Timeline – Eine Reise in die Mitte der Zeit

Cover von Timeline von Michael CrichtonITC, eine Firma, die Anwendungen der Quantentechnologie entwickelt, sponsort archäologische Ausgrabungen an der Dordogne in Frankreich. Geleitet werden diese von einem amerikanischen Historikerteam, das die mittelalterlichen Gebäude rekronstruieren soll. Doch ITC weiß bereits bestens Bescheid, wie die Anlagen auszusehen haben, denn die Firma verfügt über Zeitmaschinen. Und bald findet sich eine Gruppe Geschichtsstudenten mit einem gefährlichen Auftrag mitten im Frankreich des Jahres 1357 wieder.

-Er hätte diese Abkürzung nie nehmen dürfen.-

Ich verstehe nicht viel von Quantenphysik oder mittelalterlicher Geschichte, aber dieser Roman macht einen gut recherchierten Eindruck auf mich (könnte an den sieben Seiten Bibliographie liegen). Gefallen hat mir die Darstellung des Lebens im Mittelalter – nicht als “statisch, grausam und rückständig”, sondern als “dynamisch” und “Zeit rasanter Entwicklungen”, wie Historiker inzwischen auch der Meinung sind (so der Autor).

Ansonsten hat mich Timeline aber eher zum Erbrechen gebracht (Entschuldigung). Als Fantasy-Leser ist man ja völlig unrealistischen Ausgangssituationen durchaus gewogen (also keine Kritik an Zeitreisen etc.), aber ich erwarte dann doch eine nachvollziehbare Entwicklung von Charakteren und Story. Beides ist hier leider nur unglaublich platt und klischeehaft dargestellt.
An Personen wäre da der gutaussehende Möchtegern-Frauenheld Chris, dessen Eltern zu Beginn seines Studiums tragischerweise starben, und dessen Professor (der, der aus der Vergangenheit gerettet werden muss) sich dann väterlich seiner annahm (nicht dass diese Infos, die bei Chris’ Einführung runtergerattert werden, später jemals auch nur irgendeine Rolle spielten!). Dann ist da der noch besser aussehende Dozent André, der am liebsten im Mittelalter leben würde und total gut mit Pfeil, Bogen und Breitschwert (das Wort “Breitschwert” kommt mir im ganzen Buch etwas zu oft vor. Es scheint im 14. Jh. keine anderen Schwerter zu geben) umgehen kann. Und was für ein glücklicher Zufall, dass die hübsche Kate passionierte Freeclimberin ist! Denn irgendwie muss sie enorm viel herumklettern.

Zur Story: natürlich geht alles schief, was schief gehen kann. Ereignisse und Personen (z.B. der “Grüne Ritter”) werden so konstruiert eingebaut, dass die Figuren ständig aufgehalten werden und die knapp bemessene Zeit (warum ausgerechnet exakt 37 Stunden?!) immer noch knapper wird. Außerdem finden auftretende Fragen oft genug keine Antwort, angefangene Handlungsstränge kein Ende, und scheinbar wichtige Details spielen später keine Rolle mehr. Und, achja, wir sind im Mittelalter! Also kann das größte Klischee gar nicht ausgelassen werden, so dass die Herren, kaum angekommen, auch schon an einem Ritterturnier teilnehmen müssen!
Na, so ist es auch kein Wunder, dass Hollywood das Ganze verfilmt hat. Platte Geschichte, gutaussehende Menschen ohne tieferen Charakter, Happyend – alles was ein guter Blockbuster braucht!

Stand: 27. Oktober 2012
Originaltitel: Timeline
Erscheinungsjahr: USA 1999, D 2002
Verlag: Goldmann
Übersetzung: Klaus Berr
ISBN: 3-442-45122-1
Seitenzahl: 625