Der Schattenprinz

Der Schattenprinz von David GemmellTenaka Khan, halb Fürst der Nadir und halb Drenai von hoher Geburt, kennt nur noch ein Ziel im Leben: Er will den Despoten Ceska ermorden, der das Land der Drenai unter seiner Schreckensherrschaft leiden läßt und mit dem Tenaka eine ganz eigene Rechnung zu begleichen hat. Eigentlich ist diese Aufgabe auch für einen der besten Schwertkämpfer, wie es Tenaka ist, reiner Selbstmord, doch auf dem Weg schließen sich ihm alte und neue Freunde an.
Schließlich wird klar, daß Tenaka und seine Gefährten eine Rebellion anzetteln und ein Heer gegen den Kaiser und seine dunklen Kreaturen führen müssen.

-Auf den Bäumen lastete der Schnee, und der Wald lag wie eine schüchterne Braut unter der weißen Decke. Eine Weile blieb der Mann zwischen den Felsen und Steinblöcken stehen und betrachtete prüfend die Hänge.-
Prolog

Wie schon im ersten Band der Drenai-Saga ist auch hier die Handlung sehr linear und sehr dünn: Ein Despot soll vom Thron gestoßen werden. Das ist alles. Keine weiteren Komplikationen, keine Nebenhandlungen, keine unvorhergesehenen Wendungen. Trotzdem hat Gemmell dieses einfache Thema mit einer gewissen Dynamik umgesetzt, die das Buch zu einer schnellen, leichten und unterhaltenden Lektüre macht.
Die Helden sind kernig und unbeugsam und die besten in allen Disziplinen, entwickelt werden sie innerhalb des rasanten Geschehens kaum. Daß es dennoch allesamt farbige, gut vorstellbare Gestalten geworden sind, verdanken sie vor allem dem immer wieder aufblitzenden Humor. Gerade wenn man schon glaubt, man hätte die Nase voll von echten Männern und Pathos, gibt es einen kleinen Schuß Ironie, der (fast) alles wieder ins Lot rückt.

Daß die Handlung einige Generationen nach den Geschehnissen des ersten Bandes angesiedelt ist, sorgt am Anfang für leichte Verwirrung, aber nach einigen Seiten Einstieg findet man Zugang zur Geschichte und erfährt im Verlauf der Handlung auch mehr oder weniger, was zwischen den Büchern geschehen ist. Je mehr Seiten man aber hinter sich bringt, desto auffallender werden auch die Ähnlichkeiten der beiden Bände – bald hat man wiederum eine Belagerungssituation wie in Die Legende vorliegen, und in diesem Vergleich zieht Der Schattenprinz (The King Beyond the Gate) eindeutig den Kürzeren: Auf so wunderbare Überraschungen wie im ersten Band wartet man vergeblich, und gegen Ende wirkt das Buch schlecht strukturiert, wenn etliche Szenen, auf die man gewartet hätte, einfach nicht erzählt werden (so z.B. die Übernahme von Dros Delnoch) und aufwendig vorgestellte Figuren einfach sang- und klanglos verschwinden.

Fans von ausführlicher Weltschöpfung kommen bei Gemmell nicht auf ihre Kosten, und sprachliche Feinheiten gibt es auch nicht zu bewundern, vor allem sticht die deutsche Ausgabe durch viele Flüchtigkeitsfehler und Anachronismen heraus. Wenn man aber hin und wieder ein paar klassische Helden in Aktion erleben möchte (mit einem Schuß Militärstrategie garniert) und sich auch an den nur vordergründig modernen, aber letzten Endes ganz klassischen Frauenrollen und dem ein oder anderen Schenkelklopfer nicht stört, kann man ruhig zu diesem Drenai-Band greifen und wird auf diesen Sektoren bestens bedient – mehr aber auch nicht.

Stand: 14. Oktober 2012
Originaltitel: The King Beyond the Gate
Erscheinungsjahr: UK 1985, D 1994
Verlag: Bastei Lübbe
Übersetzung: Irmhild Seeland
ISBN: 3-404-28221-3
Seitenzahl: 348