Godslayer

Godslayer von Jacqueline CareyDie Pläne des dunklen Herrschers Satoris, die Prophezeiung zu verhindern, die seinen Untergang vorhersagt, drohen zu scheitern: Der Träger des Wassers des Lebens, das Satoris’ Macht brechen kann, ist unterwegs zur Festung Darkhaven, und die Heere der freien Völker sammeln sich zum Angriff auf den verhassten Feind. Doch immer noch hat Satoris Cerelinde in seiner Gewalt, die Herrin der Ellylon, die, um die Prophezeiung zu erfüllen, Aracus, den Herrscher der Menschen des Westens, heiraten müßte. Satoris weigert sich, seine Gefangene zu töten, und so müssen seine Marschälle Tanaros, Ushahin und Vorax Darkhaven zur Verteidigung rüsten und die Heere der Fjelltrolle in den Krieg führen, die ihnen unterstehen …

-All things converge.
In the last Great Age of the Sundered World of Urulat, which was once called Uru-Alat after the World God that gave birth to it, they began to converge upon Darkhaven.-
One

Hält man Godslayer zum ersten Mal in der Hand, kommt man nicht umhin zu fragen, ob Jacqueline Carey es tatsächlich schafft, ihr Epos auf den vergleichsweise wenigen Seiten auch wirklich zu Ende zu erzählen – immerhin wird hier das mittels Prophezeiung erstellte Aufgebot gegen den dunklen Herrscher in die letzte Schlacht geschickt und ein Zeitalter beendet, in insgesamt nur zwei Bänden mit jeweils weniger als 500 Seiten: Das entspricht nicht den Gepflogenheiten der sonst eher zum Format Ziegelstein tendierenden epischen Fantasy.
Und bei diesem Kuriosum allein bleibt es nicht, denn wie schon im ersten Band werden beim Kampf der Guten gegen die allseits ausgewiesenen Bösen die den LeserInnen vertrauten Erzählmuster gehörig auf den Kopf gestellt, so dass man selbst mitentscheiden muss, was in Godslayer gut und was böse ist.
Satoris ist ein düsterer Herrscher, doch da man ihm über die Schulter schauen darf, wirkt der Hass, den ihm die freien Völker entgegenbringen, oft unverständlich. Einmal hat er gewagt, seinem Bruder, dem Schöpfer Haomane, zu widersprechen und dessen Entscheidungen in Zweifel zu ziehen, und schon darf er für allezeit das Böse der Welt repräsentieren und mit Verve niedergemacht werden. Doch auch die sogenannten freien Völker begleitet man auf ihrer Queste – selbstgerecht sind sie vielleicht, aber letzlich handeln sie nur so, wie es ihren Interessen dienlich scheint. All das verlangt der Leserschaft einiges an Eigeninitiative bei der Wahl der Sympathien ab, obwohl ganz in der Tradition der epischen Fantasy um das Wohl der Welt gekämpft wird.

Wie schon beim ersten Band ist die hauptsächliche Inspirationsquelle Careys Tolkien, dessen Weltentwurf mit den dahinterstehenden Ideologien sie aufgreift und aus einer anderen Perspektive die gleiche Geschichte anders erzählt. Das Spiel mit Themen und Zitaten aus dem Herrn der Ringe und dem Silmarillion ist daher mehr als nur eine reizvolle Spielerei, auch wenn etliches, wie etwa der Träger des Wassers des Lebens, der selbiges in die Festung des dunklen Herrschers bringen muss, um ihn zu schlagen, direkt übernommen scheint.
Unaufhaltsam strebt die Geschichte von der ersten Seite an ihrem Ende entgegen – und auch hier ist Carey ihren Vorbildern auf ganz eigene Art treu geblieben: In dem gelungenen Abschluss bleiben nur wenige Fäden offen, und wenn man  mit vielbändigen Fantasyzyklen mit ihren nicht tot zu kriegenden Stehauf-Bösewichten vertraut ist, wird man hier auf eine verblüffend konsequente Lösung stoßen.
Dass für die Seite der freien Völker alles ausgesprochen glatt läuft und die Prophezeiung wie am Schnürchen erfüllt wird, eher zum Leidwesen des Lesers, nimmt Godslayer zuweilen ein wenig den Wind aus den Segeln, denn zum Großteil hat die Autorin auch der Versuchung widerstanden, die Guten als die eigentlich Bösen darzustellen. So wenig man ihnen als Leser den Sieg wünscht, ihre Motive sind dennoch nachvollziehbar und nicht weniger ehrlich als die von Satoris.

Der epische Ton, den Carey mühelos anstimmt, verleiht der Welt Urulat eine tiefe Geschichtlichkeit, all ihren Bewohnern wird ein eigener Zauber zugestanden. Wer schon immer einmal leise in sich hineinschnüffeln wollte, wenn ein Fjell (hier das Pendant zum Ork) erschlagen wird, ist definitiv an der richtigen Adresse.
Vielleicht, wenn man ein nächstes Mal in eine epische Fantasy-Geschichte eintaucht, wird man sich nach der Lektüre von Godslayer hin und wieder fragen, ob der nächste dunkle Lord, der von seinem Thron gestoßen werden muss, nicht doch nur ein missverstandener Rebell ist.

Stand: 11. September 2012
Erscheinungsjahr: USA 2005
Verlag: Tor
ISBN: 0-765-31239-5
Seitenzahl: 349
Titel der Übersetzung: Der Fluch der Götter