Rezensent: raven

Cover von Lord of Snow and Shadows von Sarah AshIn dem barbarischen Land Azhkendir herrscht seit Urzeiten der Drakhaon über die Clans, ein Hybridwesen aus Mensch und dem letzten Drachen. Mit dem Tode des lezten Drakhaon geht der Geist des Drakhaoul auf seinen Sohn über, Gavril Andar, der jedoch im Exil lebt und nichts von seinem Erbe und seiner Bestimmung weiß. Die loyalen Diener des Drakhaoul entführen Gavril aus den zivilisierten Ländern, damit er seine Herrschaft antreten kann. Nur seine Mutter versucht, ihn zu befreien und geht dabei ein Bündnis mit dem ehrgeizigen Prinzen Eugene von Tielen ein, dessen Ziel es ist, das alte Imperium mit ihm an der Spitze widerherzustellen.

-“Drakhaoul,” he whispers, in awe and terror.-
Prologue

Sarah Ash gelingt es, mit ihrem Fantasyroman Lord of Snow and Shadows (Eis und Schatten) eine ganz eigene, an Russland beziehungsweise Osteuropa gemahnende Welt zu erschaffen, die schnell Konturen annimmt und sich vor dem inneren Auge ausbreitet. Sie konzentriert sich vor allem auf die Geschichte des jungen, sensiblen Malers Gavril, der durch den Drachengeist besessen wird und sich plötzlich als Herrscher einer barbarischen Nation wiederfindet. Ihr gelingt es sehr gut, die langsame Entwicklung des jungen Mannes zu zeigen, der sich mehr und mehr von der unmenschlichen Essenz vereinnahmen lässt und zu einem Wesen wird, das er selbst verabscheut. Vor allem in den Figuren und deren Beziehungen zueinander liegt die Stärke des Romans, denn ihre Motive und Handlungen sind nachvollziehbar und man gewinnt sie schnell lieb. Dabei schafft die Autorin eine düstere Atmosphäre, die gut zu dem Hintergrund passt.
Die Geschichte selbst ist nicht besonders neu, erfährt aber häufiger interessante Wendungen und weiß zu unterhalten, obwohl man manchmal voraussehen kann, was geschehen wird. Leider ist es offensichtlich, dass der Roman nur der Auftakt einer Serie ist, denn manche Handlungsstränge werden nicht verknüpft, was am Ende einen leicht schalen Nachgeschmack hinterlässt.

Cover von Die Trolle von Christoph HardebuschIm Land Wlachkis kämpft der junge Rebell Sten cal Dâbran gegen den tyrannischen Herrscher Zorpad. Doch eines Tage verlässt ihn sein Glück, und er endet – in einem Metallkäfig ausgesetzt – mitten in den dichten Wäldern. Dort wird er ausgerechnet von Kreaturen gerettet, die er eigentlich für Märchen und Legenden hielt: Trolle. Die bösartigen und gewalttätigen Wesen sind an die Oberfläche gekommen, um Antworten zu finden, denn auch ihr unterirdisches Reich wird bedroht. Im Laufe einer gefahrvollen Reise zeigt sich: Nur wenn Menschen und Trolle sich verbünden, kann eine Zeit der Finsternis verhindert werden.

-In den Eingeweiden der Welt, weit unter dem Land, herrschten ewige Wärme und Dunkelheit. Endlose Tunnel und Höhlen zogen sich durch die Knochen der Berge und boten unzählige Verstecke.-
Founding, 1

Der Roman Die Trolle von Christoph Hardebusch führt den erfolgreichen Titelreigen rund um Tolkiens Geschöpfe fort, zu dem auch Markus Heitz’ Zwergenromane und Bernhard Hennens Elfenzyklus gehören. Diesmal dreht sich die Handlung um die namensgebenden Trolle, jedoch wird hier, anders als in anderen Romanen dieser Art, die Geschichte nicht aus Sicht der Trolle erzählt, sondern aus dem Blickwinkel der Menschen, die ihnen über den Weg laufen.
Die Geschichte selbst folgt einem klassischen Questenmuster, das der Autor aber immer wieder variiert. Besonders gut gelungen ist die Skizzierung der Verhältnisse von Gut und Böse, die ja in der Fantasy häufig eindimensional und platt dargestellt werden. Hier jedoch erscheinen nur wenige Handlungsträger als eindeutig definiert, denn obwohl die Trolle grausam und brutal sind, werden sie differenziert gezeichnet. Gleiches gilt für die menschlichen Protagonisten. Mir persönlich hat gut gefallen, dass die fremden Wesen auch tatsächlich fremdartig bleiben und nicht für den Lesefluss “vermenschlicht” werden.
Die Welt ist wunderschön ausgearbeitet, und es macht großen Spaß, sie während des Lesens zu entdecken. Die Beziehungen der Völker untereinander, ihre Geschichte und Kulturen werden detailliert und ausführlich beschrieben. Die vorhandene Magie ist schwach und spielt keine Hauptrolle. Generell erscheint die Welt sehr realistisch und gemahnt an Osteuropa im Mittelalter.
Sprachlich versteht der Autor sein Handwerk und weiß den Leser zu fesseln.
Neben all diesen ansprechenden Faktoren muss aber auch gesagt werden, dass der Roman recht schleppend beginnt, um sich gegen Ende stark im Tempo zu steigern. Dieser langsame Anfang erleichtert nicht gerade den Einstieg, da teilweise allzu ausufernd beschrieben wird. Ein überzeugender Debütroman, der auf mehr hoffen lässt.