In einem anderen Buch

Cover des Buches "In einem anderen Buch" von Jasper FfordeSeit Thursday Next aus Jane Eyre zurückgekehrt ist, hat ein regelrechter Medienrummel um sie eingesetzt. Ständig muss sie zu Fototerminen oder Zeitungsinterviews geben, jetzt soll sie auch noch in der Adrian-Lush-Show auftreten, darf aber nichts Essentielles sagen, da dies entweder gegen die Dienstordnung von SpecOps verstößt oder gegen die militärische Geheimhaltung oder gegen die Firmengrundsätze der Goliath Corporation, der die Fernsehstudios gehören. Thursday hat die Nase gestrichen voll, sie möchte nichts anderes als ihr Leben mit ihrem Ehemann Landen genießen. Doch gerade als es den Anschein hat, dass glückliche Zeiten für sie anbrechen, wird Landen genichtet. Jemand ist in die Vergangenheit gereist und hat dafür gesorgt, dass Landen im Alter von zwei Jahren stirbt. So soll Thursday dazu gezwungen werden Jack Schitt aus Poes Der Rabe herauszuholen. Und als ob das nicht schon genug Schwierigkeiten wären, trachtet auch noch ein Unbekannter nach Thursdays Leben und außerdem wird am 12. Dezember die Welt untergehen.

-Ich hatte nicht darum gebeten, eine Berühmtheit zu werden. In der Adrian-Lush-Show wollte ich auch nicht auftreten, und solange nicht gerade ein Weltuntergang droht, würde ich so etwas Albernes wie Das Thursday Next Fitness-Video auch nicht machen.-
I. Die Adrian-Lush-Show

Falls der ein oder die andere nicht jedes Wort der Inhaltsangabe verstanden hat, so ist das kein Grund zu Beunruhigung, zeigt es doch nur, dass Thursdays zweiter Fall genauso abgefahren, voll überbordender Phantasie und skurrilem Witz ist wie der erste. Schon die Auflistung der Zuschauerzahlen der Fernsehsender im September 1985 auf der ersten Seite sorgt für Lacher. Eigentlich soll sie dokumentieren, dass die Adrian-Lush-Show die meistgesehene Show in Thursdy Nexts Welt ist, doch schon an der sechsten Stelle folgt die Sendung Gefährliche Irre diskutieren im Fernsehen. Der Rezensent kann keine rationale Erklärung dafür abgeben, warum ihm da sogleich sonntagabendliche Polit-Talkshows eingefallen sind, gibt es doch noch zahlreiche andere im deutschen Fernsehen, die gemeint sein könnten – Talkshows natürlich.
Jasper Fforde liefert nicht nur wieder eine höchst vergnügliche phantastische Agentenparodie, sondern er verteilt auch kräftig Seitenhiebe, z.B. gegen selbstgefällige Talkshow-Moderatoren, deren Gäste viel reden, aber möglichst nichts sagen sollen, es sei denn etwas Werbewirksames über den Sponsor der Show. Und natürlich sind Jasper Fforde auch Weltkonzerne vom Schlag einer Goliath Corporation ein Dorn im Auge, die die Welt beherrschen wollen, indem sie die Medien beherrschen und wirtschaftliche und politische Macht ausüben.

Schräge Agentenparodien gibt es einige, was Ffordes Romane von ihnen unterscheidet und die Thursday-Next-Bücher so lesenswert macht, ist, dass sie unbändige Lust wecken, sich mit der Literatur zu beschäftigen in die Thursday bei ihren Einsätzen hineingerät oder auf die Fforde intelligent anspielt.
Thursday muss sich nicht nur in Poes Raben hineinbegeben, sie findet sich auch plötzlich in einem Prozeß à la Kafka wieder. Miss Havisham aus Dickens Große Erwartungen lehrt sie, wie man in Bücher springt. Thursday landet in Verstand und Gefühl, trifft die Herzkönigin und die Grinsekatze und gerät auch schon einmal in eine Waschanleitung. Unzählige Werke werden nur kurz erwähnt wie Marlowes Edward II.; Romeo und Julia, Julius Caesar, David Copperfield, Ulysses, Die Abenteuer des David Balfours, Barchester Towers, König Salomos Schatzkammer oder Vergessene Welt. Wer da keine Lust bekommt, in seinem Bücherregal zu stöbern, dem ist nicht mehr zu helfen.

Stand: 24. September 2012
Originaltitel: Lost in a Good Book
Erscheinungsjahr: 2002, dt. 2004
Verlag: dtv
ISBN: 3-423-24430-5
Seitenzahl: 419