum hin, aus dem es noch viel zu erzählen gegeben hätte. Paul Edwin Zimmer wird über dieses Konzept, an dem er viele Jahre lang gearbeitet haben soll, allerdings nichts mehr erzählen, denn er ist am 18. Oktober 1997 im Alter von 54 Jahren während eines Conbesuchs an einem Herzinfarkt gestorben. Zwar ist immer wieder die Rede davon, dass Zimmer bereits einen fünften Dark-Border-Roman fertig geschrieben haben soll, doch mehr als der Titel – The King who was of Old – und die Tatsache, dass es sich um ein noch früher spielendes Prequel handeln soll, war und ist darüber nicht zu erfahren.

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