The Prophet of Yonwood

The Prophet of Yonwood von Jeanne DuPrauDie elfjährige Nickie und ihre Tante fahren in das kleine Städtchen Yonwood, wo sie sich um den Nachlass des verstorbenen Urgroßvaters kümmern wollen. Während Nickies Tante die alte Villa verkaufen möchte, plant Nickie sich dort ihr neues Zuhause einzurichten, fern des drohenden Krieges, der seine Schatten über die Großstädte wirft.
Doch Yonwood ist nicht so idyllisch, wie sich das Mädchen den Ort vorgestellt hat. Eine Einwohnerin Yonwoods hatte eine schreckliche Zukunftsvision, in der die Welt im Feuer untergeht. Eine eingeschworene Gruppe versucht fortan die kryptischen Worte der Prophetin zu interpretieren um die drohende Zerstörung zu verhindern.

– She felt herself flung high into the sky, and from there she looked down on a dreadful scene. The whole earth boiled – a howling and crashing and crackling – and finally, when the firestorm subsided, there came a silence that was more terrible still.-
The Vision, S. 1

The Prophet of Yonwood ist der dritte Teil in der Reihe The Books of Ember. Hierbei gilt es allerdings gleich zu beachten, dass es sich dabei um ein Prequel handelt und die Geschichte völlig losgelöst ist von den Abenteuern die Lina und Doon in The City of Ember (Lauf gegen die Dunkelheit) oder The People of Sparks (Ankunft im Licht) erleben.

Der Roman setzt ca. 50 Jahre vor dem Bezug Embers ein und zeigt eine Zeit, die unserer Gegenwart sehr nahe sein muss. Wer nun aber hofft, den Bau der unterirdischen Stadt zu erleben und zu erfahren wie alles begann, der wird dieses Buch recht enttäuschend finden. Die Verknüpfung mit Ember findet erst im Epilog statt, und obwohl diese Verknüpfung ganz charmant ist, tröstet sie nur wenig über die Enttäuschung hinweg, die man als Leser bei diesem Buch empfindet.
The Prophet of Yonwood
erzählt stattdessen von Nickie, die in die alte Villa ihres Urgroßvaters in Yonwood kommt. In dieser Stadt wiederum gibt es eine Frau, die als Prophetin betrachtet wird, deren Worte von einer anderen Frau interpretiert werden, und eine Stadt, die diesen Interpretationen und entstehenden Anweisungen folgt. Im Prinzip spielt sich hier ein klassisches Kleinstadtdrama mit religiösem Hintergrund ab. Eine ganze Stadt fängt an im Namen Gottes Opfer zu bringen, in dem Glauben, ihre Stadt sei auserwählt zu überleben, wenn ihre Einwohner nur gut und rechtschaffen handeln. Unter dieser Prämisse geschehen in dem kleinen Städtchen schnell ungerechte Dinge bei dem Versuch, alles richtig zu machen. Menschen, die sich dem Glauben an die Prophetin versperren und sich in irgendeiner Form falsch verhalten, werden als Unruhestifter verschrien, verurteilt und bestraft. Der Roman zeigt in einer leider eher langatmigen Schilderung, wie die Furcht Menschen dazu bringt, absurde Entscheidungen zu treffen und ebenso absurde Ideen zu haben. Findet sich dann noch ein Besserwisser mit selbstbewusstem Auftreten bei völliger Ahnungslosigkeit, ist das Chaos perfekt.
Autorin Jeanne DuPrau thematisiert in ihrem dritten Roman hauptsächlich die Furcht vor dem drohenden Krieg und die Auswirkungen von blindem Glauben und fehlgeleiteten guten Absichten, was theoretisch kein schlechter Ansatz ist, hier aber nur kläglich umgesetzt wurde.

Nickie, deren Vater irgendwo in der Welt einen geheimen Auftrag ausführt, erhält derweil per Postkarte achso seltsame P.S.-Nachrichten, die schnell als versteckte Hinweise und geheimes Rätsel vorgestellt werden, ohne dabei im Verlauf der Handlung ein Miträtseln zu ermöglichen. Stattdessen wird einem die Lösung schließlich in einem beiläufigen Nebensatz auf dem Silbertablett serviert und man fragt sich: wozu? Denn der Inhalt der Nachrichten ist belanglos und das Rätsel selbst aufgrund des mangelhaften Aufbaus nicht im Mindesten spannend. Während The City of Ember wie eine große Abenteuerreise daherkommt, in der es allerhand Geheimnisse aus der Vergangenheit zu entdecken gab, scheitert The Prophet of Yonwood darin, sich das selbe Prinzip zunutze zu machen.
Weiterhin bewegt sich Nickie auf Spurensuche durch das viktorianische Haus ihrer Vorfahren, findet dort alte Briefe, Fotografien und das Tagebuch ihres Urgroßvaters, in dem er allerlei seltsame Beobachtungen aufgezeichnet hat. Unter anderem erwähnt er hierin die Begegnung mit einem Geist und die String-Theorie. An diesem Punkt läuft man Gefahr neugierig zu werden und neue Hoffnung für das Buch zu schöpfen, nur um dann mit anzusehen, wie diese interessanten Ideen im Keim erstickt werden. Welchem Zweck die Aufnahmen dienten oder was genau Nickies Urgroßvater mit seinen Notizen beabsichtigt hat, kann man nur erahnen. Man fragt sich, worin der Sinn besteht, diese Dinge zu erwähnen, wenn sie nirgendwo hinführen. Mehr als einen gewissen nostalgischen Charme für die Villa erzeugen sie nicht und so kann man nur hoffen, dass zumindest die Notizen des Urgroßvaters für den letzten Teil dieser Buchreihe noch genutzt werden.
Übrigens: Auszüge von Nickies Fundstücken wurden auch als Bildmaterial in den Roman eingefügt, vielleicht ist das für den ein oder anderen von Interesse.

Wer nun also auf die eingangs erwähnten wenigen charmanten Verknüpfungen zu The City of Ember verzichten kann – Handlungsrelevantes erfährt man hier nicht – der darf The Prophet of Yonwood getrost ignorieren und ungelesen lassen, denn dieses Buch endet dort, wo es hätte beginnen sollen und liefert einem nichts als Entschädigung.

Stand: 23. September 2012
Erscheinungsjahr: USA 2006
Verlag: Yearling
ISBN: 978-0-440-42124-5
Seitenzahl: 289