20.000 Meilen unter dem Meer

20.000 Meilen unter dem Meer von Jules VerneAls Ende des 18. Jh. die Meldung von einem ,,riesigen Seeungeheuer” durch die Weltpresse geht, schließen sich der Naturkundler Pierre Arronax zusammen mit seinem Diener und der Walfänger Ned Land einer Expedition an, die das Tier finden und zur Strecke bringen soll. Bald ist das Objekt ausgemacht, doch als die Jagd beginnt, setzt sich der vermeintliche Wal heftig zur Wehr; die drei Freunde werden über Bord gespühlt. So gelangen sie an Bord des unglaublichen Unterseebootes “Nautilus”, mit dem sie sich, gemeinsam mit dem rätselhaften Kapitän Nemo und seiner Mannschaft, auf eine phantastische Kreuzfahrt durch die sieben Weltmeere begeben …

-Eine seltsame, unerklährliche Naturerscheinung erregte im Jahr 1866 großes Aufsehen.
Die Bevölkerung war durch Gerüchte beunruhigt; Matrosen und Kapitäne, Kaufleute und Reeder sowie Offiziere der Kriegsmarine gerieten in Aufregung, ja sogar die Regierungen in Europa und Amerika schalteten sich ein.-

Eines vorweg: Wer actiongeladene, rasante Unterwassergefechte und ergreifende Romantik erwartet, der wird von diesem Buch enttäuscht sein. In weiten Teilen gleicht es nämlich eher einer utopischen Studie als einem Roman.
Jules Verne schickt den Leser mit seinen Helden auf eine Entdeckungsreise in die Welt unter Wasser, bei der sein Gespür für Zukunftstrends deutlich wird. Es ist schon erstaunlich, wie die beschriebenen Technologien den heutigen ähneln, obgleich Autor und Gegenwart über ein Jahrhundert trennen.
Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht des Forschers Pierre Arronax, der eher ein Mittel zum Zweck denn ein echter Charakter zu sein scheint. Die Ereignisse werden meist (wie für die damalige Literatur üblich) recht neutral und unbeteiligt geschildert, so dass auch der Leser stets eine gewisse Distanz wahrt. Nur gelegentlich sind dramatische oder emotionale Momente zu spüren. Zumal ist Arronax ein Forscher, das heißt, er interessiert sich meist nur für die naturwissenschaftliche Komponente der Reise.
Und hier liegt auch einer der Schwachpunkte der Geschichte: Viel von dem, was Jules Verne erdachte, ist heute entweder wissenschaftlich belegt und bekannt, sodass der Leser eher gelangweilt ist, oder es ist widerlegt, was die auf Realitätsnähe ausgelegte Geschichte unglaubwürdig werden lässt. Was heutzutage ebenfalls befremdlich anmutet, ist der Umgang mit Natur und Tierwelt. Da werden schonmal die “bösen” Pottwale herdenweise von der “guten” Nautilus abgeschlachtet, weil sie ja so fies sind. Damals sicher ein verbreiteter Standpunkt, heute eher empörend.

Aber das Buch hat durchaus auch seine guten Seiten. Gerade am Anfang kann man sich unglaublich gut in die Geschichte hineinträumen, in die einmalige Atmosphäre unter dem Meer und an Bord der Nautilus. Jules Verne beschreibt das Panorama der unterseeischen Wildnis und die barock anmutende Borddeko des Bootes oft so lebendig (wenn auch sparsam), dass man sich sehnsüchtig dorthin wünscht. Der zweite grosse Pluspunkt ist die Figur des Kapitän Nemo. Geheimnisvoll und verschlossen, aber dennoch höflich, wird der Leser bis zuletzt im Unklaren über dessen Identität gelassen. Der Kapitän ist das Mysterium, das Unbekannte, das die Spannung stets aufrechterhält.
Gegen Ende wiederholt sich der Autor dann oft; das Buch bietet wenig neues mehr, nur zum Showdown wird’s nochmal spannend. Ab und an werden seitenweise unwichtige geschichtliche Zusammenhänge erörtert, was der Spannung auch nicht gerade gut tut. Dennoch habe ich die Lektüre dieses Buches nicht bereut; am Ende überwogen doch die positiven Aspekte.
Wer ein wenig vom Ozean träumt, der sollte einen Blick riskieren.

Stand: 27. Oktober 2012
Originaltitel: Vingt mille lieues sous les mers
Erscheinungsjahr: F 1870, DDR 1980
Verlag: Neues Leben Berlin
ISBN: 3-451-19002-8
Seitenzahl: 300