Kushiel’s Avatar

Cover von Kushiel's Avatar von Jacqueline Carey 10 Jahre Frieden hat das Orakel prophezeit, und die neigen sich dem Ende zu. Es beginnt mit Albträumen über Hyacinthe, dann erreicht Phèdre ein Brief von Melisande – in dem sie um Hilfe bittet. Trotz Protests Jocelines reist sie nach La Serenissima und stellt sich ihrer Erzfeindin. Doch anstatt der kühlen, berechnenden Verräterin erwartet sie eine sorgende Mutter, denn Melisandes Sohn Imriel ist verschwunden. Der Dritte in der Thronfolge wurde aus seinem Versteck entführt. Nur einer Person traut Melisande zu, ihren Sohn zu finden, und bietet dafür den Schlüssel zur Rettung von Hyacinthe. Obwohl sie damit ihrer Feindin hilft, begibt sich Phèdre auf die gefahrvolle Suche nach dem Jungen …

-»Did you tell him our plan?« I asked.
Imriel nodded, both feet hooked about the rungs of the stool. »He says you are as mad as the Mahrkagir and we are all like to die.«
I hadn’t expected any different. »Will he do it?«
»Yes.«-

Handlungsmäßig ist Kushiel’s Avatar (Die Erlösung) leider kein großer Renner. Man braucht nur die Karte aufzuschlagen um zu ahnen, dass die leisen Befürchtungen des zweiten Teiles wahr geworden sind. War es im ersten Band, Kushiel’s Dart (Das Zeichen; Neuauflage) eine Karte von Terre D’Ange und den angrenzenden Ländern, war es beim zweiten Band, Kushiel’s Chosen (Der Verrat) schon das westliche Mittelmeer und beim Dritten … So kommt es, wie es kommen musste und Phèdre reist noch weiter als zuvor, erlebt noch fremdere Kulturen, lernt noch mehr Sprachen und muss noch mehr ertragen. Klar, dass nichts weniger auf dem Spiel steht als die bekannte Welt, auch wenn es nicht so explizit gesagt wird. Die Reisen aus den vorherigen Büchern muten dabei fast wie ein Kindergartenausflug an, trotzdem kommt nur wenig Spannung auf. Immer sind es Phèdres waghalsige Pläne, die die Situation retten. Wären die Bücher nicht so verdammt gut geschrieben, wäre es ein schönes Beispiel dafür, was passiert, wenn Autoren ihre Figuren zu sehr mögen. So nimmt man es der Autorin schon fast ab, was Phèdre alles kann. Letztendlich gibt es kein Land, welches sie nicht besucht hat, um dort irgendetwas Gutes in Gang zu bringen. Die Bescheidenheit von Phèdre ist dabei fast schon unnatürlich, schließlich schuldet jedes Königreich ihr mindestens einen Gefallen. Den Welteroberungsplänen steht also nichts mehr im Weg … Wieder können die Charaktere überzeugen, obwohl die Motive der Hauptperson manchmal ein wenig im Dunkeln liegen. Das liegt eventuell daran, dass sie selbst nicht weiß, warum sie manche Dinge tut – begründet wird es geschickt dadurch, dass sie die Auserwählte eines Gottes ist. Klingt im ersten Moment vielleicht etwas platt, aber trotzdem nimmt man es ihr ohne weiteres ab.
In diesem Teil treten die religiösen Aspekte mehr in den Vordergrund. Wie schon beim Aufbau der Welt zeigt sich hier die große Sorgfalt, die eine stimmungsvolle Atmosphäre schafft.
Wer bis zu diesem Teil vorgedrungen ist, wird wissen, dass die Autorin kein Blatt vor den Mund nimmt, zumindest was Erotik angeht. Während im zweiten Teil die Szenen etwas moderater waren, sind sie nun wieder etwas heftiger. Besonders im ersten Handlungsabschnitt, wo die Szenen wohl betont eklig sein sollen, geht es ganz schon nah an das Erträgliche. Zur Stimmung trägt es dann nicht mehr bei, vielleicht hätten diese Abschnitte nicht sein müssen.
Wer keine großen Schlachten braucht und sich von deftiger Erotik nicht abschrecken lässt, der wird von der Stimmung des Buches sicherlich mitgerissen werden.

Stand: 12. September 2012
Erscheinungsjahr: USA 2003
Verlag: Tor Books
ISBN: 0-765-34753-9
Seitenzahl: 750
Titel der Übersetzung: Die Erlösung