Das Buch des Sturms

Das Buch des Sturms von James ClemensNachdem alle Verletzten geheilt sind, machen sich Elena und ihre Begleiter auf den langen Weg nach A’loatal, um in der versteckten Stadt das Buch des Blutes zu erlangen, mit dessen Hilfe das Land vom dunklen Herrscher befreit werden soll. Doch dieser stellt ihnen auf ihrem Weg seine Diener entgegen, und gegen das Versprechen von Macht sind auch Elenas vermeintliche Freunde nicht immun … Zu allem Übel ist A’loatal schon dem Bösen anheim gefallen. Die Magier Schorkan und Greschym erwarten Elena dort, ohne dass jemand etwas davon ahnt – bis auf ihren Bruder Joach, der unter dem Bann der bösen Magier steht.

-Elena schob den Ledervorhang beiseite, der die behagliche Wärme des Feuers im Innern hielt, und trat aus der Höhle.-
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Der zweite Band der Serie The Banned and the Banished legt im Vergleich mit dem halbwegs soliden Auftakt noch um einiges an Action und Spannung zu. Besonders herausragend erscheint bei Das Buch des Sturms (Wit’ch Storm) die farbenfrohe, ideenreiche Welt, von der man ein gutes Stück mehr vorgeführt bekommt: ein märchenhaftes, von Magie durchzogenes Panorama wird vor den LeserInnen entfaltet, in dem sich alles von Meeresvolk bis zum Drachen tummelt, ohne dass es allzu quietschebunt wirkt. Diese in Kreaturen und Völkern größtenteils wahrhaft klassische Fantasy-Welt kann man staunend durchstreifen, ganz besonders, wenn man ein Einsteiger ins Genre ist, ansonsten wird man vielleicht ein wenig enttäuscht von der Geradlinigkeit des Entwurfs sein.
Im Großen und Ganzen folgt die Erzählung auch einem klassischen Gut-Böse-Schema – die Bedrohung durch den eindeutig bösen Herrscher muss ausgeschaltet werden -, aber die einzelnen Charaktere sind erfreulicherweise nicht unbedingt leicht einzuordnen und haben Licht- und Schattenseiten. Überhaupt pflegt der Autor einen sehr gefühlvollen Umgang mit den unterschiedlichen Figuren, und gibt den zunächst klischeehaften Entwürfen genug Eigenarten, so dass sie einem ans Herz wachsen, auch wenn vor allem die Geschlechterrollen leider eher konservativ und stereotyp bleiben.

Seine Handlungsstränge kann Clemens geschickt verknüpfen; aber manchmal läuft alles ein klein wenig zu glatt ab – schicksalhafte Begegnungen und Prophezeiungen spielen in der Handlung eine große Rolle, und der Einsatz dieser Stilmittel wirkt häufig übertrieben. Gelungener sind dagegen kleine Geschichten in der Geschichte, die zum Teil innerhalb weniger Kapitel abgeschlossen werden, zum Teil aber auch als spannende und nervenaufreibende Geheimnisse in den nächsten Band hineinreichen. Eine dieser Geschichten ist der sich von Band zu Band fortsetzende Prolog über das “Studium” der eigentlichen Erzählung, und man fragt sich von Seite zu Seite mehr, was denn da noch kommen mag, um eine solch bombastische Einleitung zu rechtfertigen – da bleibt nur zu hoffen, dass die nächsten Bände diesen Erwartungen gerecht werden können.
Das Zusammenwirken von Sprache, Welt und Handlung zu einem stimmungsvollen und locker fließenden Ganzen ist Clemens’ größte Stärke, mit der er LeserInnen trotz der nicht zu leugenden Schwächen – und von der Apostrophenflut war in dieser Rezension noch nicht einmal die Rede, aber verflüchtigt haben sich die O’ger und ihre Genossen keineswegs – durchaus in seinen Bann schlagen kann.

Stand: 09. September 2012
Originaltitel: Wit'ch Storm
Erscheinungsjahr: USA 1999, D 2002
Verlag: Heyne
Übersetzung: Irene Bonhorst
ISBN: 3-453-86761-0
Seitenzahl: 639