Sea without a Shore

Cover des Buches "Sea Without a Shore" von Sean Russell Vom Palast auf eine Reise um die halbe Welt geschickt, findet sich Tristam mitten im Ozean auf einer geheimnisvollen Insel wieder. Die Bewohner empfangen die Fremdlinge offenherzig. Doch der Friede wärt nicht lange, denn Tristams Kameraden ist jedes Mittel recht, um ihren Auftrag zu erfüllen – die magische regis-Pflanze zu erlangen und zurück nach Farrland zu segeln, wo der altersschwache König bereits auf sie wartet. Doch auch zu Hause in Farrland geht es nicht gerade ruhig zu: Tristams Cousin Jaimas gerät sieht sich einer ungeheuren Intrige gegenüber, in die sogar der Kronprinz selbst verwickelt zu sein scheint. Doch was wollen die Verschwörer und was hat das Ganze mit Tristams verstorbenem Onkel zu tun, der angeblich der letzte Magierlehrling gewesen sein soll?

-No one understands, he thought. Has there ever been such an occurrence in known history? The powerful of two nations racing toward a ruined abbey for a purpose that no on can articulate. It is like a madness.-
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Ich gebe zu, dass ich mich mit der Zusammenfassung etwas schwer getan habe. Im Nachhinein sind es doch sehr viele Handlungsstränge, die man schlecht zusammenfassen kann, ohne gleich die halbe Geschichte zu verraten. Noch dazu sind die Handlungen nicht streng voneinander getrennt, sondern haben oft Einfluss aufeinander, obwohl sie eigentlich eine halbe Welt voneinander getrennt spielen. Das macht ja eigentlich gerade eine gute Geschichte aus und ich kann bestätigen: schlecht ist der zweite Teil von Sean Russels Zyklus nicht. Zumindest für diejenigen Leser, die gerne Intrigen- und Machtspiele verfolgen und sich in jedem Adelshaus zu Hause fühlen. Für Leser, die das Schlachtgetümmel oder wilde Magieduelle vorziehen, sicher kein Buch, das ihnen Freude bereiten würde.

Im Prinzip bleibt sich der Autor treu und man kann das kritisieren oder loben, was man auch im ersten Teil kritisiert/gelobt hat. Dass es keine großen Kämpfe oder fiesen Monster gibt, heißt aber nicht gleich, dass der Roman völlig langweilig dahin plätschert und sich an den Intrigen an irgendeinem Königshof aufhält. Der Autor beweist, dass man auch mit subtilen Mitteln durchaus Spannung erzeugen kann. Obwohl sich doch alles um Magie dreht, bleibt sie bis auf den Schluss völlig im Hintergrund. Nicht umsonst steht auf dem Cover, dass die Ära der Magier vorbei ist und nicht bloß in den Untergrund verdrängt wurde.

Die Charaktere sind meiner Meinung nach wunderbar gelungen. Nicht nur die Hauptpersonen Tristam und Jaimy, sondern besonders die Fülle an Nebenpersonen, die jede ihre eigene Geschichte zu erzählen hat. Namentlich Alissa, die Duchess of Morland, die Countess Chilton, der Maler Kent und Captain Stern sind großartige Charaktere, die sehr detailgetreu ausgearbeitet sind und lebendig wirken. Das müssen sie allerdings auch, da sich der Roman über weite Teile eher auf die Personen als auf die Handlung verlässt (wie gesagt, Magieduelle Fehlanzeige).

Erst am Ende kommt dann auch mal richtige Magie zum Zug. Das Ende führt alle Handlungsstränge zu einem interessanten Finale, das gleichzeitig in Ozeana und in Farrland spielt und hier anscheinend die vorher vermisste Magie auf 50 Seiten komprimiert aufholen will. Trotzdem passt das Ende hervorragend in die Geschichte und führt sie zu einem würdigen Abschluss, der einem dann auch am meisten in Erinnerung bleibt.

Auch für den zweiten Teil sollte der Leser solide Englischkenntnisse haben. Die Figuren gehören allesamt zu “höheren Schichten” und die Ausdrucksweise ist etwas schwieriger, als man heute im normalen Schulenglisch gelehrt bekommt.

Insgesamt also eine ruhige, aber nicht allzu leichte Geschichte über Intrigen, Macht und schließlich doch über Magie. 😉

Stand: 17. Oktober 2012
Erscheinungsjahr: USA 1996
Verlag: DAW
ISBN: 0-88677-665-1
Seitenzahl: 598
Titel der Übersetzung: Meer ohne Ufer