Zum 75. Geburtstag von Barry Sadler

Bibliotheka Phantastika erinnert an Barry Sadler, der heute 75 Jahre alt geworden wäre. Unter den Autoren und Autorinnen, die Fantasy – oder, um es mal ganz weit zu fassen: Geschichten mit für die Handlung wichtigen phantastischen Elementen – geschrieben haben oder schreiben, gibt es eine ganze Reihe schillernder Gestalten. Eine der schillerndsten war zweifellos der am 01. November 1940 in Carlsbad, New Mexico, geborene Berufssoldat, Vietnamveteran, Sänger und Songschreiber und last but not least Autor Barry Sadler, dem 1966 mit seiner patriotischen, die Special Forces verherrlichenden “The Ballad of the Green Berets” in den USA ein Nummer-1-Hit gelang, der sich binnen fünf Wochen zwei Millionen Mal verkaufte. Der auch hierzulande im Radio häufig gespielte Song (von dem es auch zwei deutsche Fassungen gibt* und den man sich – so man noch nicht alt genug ist, sich zu erinnern oder einfach nur neugierig ist – hier anhören kann) wurde zwei Jahre später zur Titelmelodie in dem Kriegsfilm The Green Berets (mit John Wayne in der Hauptrolle) und hatte zur Folge, dass Sadler wenig später den Dienst quittierte, um sich auf seine musikalische Karriere zu konzentrieren. Da er seinen ersten Erfolg jedoch nie auch nur ansatzweise wiederholen konnte, verlegte er sich Ende der 70er Jahre aufs Schreiben und veröffentlichte 1979 mit Casca – The Eternal Mercenary den ersten Band einer Serie um einen zur Unsterblichkeit verdammten Söldner oder Krieger, der sich in diesem und den folgenden Bänden durch die unterschiedlichsten kriegerischen Auseinandersetzungen im Verlauf von zweitausend Jahren menschlicher Geschichte kämpft.
In besagtem Roman erfahren wir – eingebettet in eine Rahmenhandlung, in der Casca sich als schwer verwundeter US-Soldat in einem Lazarett in Vietnam überraschend schnell von seinen Verletzungen erholt und einem amerikanischen Militärarzt seine Geschichte erzählt –, wie aus dem einfachen römischen Legionär Casca Rufio Longinus ein unsterblicher Söldner wurde: Casca war derjenige, der während der Kreuzigung auf Golgotha Jesus mit einer Lanze die Seite geöffnet hat – eigentlich, um ihm weiteres Leiden zu ersparen – und daraufhin von diesem dazu verflucht wurde, bis zur “Wiederkunft des Herrn” als unsterblicher Soldat durch die Welt zu wandern. Casca altert nicht, und er kann auch nicht gewaltsam getötet oder tödlich verwundet werden, allerdings kann er sehr wohl Schmerz verspüren.
Casa: The Eternal Mercenary von Barry SadlerUnd so kämpft Casca in Band eins als Gladiator in der Arena, gelangt in Band zwei zusammen mit einer Horde Wikinger nach Mexiko und wird zu einem Gott für die Teotecs (die wohl sowas wie Proto-Azteken sein sollen), bekommt in Band drei u.a. Ärger mit der Kaiserin von China (die selbst gerne unsterblich wäre), kämpft in Band vier im Zweiten Weltkrieg auf deutscher Seite in der Schlacht bei Kursk, ist in Band fünf wieder ein römischer Legionär, dient in Band sechs dem persischen Kaiser (und wird bei dieser Gelegenheit verbrannt, so dass nur noch sein Skelett übrig ist – aber Casca wäre nicht Casca, wenn er nicht selbst das überleben würde), bekommt es in Band sieben mit Attila zu tun, ist in Band acht in den 1970er Jahren als Söldner in Kambodscha unterwegs, kämpft in Band neun auf Seiten des Oströmischen Reiches gegen die Vandalen etc.pp.
Die Romane – bei denen übrigens nicht ganz sicher ist, ob alle 22, die zu Sadlers Lebzeiten bzw. kurz danach erschienen sind, wirklich von ihm stammen – weisen außer ihrer nicht nur unsterblichen, sondern auch unkaputtbaren Hauptfigur keinerlei phantastische Elemente auf und entsprechen am ehesten diversen “harten” Taschenbuchserien, die in den USA und England den Platz der Pulps eingenommen haben; andererseits sind zumindest die in der Antike und im frühen Mittelalter spielenden Bände für Freunde des historischen Abenteuerromans – wobei die Betonung auf Abenteuerroman liegt – nicht uninteressant.
Die Idee, eine unsterbliche Hauptfigur die Jahrhunderte durchwandern und diverse Abenteuer erleben zu lassen, wurde von etlichen Autoren und Autorinnen umgesetzt. Am bekanntesten dürften zwei ähnlich umfangreiche, aber jeweils größere Zeiträume abdeckende Serien sein: zum einen die um Chelsea Quinn Yarbros Vampirgrafen Saint Germain, der bereits ein Jahr vor Casca in Hôtel Transylvania (1978) sein erstes Abenteuer erleben durfte, zum anderen die von Hanns Kneifel für die Perry-Rhodan-Taschenbuchreihe verfassten “Atlan Zeitabenteuer”, in denen – beginnend mit Bruder der stählernen Wölfe (1968) – der auf der Erde gestrandete Arkonide Atlan seine Spuren in der Menschheitsgeschichte hinterlässt.
Barry Sadler selbst schaffte es noch zwei Mal – allerdings nicht als Autor – in die Schlagzeilen: das erste Mal, als er am 01. Dezember 1978 den Countrymusiker Lee Emerson Bellamy (wohl aus vermeintlicher Notwehr) erschoss, und das zweite Mal, als er am 07. September 1988 in Guatemala City – er hielt sich seit Mitte der 80er Jahre als “Militärberater” in Nicaragua auf – einen Kopfschuss erlitt, von dem er sich nicht mehr erholen sollte, sodass er am 05. November 1989 starb. Seine Serie um den unsterblichen Söldner Casca wurde auch über Sadlers Tod hinaus weitergeführt und ist mittlerweile bei Band 43 angelangt.

* – “The Ballad of the Green Berets” heißt auf Deutsch “Hundert Mann und ein Befehl”; der textliche Schwerpunkt der zwei leicht voneinander abweichenden Versionen von Freddy Quinn und Heidi Brühl unterscheidet sich allerdings deutlich von dem des Originals

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