Song of the Beast

Song of the Beast von Carol BergEinst galt Aidan MacAllister als Günstling der Götter und bester Musiker seiner Zeit, und seine Lieder hatten die Kraft, die Gemüter der Menschen zu verändern. Doch plötzlich verschwand er spurlos – wegen Verrats am König, seinem Vetter, wurde er eingesperrt. Nach 17 Jahren wird er entlassen, aber das Gefängnis hat ihn gebrochen, sein Talent ist verwirkt. Doch sein Lebenswille erwacht langsam wieder, denn er will herausfinden, warum er jahrelang gefoltert und von der Welt ferngehalten wurde. Die Drachen, Kriegsbestien des Königreiches und Säulen seiner Macht, scheinen dabei eine wichtige Rolle zu spielen, aber bevor Aidan mehr herausfinden kann, wird er wiederum von den Häschern des Königs verfolgt.

-The light had almost undone me. I had not been prepared for any of it, dead man that I was, but never could I have been ready for the shattering explosion of sunlight after so many years in the dark.-
Chapter 1

Nach der Veröffentlichung von Carol Bergs Rai-Kirah-Trilogie konnte die Autorin auch diesen – früher verfaßten – Roman veröffentlichen, einen heimlichen Erstling also. Man merkt ihm auch einige ungeschliffene Kanten an, vor allem in der nicht ganz ausgewogenen Handlungskonstruktion, und Themen und Elemente decken sich zum Teil mit dem, was die Autorin später ausführlicher und elaborierter ausgearbeitet hat.
Aber Song of the Beast besticht durch faszinierende Plotideen rund um Götterglauben, Drachen und Musik, eine spannende, treibende Handlung, souveräne Sprache und  gelungene Charaktere. Der abgeschlossene Einzelband bietet zudem eine epische Handlung auf nicht zu vielen Seiten.

An Parallelen zu den drei Vorgängern sticht als erstes der zu Beginn gebrochene und aussichtslose Hauptcharakter ins Auge. Berg weiß allerdings mit ihren Figuren umzugehen, so daß gerade in diesem Bereich nicht so schnell Langeweile aufkommt: es sind durch die Bank keine Neulinge, die sich erst ihren Platz in der Welt suchen und Erfahrungen machen müssen, sondern gestandene Männer und Frauen, die bereits viel durchgemacht haben. Für diesen Hintergrund ist die Ich-Perspektive des Romans die beste Wahl, allerdings wechseln die erzählenden Charaktere, und die Übergänge sind trotz der eindeutigen Zuordnung nicht immer bruchlos von statten gegangen, zumal die sehr ungleichmäßige Verteilung (es gibt nur sehr kurz einen Schwenk zu einer anderen Figur) wie ein strukturell unschöner Notnagel in der Plotkonstruktion wirkt.

Viele Wendungen und Überraschungen lassen die Handlung fast bis zur letzten Seite spannend bleiben – und an den gediegenen Szenen- und Satzkompositionen merkt man trotz der Konstruktionsschwächen, daß hier eine sehr talentierte Erzählerin am Werk ist: Egal, ob bewegend, lustig oder haarsträubend spannend, Carol Berg bewegt sich immer auf sicherem Boden. Nebenbei wird eine Welt präsentiert, die im Detail, auch wenn man nur dedizierte Ausschnitte zu sehen bekommt, sehr lebensecht wirkt – Magie wird man allerdings vergeblich suchen.

Das Besondere an Song of the Beast und der Grund, weshalb man vielleicht trotz  der ungeschliffenen Kanten einen Blick hineinwerfen sollte, sind die Drachen. Selten hat man ein so gelungenes und stimmiges Konzept für diese beliebten Fantasystereotype schlechthin gelesen. Was meistens irgendwie gekünstelt und zusammengeschustert wirkt, läuft hier wie geschmiert: Die Drachen sind viel mehr als nur Tiere, aber meilenweit von einer anthropomorphisierten Darstellung entfernt und strahlen die Erhabenheit aus, die man sich zumindest in diesem Setting von solchen Urmächten erwartet.

Stand: 06. Juni 2012
Erscheinungsjahr: USA 2003
Verlag: Roc
ISBN: 0-451-45923-7
Seitenzahl: 467