Der Blumenkrieg

Cover von Der Blumenkrieg von Tad WilliamsTheo ist dreißig Jahre alt und es sieht nicht danach aus, als würde er in naher Zukunft auf einen grünen Zweig kommen. Dann muß er auch noch zwei Schicksalsschläge verarbeiten, die ihn völlig unvermittelt treffen. Theo zieht sich in ein abgelegenes Haus zurück und denkt darüber nach, wie er sein Leben weiterführen soll. Manchmal fühlt er sich, als gehöre er nicht in diese Welt, er hat Albträume und gelegentlich kommt es ihm vor, als sei sein Körper von einem zweiten Ich besetzt. Kann es noch schlimmer kommen? Ja, es kann: Eines Tages erhält Theo Besuch von einer Elfe namens Apfelgriebs. Kaum hat er sich von dieser Überraschung erholt, greift ihn ein Untoter an. Theo kann sich mit Apfegriebs gerade noch durch einen mysteriösen Spalt in eine andere Welt retten.

-Theo verspürte einen leisen Gewissensbiß, als er das Handy wieder anstellte, vor allem als er merkte, daß er es über zwei Stunden lang nicht angehabt hatte.-
1 Wolken

Die originellste Figur in Tad Williams Roman Der Blumenkrieg (The War of the Flowers) ist ohne Zweifel die kleine Elfe Apfelgriebs. Ein klarer Fall von “klein, aber oho”. Sie ist mutig, treu, gewitzt, burschikos, kann Shakespeares Kaufmann von Venedig zitieren, bedient sich jedoch gewöhnlich einer derberen Sprache, deren Ton zwischen rauh und herzlich changiert und die man eher einem Matrosen auf Landgang zutrauen würde, als einer zarten Elfe. Es macht Spaß zu verfolgen, wie Apfelgriebs dem durch die Ereignisse leicht verstörten Theo hilft, sich in der neuen Welt zurechtzufinden. Leider übernimmt diese Aufgabe nach einiger Zeit der Laborassistent Wuschel Segge, auch ein treues, aufopferungsvolles und symphatisches Kerlchen, dem aber die Originalität und der Witz der kleinen Elfe fehlt. Und ohne Apfelgriebs ist Der Blumenkrieg ein Fantasy-Roman, der dem üblichen Muster folgt: 1. Held muß die Welt retten. 2. Held gerät zwischen die Fronten rivalisierender Elfenclans und rebellierender Goblins. 3. Held wird von den Bösen verfolgt und wird auf der Flucht mit überraschend auftauchenden und gar schröcklichen Gefahren konfrontiert, aus denen er ebenso überraschend gerettet wird. 4. Held findet Freunde und verliebt sich. 5. Happy End. Das ist nun wahrlich nicht neu, aber Tad Williams ist ein guter Schriftsteller und deshalb gehört Der Blumenkrieg zu den besseren Fantasy-Romanen. Tatsächlich ist einiges in diesem Buch zu gut beschrieben. In einer Vobemerkung entschuldigt sich der Ator, daß es Abschnitte gibt, die die Leser an den 11. September und die Vernichtung der Twin Towers in New York erinnern könnten, er habe diese Szenen aber schon im Jahr 2000 konzipiert und sie seien so elementar für den Roman, daß er nicht gänzlich darauf verzichten konnte.
Das Problem ist weniger, daß es diese Szenen überhaupt gibt, das Problem ist, daß sie zu wenig verfremdet sind. Es gibt einzelne Sätze, die klingen, als sage sie ein im World Trade Center Verschütteter und plötzlich verfolgt der Leser nicht mehr distanziert die Geschehnisse in einem phantastischen Elfenland, sondern er befindet sich für einen Moment in der Realität des 11. Septembers 2001 und da will er mit Sicherheit nicht sein. Es genügt nicht, die Flugzeuge durch etwas anderes zu ersetzen und die Opfer durch Fabelwesen. Gewalt in Romanen kann nur so lange unterhaltsam sein, wie sie sich eindeutig in einem fiktiven Rahmen abspielt und der Leser in seinem bequemen Sessel sicher sein kann, daß sie mit der Realität nicht das Geringste zu tun hat.

Stand: 27. Oktober 2012
Originaltitel: The War of the Flowers
Erscheinungsjahr: USA 2003, D 2004
Verlag: Klett-Cotta
Übersetzung: Hans-Ulrich Möhring
ISBN: 978-3608933567
Seitenzahl: 805