Kushiel’s Chosen

Cover von Kushiel's Chosen von Jacqueline CareyEin Jahr ist vergangen, seit die Invasion der Skaldi abgewehrt werden konnte. Phèdre lebt mittlerweile glücklich auf dem kleinen Anwesen Montrève, zusammen mit ihren Beschützer Jocelin. Eines Tages kommt ein alter Freund ihres verstorbenen Vormundes Delaunay zu Besuch und bringt ein merkwürdiges Geschenk mit: ihren sangoire Mantel, den die entkommene Verräterin Melisande bei sich hatte. Phèdre weiß, dass dies eine Herausforderung darstellt, dass Melisande noch nicht geschlagen ist. Und dass sie ihr kurzes Glück aufgeben muss, um die Königin zu warnen. Doch keiner ahnt, wie tief die Verschwörung geht …

-Kushiel’s gift is cruel. I have never, ever, found any man so beautiful to me as Jocelin Verreuil, and no man caused me so much pain. One does not, I suppose, reign over hell without a well-developed sense of irony.-
Thirty-Four

Der zweite Kushiel-Band steht dem ersten in nichts nach. Genauso atmosphärisch und stimmungsvoll wie zuvor geht es weiter, mittlerweile ist man mit der Welt und den Personen vertraut, sodass nun weitere fremde Kulturen erforscht werden können. Dabei ist es immer wieder spannend zu sehen, wie der andere Verlauf der Geschichte sich auf das vertraute Europa ausgewirkt hat. Viele Parallelen sind erkennbar und trotzdem unterscheidet sich Careys Welt deutlich von der unseren. Dort zeigt sie ihr ganzes Potential und präsentiert mit ihrer einzigartigen Erzählstimme Phèdres Welt sehr deutlich und vor allem realistisch – es stimmt einfach alles.

Leider verliert die Hauptperson ein wenig den Boden unter den Füßen und übertrifft sich immer wieder selbst. Schon die sechs fließend gesprochenen Sprachen (während des Buches wird Nummer 7 erlernt) lassen den Durchschnittsleser vor Neid erblassen. Da hat es die Autorin wohl ein wenig zu gut gemeint – dass Phèdre etwas Besonderes ist, steht außer Frage. Aber noch ein bißchen mehr und sie ist bereit für die Weltherrschaft, die sie dank der vielen Freunde, Jocelins Kampfkünsten und den Zugängen zu jedem größeren Hof auf ihrem Weg auch mühelos erreichen könnte. Dafür sind bis zur letzten Nebenfigur die Charaktere lebendig und glaubwürdig beschrieben, was nicht zuletzt zur Atmosphäre beiträgt.

Die Handlung versucht die des ersten Buches zu übertreffen – und auch hier übertreibt man meiner Meinung nach etwas. Die Intrigen sind fein gesponnen, alles passt hervorrangend und stimmungsvoll zusammen. Aber zwischendurch hat man das Gefühl, dass Schicksalsschlag auf Schicksalsschlag folgt, nur um Phèdre noch weiter weg und noch verzweifelter zurückzulassen. Wie gesagt, die Atmosphäre stimmt und die Seiten fliegen nur so dahin, aber vielleicht wäre ein bißchen weniger mehr gewesen.

Stand: 12. September 2012
Erscheinungsjahr: 2002
Verlag: Tor
ISBN: 0-765-34504-8
Seitenzahl: 678
Titel der Übersetzung: Der Verrat