Schattenbruch

Schattenbruch von Markolf HoffmannNoch immer kämpfen die Menschen auf Gharax verzweifelt gegen die einfallenden Echsenwesen, die Goldéi, an – doch nach wie vor ohne Aussicht auf Erfolg. Nicht einmal die von Baniter Geneder herbeigeführte Verbindung des Kaiserreichs Sithar mit seinem Nachbarn Arphat kann gegen die einfallende Macht bestehen, zumal der junge Kaiser und seine Frau, die arphatische Herrscherin, gegeneinander intrigieren. Baniter selbst ist ein Gefangener des Kaisers, während sich über der Hauptstadt Vara langsam das Unheil zusammenbraut.
Derweil versuchen die beiden verfeindeten Legenden Mondschlund und Sternengänger ihre jeweiligen Verbündeten in den Kampf zu ziehen, doch diese vertrauen ihren Mentoren nicht vollends – wie es aussieht, zu recht.

-Tief im Gestein schwelt uralter Haß. Zwischen Schichten aus Erz und Granit, Ton und Kies wohnt eine Kraft, die uns Menschen verachtet, unser Fleisch, unser pochendes Herz, das Blut, das durch unsere Adern peitscht.-
Prolog

Mit einem abermals äußerst eindrucksvollen Prolog nimmt Markolf Hoffmann die vielen komplex verstrickten Fäden seiner Erzählung wieder auf – und das größte Manko an Schattenbruch ist wohl, daß er sie in diesem immerhin vorletzten Band der Reihe nicht einmal ansatzweise entwirrt, so daß man am Ende nur wenig klüger ist und sich in keiner Weise ausmalen kann, wo der Autor denn mit all seinen Handlungssträngen hin will. Daher entsteht trotz der diesmal actionreichen und vielseitigen Handlung das Gefühl, im Prinzip auf der Stelle zu treten: Es werden keine Zusammenhänge aufgeklärt, die fragwürdige Loyalität und Moral aller Figuren bleibt erhalten und gerade zu den beiden großen Gegenspielern im Hintergrund der Geschichte, Sternengänger und Mondschlund, gibt es keine näheren Informationen.

Wenn die Kontinuität in Hoffmanns Informationspolitik auch ein wenig störend ist – an anderer Stelle ist sie hochwillkommen: Wie bereits in den Vorgängerbänden kann man sich an einem schönen und sich vom Einheitsbrei abgrenzenden Sprachstil erfreuen, der wie gehabt auch sprachliche Experimente beinhaltet (die wiederum nicht jedes Lesers Fall sein dürften). Abgesehen davon, daß nicht alle diese Experimente ganz rund laufen, finden sich in Schattenbruch wieder etliche stilistisch überzeugende Elemente, und man kann sich von einem erweiterten Wortschatz, der durchaus auch antiquierte Wortbedeutungen enthält, verwöhnen lassen.

Die Handlung vermag nach wie vor zu fesseln, wenn man auch nicht umhin kommt, zu fragen, wie dieser Knoten im Abschlußband denn ohne brutalen Schwerthieb gelöst werden soll – interessante Ideen, die sich wohltuend vom mittelaltertümelnden Standard abheben, gibt es zu Hauf, und die moralisch ganz und gar nicht einwandfreien Figuren, bei denen so gar kein Auge zugedrückt wurde, so daß sie allesamt mehr schlechte als gute Seiten haben, sind farbig, entwickeln sich und haben Tiefe. Aber gerade hier vermißt man nach wie vor ein wenig Herzblut. Auf den ersten Blick erscheinen die Figuren fast oberflächlich – aber was fehlt, ist schlichtweg ihre Gefühlsebene. Die emotionale Bindung der zahlreichen Charaktere an den Leser wurde beinahe komplett ausgespart und deswegen sind sie nicht selten schwer nachvollziehbar. Den Verzicht auf das vermeintlich billige Wechselbad der Gefühle mag ja ein ehrbarer Ansatz sein, aber die so geschaffene Distanz von Leser und Figur trägt nicht dazu bei, daß man sich locker-leicht auf die Ebene der Geschichte und der Welt Gharax begeben kann.
Ein abgeschlossenes Leseerlebnis hat Schattenbruch übrigens nicht zu bieten – alle Handlungsstränge enden in einem Cliffhanger. Fesselnd genug, zum Folgeband zu greifen, ist das Zeitalter der Wandlung gewiß. Aber mit fortschreitender Dauer hätte man sich in vielfacher Hinsicht etwas mehr als das gewünscht …

Stand: 06. Juni 2012
Erscheinungsjahr: D 2005
Verlag: Piper
ISBN: 3-492-28537-6
Seitenzahl: 352